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EUROPA/040: Problemfall Abwasser - große Unterschiede zwischen Mitgliedstaaten (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände

EU-Koordination - 06.08.2009

Problemfall Abwasser - große Unterschiede zwischen Mitgliedstaaten


Es gibt "große Diskrepanzen" zwischen den EU-Mitgliedstaaten bei der Erfüllung der EU-Richtlinie über die Behandlung kommunaler Abwässer. Das ist das Ergebnis einer Überprüfung der EU-Kommission in diesem Bereich. Der Bericht bezieht sich auf die Daten von 2005 und auf das Gebiet der alten EU (EU-15 ohne die osteuropäischen Staaten). Demnach waren zum entsprechenden Zeitpunkt im Durchschnitt 93 Prozent der Bevölkerung der EU-15-Staaten an Abwassersammelsysteme angeschlossen. Abwasserbehandlung erfolgt für 87 Prozent der Abwässer, aber nur für 72 Prozent erfolgt eine gründliche Behandlung. Allerdings gibt es zwischen den Staaten große Unterschiede. Während in Dänemark, Deutschland, den Niederlanden und Österreich 100 Prozent des EU-Gesetzes umgesetzt sind, erreicht Frankreich nur 64 Prozent und Portugal sogar nur 41 Prozent.

Den meisten der 2004 und 2007 beigetretenen osteuropäischen Staaten sowie Zypern und Malta bescheinigt die EU-Kommission zwar eine fortschrittliche Entwicklung im Abwasserbereich, aber in Zypern, Rumänien, Slovakien und Slowenien müssten "größere Anstrengungen" vorgenommen werden. In sechs großen Städten in Portugal und Rumänien bzw. 10 großen Städten insgesamt (5,2 Millionen EinwohnerInnen) gab es 2005 zwar eine Sammlung, aber überhaupt keine Abwasserbehandlung. Von den 27 Mitgliedstaaten haben zudem bis zur Frist im November 2008 nur 18 Daten abgeliefert. So fehlen unter anderem die Daten aus Italien, Großbritannien, Spanien, Estland, Polen und Griechenland.

Die Richtlinie 91/271/EWG schreibt eine stufenweise Einbeziehung der Städte und Gemeinden in Abwassernetze vor. Als letzte Frist mussten bis 31. Dezember 2005 alle Gemeinden mit Einwohnerzahlen zwischen 2.000 und 10.000, deren Abwässer in empfindliche Gebiete abgeleitet werden, und alle Gemeinden mit Einwohnerzahlen zwischen 2.000 und 15.000, die keine Abwässer in solche Gebiete ableiten, über eine Kanalisation und ein Behandlungssystem verfügen. Dies galt für das Gebiet der EU-15, für die anderen Staaten gelten teilweise zeitliche und andere Sonderregelungen.
Insgesamt gibt es im Gebiet der EU-27 rund 23.000 Orte mit mehr als 2.000 EinwohnerInnen. Etwa zwei Drittel des Gesamtgebietes der EU gelten als "empfindlich" im Sinne der Richtlinie.

Eine gute Abwasserbehandlung ist die Grundbedingung für reines Trinkwasser und die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), die das Ziel enthält, bis 2015 einen "guten ökologischen Status" für alle Gewässer zu erreichen.
Gerade in ländliche Gebieten gibt es eine nur unzureichende Versorgung der Bevölkerung mit sanitären Anlagen und Abwasserkläranlagen. Umwelt- und Gesundheitsorganisationen wie Women in Europe for a Commom Future (WECF) kritisieren die unausgewogene Vergabepraxis der EU-Fördermittel für Infrastrukturen zum Beispiel aus den Kohäsionsfonds. So seien rund 20 Millionen Menschen in der EU ohne sanitäre Grundversorgung. Auf Grundlage der EU-Abwasserrichtlinie würden zwar allein in Bulgarien und Rumänien mehr als 10 Milliarden Euro für den Bau zentraler Kläranlagen inklusive Kanalnetz in Städten investiert.
Die ländliche Bevölkerung bleibe bei der Verbesserung der sanitären Versorgung aber gänzlich unberücksichtigt. [jg]


Bericht der EU-Kommission über die Implementierung der EU-Regelungen zu Abwasser an den EU-Ministerrat: SEC(2009) 1114 final [1]

WECF - Themenseite water and sanitation [2]

[1] http://register.consilium.europa.eu/pdf/en/09/st12/st12559.en09.pdf
[2] http://wecf.eu/english/issues/water.php


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Quelle:
Newsletter zur EU-Umweltpolitik
Nr. 28/09, 13.08.2009
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination, 06.08.2009
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. August 2009