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TIERVERSUCH/571: Botox - und wie weiter? (tierrechte)


tierrechte 3.13 - Nr. 64, August 2013
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

EU-weite Aktionswoche
Botox - und wie weiter?

Von Christiane Hohensee



Vor zwei Jahren wurde ein tierversuchsfreies Verfahren der US-Firma Allergan zur Testung von Botulinumtoxin behördlich anerkannt. Dennoch führen die Unternehmen Merz mit Hauptsitz Deutschland und Ibsen mit Mutterkonzern in England weiterhin qualvolle Versuche mit Mäusen durch. Daher fand vom 22. - 28. Juli 2013 eine EU-weite Aktionswoche gegen Botox-Tierversuche statt, in dessen Rahmen der Bundesverband Merz zum Stand der tierversuchsfreien Verfahren befragte.


Initiiert wurde die Aktionswoche von unserer EU-Dachorganisation, der Europäischen Koalition zur Beendigung von Tierversuchen (ECEAE). Dazu waren in 13 EU-Ländern Gruppen aktiv. Mit einem detaillierten Schreiben befragte der Bundesverband die Firma Merz zum Entwicklungsstand ihrer tierversuchsfreien Tests für ihre Botox-Produkte Xeomin und Bocouture. Letzteres wird zur Faltenunterspitzung eingesetzt. Wir wollten von der Firmenleitung wissen, weshalb es für Merz so lange dauert, ein in vitro-Testverfahren zu entwickeln, wo doch die amerikanische Firma Allergan bereits 2011 ihres zur internationalen Anerkennung gebracht hat.

Ein fehlendes Testverfahren ist katastrophal. So mussten 28.000 Mäuse innerhalb der letzten drei Jahre in Produktchargen-Tests einen qualvollen Erstickungstod erleiden. Das Verbot für Kosmetik-Tierversuche greift übrigens für Botox-Produkte nicht, da sie auch zu medizinischen Zwecken zugelassen sind.


Durchbruch 2011

Im Juni 2011 bekam Allergan von der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) die Zulassung für einen vollständig auf menschlichen Zellen basierenden in vitro-Test. "In den nächsten drei Jahren", so hieß es in einer Pressemitteilung von Allergan in 2011, "könnten bis zu 95 Prozent der Mäuseversuche für die Testproduktion ersetzt werden". Damit war ein Meilenstein geschaffen, um den grausamen Test an Mäusen abzuschaffen. Getestet wird nämlich jede Produktionseinheit. Dabei wird das Nervengift den Mäusen in verschiedenen Verdünnungen in die Bauchhöhle gespritzt und gewartet, bis 50 Prozent nach drei- bis viertägigem äußerst schmerzhaftem und qualvollem Todeskampf an Atemlähmung gestorben sind (LD 50-Test). Im Februar 2012 erteilte die EU und auch das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Zulassung für diesen tierversuchsfreien Test.

Der Test ist allerdings nur für die spezifischen, von Allergan hergestellten Produkte (BOTOX® und BOTOX® COSMETICS) erlaubt, nicht jedoch für Botulinumtoxin-Produkte anderer Hersteller. So erwarten Tierschützer, dass die anderen Hersteller, Merz und Ipsen, das Verfahren für ihre Produkte anpassen und den qualvollen Mäusetest ersetzen. Bis heute ist das nicht geschehen und um das Thema ist es still geworden.


Entwicklungsstand bei Herstellern

Wie ist nun der gegenwärtige Entwicklungsstand bei Herstellern, die noch keine anerkannte Methode zur Verfügung haben? Fakt ist, dass jede Firma ein neues in vitro-Verfahren an ihre speziellen Produkte anpassen muss. Denn es gibt Unterschiede beim Herstellungsprozess der einzelnen Produzenten, die die Eigenschaften beeinflussen können oder durch Begleitproteine verursacht werden können. Daher ist es nicht möglich, einen Test einfach zu übernehmen. Eine in vitro-Methode zu etablieren ist nicht einfach, denn Merz bietet nicht das gleiche Produkt an wie z. B. Allergan. Es unterscheidet sich in seiner Reinheit und in seiner Molekülgröße erheblich und hat dadurch andere Eigenschaften. Daher ist es schwierig, ein Testverfahren zu entwickeln, das zuverlässig in jeder Charge die richtige Wirkstoffkonzentration misst. Aufgrund unserer Nachfrage versicherte uns Merz, dass alles getan werde, um den Tierversuch abzulösen und einige sehr neue Methoden auf ihre Anwendbarkeit hin geprüft würden. Im positiven Fall werde 2014 ein Verfahren zur Anerkennung gebracht.

Der Bundesverband wird diese Entwicklung weiter verfolgen und zusammen mit seinen europäischen Partnerorganisationen die Forderung nach einem zügigen Tierversuchsersatz mit Nachdruck vertreten, damit die qualvollen Tests mit Mäusen so schnell wie möglich ein Ende finden.

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Quelle:
tierrechte 3.13 - Nr. 64/August 2013, S. 16-17
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. September 2013