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FORSCHUNG/152: Aufregende Entdeckung - Eine neue Spezies des Titi Affen am Amazonas (CI)


Conservation International - Donnerstag, 12. August 2010

Spannende Überraschung: Eine neue Spezies des Titi Affen wurde am Amazonas entdeckt


Washington, DC (12. August 2010) - Eine Forschungsexpedition zum kolumbianischen Amazonas ist auf eine neue Spezies des Titi Affen gestoßen (Callicebus caquetensis), meldete Conservation International am heutigen Tag. Die aufregende Neuigkeit mischt sich jedoch mit Sorge, da der neue Primat nach Ansicht der Forscher der National University of Colombia, von denen er entdeckt wurde, aufgrund der rapiden Abnahme des Waldes, in dem er lebt, und aufgrund seiner geringen Population vom Aussterben bedroht ist.

Die Entdeckung, die im Journal 'Primate Conservation' beschrieben wurde, gelang den Professor/inn/en Thomas Defler und Marta Bueno sowie dem Studenten Javier García im Jahr 2008 auf einer Expedition im Bezirk Caquetá, nahe der Grenze zu Ecuador und Peru - mehr als drei Jahrzehnte, nachdem der angesehene Tierverhaltensexperte Martin Moynihan die Region besucht und eine Beobachtung dieser Spezies erwähnt hatte.

Landkarte der Amazonas-Region, in der eine neue Spezies des Titi Affen entdeckt wurde (© Javier García)

Landkarte der Amazonas-Region, in der eine neue Spezies des Titi Affen entdeckt wurde
(© Javier García)

Über viele Jahre war es unmöglich Caquetá zu besuchen, da sich Rebellengruppen dort aufhielten. Als die Gewalt vor etwa drei Jahren nachließ, konnte García, der in Caquetá geboren ist, zum Oberlauf des Caquetá Flusses reisen, und fand auf seiner Suche zu Fuß, unterstützt von GPS und auf die Rufe lauschend, 13 Gruppen der neuen Spezies. Titi Affen (oder zogui zogui, wie sie auf spanisch genannt werden) haben einen der komplexesten Rufe im Tierreich und benutzen diesen jeden Morgen, um ihr Territorium zu markieren.

"Diese Entdeckung ist ungeheuer aufregend, weil wir zwar von diesem Tier gehört hatten, aber für eine lange Zeit nicht bestätigen konnten, daß es anders ist als andere Titis. Wir wissen jetzt, daß es sich um eine einzigartige Spezies handelt, und das deutet auf die reiche Vielfalt an Leben im Amazonasgebiet hin, die noch auf ihre Entdeckung wartet", kommentierte Dr. Defler.

Der Titi-Affe - Vier Arten in einer Übersicht (© CI/Zeichnung von Stephen Nash)

Der Titi-Affe - Vier Arten in einer Übersicht
(© CI/Zeichnung von Stephen Nash)

Der Callicebus caquetensis ist so groß wie eine Katze. Er hat graubraunes Fell, aber keinen weißen Streifen auf der Stirn wie die vielen anderen Callicebus-Spezies, die sehr eng mit ihm verwandt sind. Sein langer Schwanz ist graugetupft, und er trägt einen buschigen roten Bart um die Wangen. Anders als andere Primaten sind die Caquetá Titi Affen (und wahrscheinlich alle Titi Affen) monogam - sie bilden lebenslange Partnerschaften, und man kann die Paare oft mit ineinander verschlungenen Schwänzen nebeneinander auf einem Ast sitzen sehen. Sie haben gewöhnlich ein Baby pro Jahr. Wenn ein neues Baby hinzukommt, zwingen die Eltern das ältere Kind, sie zu verlassen, damit sie ihre ganze Aufmerksamkeit dem Neugeborenen widmen können (dies beruht auf Informationen, die über nah verwandte Arten gesammelt wurden). Die Familien dieser Spezies sitzen in Gruppen von etwa vier Individuen zusammen, und sind auf Bäumen in der Nähe einiger der Hauptflüsse in Caquetá anzutreffen.

Aber diese neuentdeckte Spezies kämpft ums Überleben. Schätzungen lauten, daß es weniger als 250 Caquetá Titi Affen gibt - eine gesunde Population sollte mehrere Tausend zählen. Der Hauptgrund für diese geringe Zahl ist der Rückgang der Wälder in der Region, die abgeholzt wurden, um Agrarland zu schaffen. Es ist mit großen Gefahren verbunden und manchmal unmöglich für diese Tiere, zu anderen Waldflächen zu gelangen, da sie die grasbewachsene Savanne oder Stacheldrahtzäune überqueren müssen, um sie zu erreichen.

Die geringe Population sowie der fragmentierte Lebensraum sollten zu einer Klassifikation des Callicebus caquetensis als vom Aussterben bedrohte Art (CR) nach den Kriterien der Internationalen Naturschutzunion IUCN führen, was bedeutet, daß ihr Risiko, als wildlebende Art in der unmittelbaren Zukunft auszusterben, sehr hoch ist.

Ausdrucksvolles helles Gesicht mit großen, bernsteinfarbenen Augen und rotbraunem, buschigen Bart (© Javier García)

Der Titi-Affe Callicebus caquetensis
in Nahaufnahme
(© Javier García)

"Diese Entdeckung ist besonders wichtig, weil sie uns daran erinnert, daß wir uns an der Vielfalt der Erde erfreuen sollten, jedoch jetzt auch etwas unternehmen müssen, um sie zu schützen," erklärte José Vicente Rodríguez, der leitende Wissenschaftler von Conservation International in Kolumbien und Präsident der Kolumbianischen Zoologenvereinigung.

"Wenn die Führer der Welt später in diesem Jahr in Japan zusammentreffen, um über die Konvention über die Biologische Vielfalt zu beraten, dann müssen sie sich verpflichten, wesentlich mehr Schutzgebiete zu schaffen, wenn wir das Überleben bedrohter Tiere wie dieses am Amazonas und auf der ganzen Welt garantieren wollen.

Die von Dr. Defler geleitete Erkundung wurde vom Conservation International Primaten-Aktionsfonds, von der 'Iniciativa de Especies Amenazadas', die von Conservation International Kolumbien in Gedenken an den bekannten kolumbianischen Biologen und Naturschützer Jorge Hernández Camacho ins Leben gerufen wurde, sowie dem 'Fondo para la Acción Ambiental y la Niñez' und der 'Fundación Omacha' finanziert.

Katzengroßes Tier mit langem, buschigem Schwanz in hohem Gras (© Javier García)

Katzengroßes Tier mit langem, buschigem Schwanz in natürlicher
Umgebung
(© Javier García)

Diese und weitere Bilder sind zu finden unter: http://bit.ly/9EduLE

Vollständiger Bericht, veröffentlicht im Journal 'Primate Conservation':
http://www.primate-sg.org/PC25.htm


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Conservation International (CI):

Mit einem starken Fundament aus Wissenschaft, Partnerschaft und Felddemonstration versetzt CI Gesellschaften in die Lage, zum Wohle der Menschheit verantwortungsvoll und nachhaltig für die Natur zu sorgen. Mit Hauptsitz in Washington, DC, arbeitet CI in über 40 Ländern auf vier Kontinenten.
Weitere Informationen unter www.conservation.org

Professor Thomas Defler und Professorin Marta Bueno arbeiten am Institut für Biologie der Universidad Nacional de Colombia. Javier Garciá studiert Biologie am gleichen Institut.


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Quelle:
CI-Pressemitteilung, 12.08.2010
Conservation International
2011 Crystal Dr. Suite 500
Arlington, VA 22202 United States
Tel.: 1 (703) 341-2400
Internet: www.conservation.org
mit freundlicher Genehmigung von Conservation International
in einer Übersetzung des Schattenblick aus dem Englischen


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. August 2010