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FORSCHUNG/129: "Jahr des Gorillas" (3) Ebola - Tod für Affen und Menschen (KRITISCHE Ökologie)


KRITISCHE Ökologie - Zeitschrift für Umwelt und Entwicklung
Nr. 72-Bd. 24 [1] - Sommer 2009

Ebola - Tod für Affen und Menschen

Von Dr. Iris Weiche, Tübingen*)


Das hochinfektiöse Ebola-Virus erreichte erstmals das Bewusstsein der Öffentlichkeit, als 1976 in der DR Kongo 300 Menschen und 1994 weitere 200 an den Ufern des Ebola-Flusses daran starben. Immer wieder und öfter erreichen uns solche Schreckensnachrichten, wie zuletzt Ende Dezember aus Kasai/DR Kongo. Die Sterberaten liegen bei 50 bis 90 Prozent (ÄoG 2008). Oftmals konnte man nachweisen, dass Infizierte Kontakt mit frischem Affenfleisch hatten durch Jagd oder Konsum. Auch für Menschenaffen ist das Virus vernichtend. Seit 1994 beobachten Forscher eine enorme Zunahme von infizierten Kadavern. Im Tai-Nationalpark an der Elfenbeinküste starben damals 30% aller Schimpansen. Manche Populationen Westlicher Flachlandgorillas wurden nahezu komplett durch Epidemien ausgerottet, wie in Minkébé (1994-96 zu 97,1%) und in Mwagné (2001 zu 98,2%). Durchschnittlich verendeten innerhalb von zehn Jahren (1994-2005) 74,2% aller infizierten Gorillagruppen, vor allem in Gabun und in der Volksrepublik Kongo (IUCN 2008). Zwischen 2003 und 2005 gab es enorme Verluste in einer der größten Gorillapopulationen im Odzala Nationalpark. 2006 berichteten verschiedene Forscher (BERMEJO et al. 2006) vom Verlust von etwa 5000 Gorillas allein im Lossi Schutzgebiet/Volksrepublik Kongo in vier Jahren. Walsh schätzt, dass bei konstanter bisheriger Todesrate in den nächsten 10 Jahren mindestens 15% aller Westlichen Gorillas an Ebola sterben werden, was der Hälfte der Population in Schutzgebieten entspricht (Walsh et al. 2005; Webseite Peter Walsh). Da Gorillas und Schimpansen in vielen Gebieten sympatrisch vorkommen, beide Früchte fressen, teilweise die gleichen Bäume aufsuchen und zudem hochsoziale Arten sind, ist die Übertragungsgefahr solcher Viruserkrankungen sehr groß (WALSH et al. 2007).

Bislang wird vermutet, dass das Virus durch eine kleine, weitverbreitete Säugerart als Reservoir verbreitet wird, möglicherweise eine fruchtfressende Flughundart, doch dies ist noch nicht zweifelsfrei bestätigt (Leroy et al. 2005). Walsh und viele seiner Kollegen möchten eine großangelegte Impfaktion im Freiland durchführen, mehrere mögliche Impfstoffe wurden dafür entwickelt. Die Applikation wird sowohl durch Fressköder als auch durch Injektion via Blasrohr getestet.

Neben Ebola sind auch andere Pathogene wie Milzbrand (Leendertz et al. 2006) eine nicht abzuschätzende Gefahr für den Bestand unserer Menschenaffen.


Literatur:

ÄoG: Ärzte ohne Grenzen: www.aerzte-ohne-grenzen.de/Medizin/Ebola.php
Bermejo M et al. (2006): Ebola outbreak killed 5000 gorillas. Science 314: 1564.
Leendertz FH et al. (2006): Anthrax in Western and Central African great apes. American Journal of Primatology 68: 928-33.
Leroy EM et al. (2005): Fruit bats as reservoirs of Ebola virus. Nature 438: 575-6.
Walsh PD et al. (2005): Wave-like spread of Ebola Zaire. PLoS Biology 3 (11): 1946-53.
Walsh PD et al. (2007): Potential for Ebola transmission between gorilla and chimpanzee social groups. Am Nat 169: 684-9.
Walsh PD zu Ebola: http://email.eva.mpg.de/~walsh/projects.html


*) Unsere Autorin ist wissenschaftiche Mitarbeiterin der Abtlg. für Physiolog. Ökologie der Tiere der Universität Tübingen. Sie promovierte über "Social Relationships in Captive Gorilla Females".


Anmerkung der SB-Redaktion:
die weiteren Beiträge zum Thema aus Kritische Ökologie siehe
www.schattenblick.de → Infopool → Umwelt → Artenschutz →
FORSCHUNG/127: "Jahr des Gorillas" (1) Gorillas - Unmittelbar vor der Ausrottung... (KRITISCHE Ökologie)
www.schattenblick.de/infopool/umwelt/artensch/uarfo127.html
FORSCHUNG/128: "Jahr des Gorillas" (2) Gorillas in Zoos (KRITISCHE Ökologie)
www.schattenblick.de/infopool/umwelt/artensch/uarfo128.html
FORSCHUNG/130: "Jahr des Gorillas" (4) Gorillatourismus (KRITISCHE Ökologie)
www.schattenblick.de/infopool/umwelt/artensch/uarfo130.html
FORSCHUNG/131: "Jahr des Gorillas" (5) Ein Gorilla zum Frühstück (KRITISCHE Ökologie)
www.schattenblick.de/infopool/umwelt/artensch/uarfo131.html


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Quelle:
Kritische Ökologie, Nr. 72-Bd. 24 [1] - Sommer 2009
Herausgegeben vom Institut für angewandte Kulturforschung (ifak) e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juni 2009