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AMPHIBIEN/129: "Lurchi in Gefahr" - Ein Hautpilz bedroht unsere Feuersalamander (Naturschutz heute)


NATURSCHUTZ heute - Heft 2/16
Mitgliedermagazin des Naturschutzbundes (NABU) e.V.

"Lurchi" in Gefahr
Ein Hautpilz bedroht unsere Feuersalamander

von Helge May


Einst zog er als Comic-Held einer Schuhmarke siegreich von Abenteuer zu Abenteuer. Doch im wirklichen Leben droht dem Feuersalamander nun eine Gefahr, gegen die er machtlos scheint. Der tödliche Feind trägt den Namen Batrachochytrium salamandrivorans, kurz Bsal, ein Hautpilz, dem die Medien den passenden Namen "Salamanderfresser" gegeben haben.

Dieser Pilz ist in Europa bereits weiter verbreitet, als bisher bekannt. 2010 war der aus Ostasien stammende Salamanderfresser erstmals in den Niederlanden aufgetreten. Innerhalb weniger Jahre hat er die Feuersalmanderbestände dort nahezu ausgerottet. In Deutschland war der Pilz zunächst nur bei Terrarientieren nachgewiesen. In einer länderübergreifenden Untersuchung haben Naturschützer und Wissenschaftler nun festgestellt, dass das aktuelle Befallsgebiet im Freiland bereits rund 10.000 Quadratkilometer beträgt. Neben dem Süden der Niederlande und Teilen Belgiens gehört dazu auch der deutsche Teil der Eifel. Betroffen sind dort das Belgenbachtal, die Weiße Wehe und das Solchbachtal.

Vorsicht auch für Molche

Außerdem wurden neben Feuersalamandern auch infizierte Berg- und Teichmolche gefunden. Laborversuche hatten zuvor bereits ergeben, dass grundsätzlich alle europäischen Schwanzlurche infiziert werden können und dann innerhalb weniger Wochen sterben. Untersucht wurden knapp 2.000 Feuersalamander, Bergmolche, Teichmolche, Fadenmolche und Kammmolche aus 55 Populationen. Bei 14 der 55 Populationen wurde der Salamanderfresser nachgewiesen, in Deutschland bisher nur bei Feuersalamandern.

Wie lange der Salamanderfresser schon vorhanden ist, konnte nicht festgestellt werden. Die deutschen Nachweise stammten sämtlich von Proben aus dem Jahr 2015.

Verhaltenstipps für Naturschützer

Der NABU plant derzeit zusammen mit Partnern in den Niederlanden und in Belgien ein Screening-Projekt, um flächendeckend dem Salamanderfresser auf die Spur zu kommen. Als kurzfristige Maßnahme hat der NABU-Bundesfachausschuss Feldherpetologie und Ichthyofaunistik außerdem "Handlungsempfehlungen" für alle Naturfreunde und Naturschützer erstellt, die an Gewässern tätig sind. Neben dem Salamanderfresser machen unsere Amphibien auch der nahe verwandte Chytridpilz Batrachochtytrium dendrobatidis und verschiedene sogenannte Ranavieren zu schaffen.

Infektionskrankheiten sind Bestandteil natürlicher Interaktion zwischen Organismen. Diese haben sich häufig im Laufe der Zeit mit ihren Wirten entwickelt und sind auch Motoren der Evolution. Allerdings hat der Mensch heute die Umwelt auf vielfältige Weise so verändert, dass Krankheitserreger zu einem Gefährdungsfaktor geworden sind. Dazu gehört der weltweite Tierhandel, durch den auch eine Verbreitung von Erregern gefördert wird, ebenso wie der Klimawandel, der die Bedingungen für die Ausbreitung begünstigt.

Verdächtige Tiere melden

Schon einfache Verhaltensregeln können vermeiden, die Krankheitserreger weiter aktiv zu verbreiten. So sollten Fließgewässer immer stromabwärts begangen werden und es sollten nicht mehrere Gewässer oder unterschiedliche Lebensräume an einem Tag aufgesucht werden, ohne zusätzliche Hygienemaßnahmen zu ergreifen. Natürlich sollten Tiere nicht unnötig in die Hand genommen werden, Stiefel, Kescher, Eimer und Becherlupen sollten gewechselt und im Zweifelsfall desinfiziert werden.

Die Krankheiten und Krankheitsbilder sind nicht oder kaum mit dem bloßen Auge an den Amphibien feststellbar. Wem jedoch mehrere tote Amphibien am und im Gewässer auffallen oder sonstige Auffälligkeiten der Tiere - sichtbare Hautgeschwüre, Hautablösungen ohne Verletzungseinwirkung - kann dies melden an Tom.Kirschey@NABU.de.

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Lurch des Jahres

Der zum "Lurch des Jahres 2016" gekürte Feuersalamander zeigt eine enorme Färbungs- und Zeichnungsvielfalt, so dass man Individuen anhand von Fotos gut wiedererkennen kann. Einzigartig für Amphibien ist die Fortpflanzungsweise des Feuersalamanders. Nach der Paarung an Land erfolgt die komplette Eientwicklung im Mutterleib. Das Weibchen setzt schließlich bis zu 70 kiementragende Larven in Bächen ab.

Der Feuersalamander ist eine überwiegend nachtaktive, feuchtigkeitsliebende Art der Mittelgebirge. Zugleich ist er ein wichtiger Anzeiger für intakte Laubmischwälder mit Totholz und kühlen Quellbächen. Die deutsche Bezeichnung der Art geht auf den Aberglauben zurück, dass dieser Lurch Feuer überleben und sein Hautsekret die Glut löschen würde. Die alten Römer mutmaßten, der Feuersalamander könne mit seinem Gift "ganze Völker vernichten", und noch im Mittelalter unterstellte man ihm eine enorme Giftigkeit: In den Brunnen gefallene Tiere sollten das Wasser vergiften, der bloße Hauch seines Atems Menschen töten.

Das intensive, schwarz-gelbe Rückenmuster dient vor allem der Warnung und Abwehr von Fressfeinden. Tatsächlich sondern Feuersalamander aus ihren kräftigen Ohrdrüsen und vielen Rückendrüsen ein Hautgift ab, das für Feinde beim Verschlucken tödlich wirken kann und die Lurche zugleich vor Infektionen schützt. Für die menschliche Haut ist das Gift harmlos, ein direkter Kontakt mit Augen und Schleimhäuten sollte aber vermieden werden.


Ausführliche Infos unter
www.NABU.de/salamanderfresser. Dort gibt es auch die "Handlungsempfehlungen zur Freilandarbeit" als Download.

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Quelle:
Naturschutz heute - Heft 2/16, Seite 44 - 45
Verlag: Naturschutz heute, 10108 Berlin
Tel.: 030/284984-1530, Fax: 030/284984-2500
Hausanschrift: Charitéstraße 3, 10117 Berlin
E-Mail: naturschutz.heute@nabu.de
Internet: www.naturschutz-heute.de
Herausgeber: NABU, 10108 Berlin
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E-Mail: nabu@nabu.de
Internet: www.NABU.de
 
"Naturschutz heute" ist das Mitgliedermagazin
des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) e.V.
und erscheint vierteljährlich. Für Mitglieder
ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juli 2016

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