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ATOM/1266: Tiefenlager-Suche in der Schweiz (Strahlentelex)


Strahlentelex mit ElektrosmogReport
Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit
Nr. 736-737 / 31. Jahrgang, 7. September 2017 - ISSN 0931-4288

Atommüll
Tiefenlager-Suche in der Schweiz

von Thomas Dersee


Die schweizerische Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) wollte das Gebiet Nördlich Lägern im Kanton Zürich nahe der Grenze zu Deutschland eigentlich aus dem weiteren Suchprozess nach einem Standort für ein geologisches Tiefenlager herausnehmen und nur die zwei Gebiete Jura Ost im Aargau und Zürich Nordost im Zürcher Weinland weiter prüfen. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) verlangte jedoch, daß auch Nördlich Lägern weiter erkundet wird. Deshalb hat die Nagra jetzt beim schweizerischen Bundesamt für Energie Gesuche für Sondierungsbohrungen an sechs Orten in diesem Gebiet eingereicht, nachdem seismische Untersuchungen mit Erschütterungsfahrzeugen durchgeführt worden waren. Das meldete die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) in ihrer internationalen Ausgabe vom 26. August 2017.

Diese zusätzlichen Bohrplätze liegen demnach in den Gemeinden Weiach, Glattfelden, Eglisau, Bülach und Stadel. Damit sind jetzt insgesamt 22 Orte in der Schweiz für Erkundungsbohrungen bestimmt. In Zürich Nordost liegen acht Bohrplätze in den Gemeinden Laufen-Uhwiesen, Dachsen, Trüllikon, Marthalen und Rheinau. Weitere acht sind es in dem Gebiet Jura Ost in den Gemeinden Bözberg, Effingen, Riniken, Remigen und Zeihen.

Nach Konsultation der kommunalen und kantonalen Behörden seien mit allen betroffenen Grundeigentümern und Pächtern Verträge mit entsprechenden Entschädigungsleistungen geschlossen worden, wird weiter berichtet. Für die Wahl der Orte sei ausschlaggebend gewesen, daß dort die Untersuchungsziele so erreicht werden, daß die Bohrungen mögliche künftige Lagerstätten nicht stören. Waldareale, Gewässer, Naturschutzgebiete, Biotope und Grundwasserschutzzonen seien zudem gemieden worden. Betriebliche Kriterien wie Mindestgröße, Erreichbarkeit und Erschließung kämen hinzu.

Die Bohrplätze werden etwa ein halbes Fußballfeld groß sein und mit einem 20 bis 30 Meter hohen Bohrturm, Pumpen, Sieben, Lagerplätzen für Geräte und Aushub sowie Büroräumlichkeiten bestückt, wird erklärt. Die Bauphase dauere etwa drei Monate, die Betriebsphase acht bis zwölf Monate einschließlich Rückbau und Rekultivierung. Nicht alle beantragten Bohrplätze würden jedoch unbedingt benötigt und sie würden voraussichtlich gestaffelt betrieben werden.

Die Bohrer sollen durch alle Schichten hindurch bis 1.400 Meter tief ins kristalline Grundgestein vorstoßen, wird erklärt. Der als Wirtsgestein vorgesehene Opalinuston liege im Norden 500 bis 600 Meter und im Süden 800 bis 900 Meter tief. Gesucht ist ein Tiefenlager für den zu 90 Prozent aus sogenannten schwach- und mittelaktiven Materialien bestehenden schweizerischen Atommüll und ein Lager für die 10 Prozent sogenannter hochaktiver Abfälle. Sie sollen 100.000 Kubikmeter aufnehmen können.

Ende November 2017 sollen die Pläne für die Bohrungen in eine Anhörung gegeben und öffentlich ausgelegt werden. Dabei seien Einsprachen mög lich, wird erklärt. Das Energiedepartement soll nach dem bisherigen Zeitplan Ende 2018 über die Bewilligungen entscheiden, so daß 2019 die Bohrungen beginnen könnten, heißt es. Damit beginne eine sechsjährige Phase mit vertieften Untersuchungen, wonach 2025 ein Rahmengesuch mit dem Standort für den Bau des Tiefenlagers eigereicht werden können soll. Der schweizerische Bundesrat würde dann 2029 entscheiden und danach folgten das Parlament und im Falle eines Referendums das Volk, heißt es.


Der Artikel ist auf der Website des Strahlentelex zu finden unter
http://www.strahlentelex.de/Stx_17_736-737_S02.pdf

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Quelle:
Strahlentelex mit ElektrosmogReport, September 2017, Seite 2
Herausgeber und Verlag:
Thomas Dersee, Strahlentelex
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Tel.: 030/435 28 40, Fax: 030/64 32 91 67
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Oktober 2017

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