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TIERVERSUCH/716: Förderung von Tierversuchsalternativen in Niedersachsen unzureichend (MfT)


Pressemitteilung Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V. vom 09.03.2017

Förderung von Tierversuchsalternativen in Niedersachsen:
Minimalprogramm statt Spitzenleistung


Der Bundesverband Menschen für Tierrechte wertet die gestern von der niedersächsischen Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic (Grüne) vorgestellte Förderung des neuen Forschungsverbundes "R2N"* zur Entwicklung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch als Minimalinitiative, aber keinesfalls als Spitzenleistung. Dafür sei das Fördervolumen von 4,5 Millionen zu gering. Vor allem fehle aber eine Gesamtstrategie und eine Erfolgskontrolle der Fördermaßnahme.

"Bis eine neue tierversuchsfreie Testmethode praxisreif ist, kann es bis zu 15 Jahren dauern und sechs Millionen Euro Kosten anfallen. 4,5 Millionen verteilt über vier Jahre reichen also im besten Fall für die Entwicklung einer einzigen Testmethode. Forschungsgelder nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen, ist nicht zielführend. Der Ausstieg aus dem Tierversuch kann nur dann gelingen, wenn eine Gesamtstrategie, ein Umsetzungsmanagement und ein Erfolgsmonitoring existieren", so Dr. Christiane Baumgartl-Simons, stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes Menschen für Tierrechte.

Als vorbildlich betrachtet der Verband das Vorgehen in den Niederlanden. Das Nachbarland hat 2016 einen konkreten Abbauplan für Tierversuche auf den Weg gebracht. Bis 2025 wollen die Niederlande regulatorische Sicherheitstest und die Chargenprüfung von biologischen Produkten komplett mit tierversuchsfreien Methoden durchführen sowie Weltspitze für tierversuchsfreie Innovationen sein. Sogar für die Grundlagenforschung sollen 10-Jahres-Pläne zur Reduktion der Tierzahlen vorgelegt werden.

"Eine solche Planung wurde für den Forschungsverbund R2N aber nicht vorgestellt. Die Wissenschaftler setzen stattdessen weiterhin auf die für den Menschen riskanten Abläufe im Tierorganismus und forschen an Organen und Zellen von getöteten Tieren. Richtig wäre es, die Forschungsaktivtäten von R2N mit dem Vorhaben in den Niederlanden abzustimmen", fordert Baumgartl-Simons.

Die Tierrechtsorganisation bemängelt, dass der Schwerpunkt nicht auf der Weiterentwicklung humanspezifischer Methoden liegt. Dazu gehören "Krankheitsmodelle in der Petrischale" (Disease-on-a-Dish-Modelle) und die sogenannte "Human-on-a-Chip" Technologie. Humanspezifische Krankheitsmodelle basieren auf Zellproben von Patienten. Sie sind aus wissenschaftlicher Sicht notwendig, weil sich Forschungsergebnisse aus Tierversuchen nicht zuverlässig auf die menschliche Situation übertragen lassen. Die Chiptechnologie kann ihrerseits dazu beitragen, unzählige Tierversuche in der Giftigkeits- und Medikamentenprüfung abzuschaffen. Sie ist außerdem mit Krankheitsmodellen in der Petrischale kombinierbar. Mit ihr könnten Krankheitsmechanismen an einem Organismus-ähnlichen menschlichen System gänzlich ohne Tierleid erforscht werden.


* Der Forschungsverbund "R2N - Replace und Reduce aus Niedersachsen - Ersatz und Ergänzungsmethoden für eine zukunftsweisende biomedizinische Forschung" geht auf eine Initiative des Niedersächsischen Wissenschaftsministeriums zurück. In dem Verbund haben sich die Medizinische Hochschule Hannover (MHH), die Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo), die Universitätsmedizin Göttingen, die Leibniz-Universität Hannover, das Deutsche Primatenzentrum und zwei weitere Institute zusammengeschlossen.

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Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Aachen sind über 60 Vereine sowie Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene.
Der Verband Menschen für Tierrechte e.V. kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Er verfolgt den Ausstieg aus dem Tierversuch und das Ende der "Nutztier"-Haltung. Um diese Ziele zu erreichen, ernennt der Verband beispielsweise das "Versuchstier des Jahres", betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs und setzt sich für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und Lehre ein. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Etablierung der Tierschutz-Verbandsklage, eine tierlose bio-vegane Landwirtschaft sowie die Aufnahme von Tierrechten in die Lehrpläne von Schulen. Der Verband gibt viermal im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt.

www.tierrechte.de
www.invitrojobs.com
www.satis-tierrechte.de
www.stadttauben.de

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Quelle:
Infodienst: Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V. vom 9. März 2017
52072 Aachen, Roermonder Straße 4a
Telefon der Pressestelle: 05237/231 97 90
E-Mail: elsner@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. März 2017

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