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TIERVERSUCH/682: Ausblick - Den Teufelskreis durchbrechen (tierrechte)


tierrechte 1.16 - Nr. 74, März 2016
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V

Ausblick: Den Teufelskreis durchbrechen


Tierversuche sind unerträglich. Die Tatsache, dass Affen legal in Fließbandarbeit vergiftet werden, weil tierversuchsfreie Methoden nicht vorhanden sind, erschwert unser Gewissen zusätzlich. Mit der Gewissenslast wächst auch unsere Ungeduld. In dieser angespannten Situation wissen wir aber auch, dass wir nur durch Ausdauer und eine konsequente Verfolgung unseres Ziels das Ende dieser Versuche erreichen werden.


Am Beispiel der Giftigkeitsversuche an Affen zeigt sich der Teufelskreis: Auf den Markt dürfen nur geprüfte Produkte. Die Produkt-Prüfung muss nach einheitlichen Prüfvorschriften, die rechtlich bindend sind, erfolgen. Die Prüfvorschriften schreiben nach wie vor Tierversuche zur Feststellung giftiger Substanzwirkungen auf den Körper vor, denn es stehen keine praxisreifen tierversuchsfreien Verfahren zur Verfügung. Natürlich wollen die Hersteller ihre Waren schnell auf den Markt bringen und untersuchen ihre Produkte im etablierten Tierexperiment. Zu wenige Firmen stellen sich gleichzeitig ihrer Verantwortung und beteiligen sich an der Entwicklung von in-vitro und in-silico Methoden. Kein Wunder also, dass tierversuchsfreie Methoden den zeitlichen Vorsprung des Tierversuchs ohne massive Unterstützung nicht einholen können.


Bisherige Investitionen reichen nicht aus

Aus dieser Sackgasse führt nur ein Weg, den alle verantwortlichen Gruppen als Gemeinschaftsaufgabe gehen müssen. Konkret heißt das, Wissenschaft, Industrie, Politik, Behörden und selbstverständlich auch die Zivilgesellschaft müssen mehr als bisher in das Ende der Tierversuche investieren. Reines Wunschdenken? Keinesfalls! Die EU-Tierversuchsrichtlinie erteilt klare Arbeitsanweisungen. Danach sind die Mitgliedstaaten zur Entwicklung 'alternativer Verfahren' verpflichtet, damit die Einstellung der Tierversuche erreicht wird(*). Die Bilanz zeigt: die bisherigen Investitionen reichen nicht aus. Tiere, so auch Affen, werden solange in Giftigkeitstests leiden und sterben, bis es tierversuchsfreie Verfahren gibt, die in die Prüfvorschriften aufgenommen werden. Dabei ist es ganz wichtig, die Tierversuche aus diesen Vorschriften zu streichen.


Es gibt Lichtblicke

Im Bereich der Toxikologie gibt es trotz der Stagnation auch Gutes zu berichten. Die lokalen Giftigkeitswirkungen von Substanzen auf Auge und Haut sind heute mit tierversuchsfreien Methoden feststellbar. Ein wirklicher Lichtblick ist der internationale Zusammenschluss von Vertretern aus Wissenschaft, Industrie und Regulationsbehörden, der sich der großen Herausforderung stellt, praxisreife Methoden zur Untersuchung der systemischen Toxizität zu entwickeln. Das 2015 verkündete Projekt EU-ToxRisk ist der Leuchtturm der kommenden Jahre. Wenn es EU-ToxRisk gelingt, tierversuchsfreie Teststrategien zu konstruieren, um die schädlichen Auswirkungen von Substanzen auf den gesamten menschlichen Organismus sowie den Embryo festzustellen, wäre das ein wirklicher Durchbruch.


Maßnahmenpaket umsetzen

Der Bundesverband Menschen für Tierrechte kämpft mit seinem Maßnahmenpaket dafür, dass der Ausstieg aus dem Tierversuch zügig verfolgt wird. Ganz oben auf der Liste steht der massive Ausbau der tierversuchsfreien Forschung, insbesondere durch Erhöhung der Forschungsgelder innerhalb Deutschlands und in der EU. Wer ernsthaft eine erfolgreiche Entwicklung der neuen Methoden verfolgt, muss für diesen Wissenschaftszweig innerhalb der Lebenswissenschaften einen mindestens gleich hohen Etat ausweisen wie für die tierexperimentelle Forschung. Die zweitwichtigste Maßnahme ist die drastische Verkürzung der Prüf- und Anerkennungszeiten für tierversuchsfreie Methoden. Derzeit dauert diese Phase zwischen 6 und 15 Jahren! Ebenso unentbehrlich ist die Förderung von Nachwuchswissenschaftlern. Deshalb ist die Einrichtung von Lehrstühlen und Professuren für eine tierversuchsfreie Wissenschaft, Lehre und Ausbildung ein absolutes Muss. Parallel sind Verbotsregelungen für bestimmte Tierversuche EU-rechtlich schon heute möglich, auch wenn noch keine tierversuchsfreien Methoden vorhanden sind. Hierzu gehören das ausnahmslose Verbot der Versuche an Menschenaffen, das Verbot der Ausweitung der Affenversuche und das Verbot schwerbelastender Tierversuche. Zur Umsetzung dieser nachhaltigen Forderungen ist die Unterstützung der Zivilbevölkerung nötig. Jede und Jeder kann sich dafür einsetzen, dass das Ende der Tierversuche schnellstens erreicht wird, beispielsweise durch Unterstützung von Vereinen und Kampagnen.


(*) Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere: Erwägungsgrund Nr. 10 und Artikel 47

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Quelle:
tierrechte 1.16 - Nr. 74/März 2016, S. 10-11
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
eMail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de
 
tierrechte erscheint viermal jährlich.
Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. April 2016

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