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MELDUNG/091: Rote Liste gefährdeter Arten Deutschlands - 35 Jahre Inventur der Natur (BfN)


Bundesamt für Naturschutz (BfN)
Pressemitteilung - Bonn, 30. Oktober 2012

35 Jahre Inventur der Natur



  • "Rote Listen gefährdeter Pflanzen und Tiere Deutschlands" zeigen seit 35 Jahren fortschreitenden Verlust der Artenvielfalt
  • Erfolge durch Artenschutzprogramme bei Schwarzstorch, Uhu und Fischotter


Bonn, 30. Oktober 2012: Die Rote Liste gefährdeter Arten Deutschlands wird am morgigen Mittwoch (31.10.2012) 35 Jahre alt. Die Rote Liste verdeutlicht nicht nur die Gefährdungsgrade der heimischen Tier- und Pflanzenarten und dokumentiert, wie sich deren Bestände kurz- und langfristig entwickeln. Sie dient darüber hinaus auch als ein Inventarverzeichnis der in Deutschland vorkommenden Arten. Als allgemein anerkanntes Fachgutachten bildet die Rote Liste damit eine wichtige Entscheidungsgrundlage für Politiker, Behörden und Planer. Sie wird etwa alle zehn Jahre unter Federführung des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) zusammen mit zahlreichen ehrenamtlichen Expertinnen und Experten erarbeitet.

"Mit den Roten Listen wird die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf die Gefährdung von Arten gelenkt. Sie liefern eine fachlich fundierte Übersicht über den Zustand der biologischen Vielfalt in Deutschland und zeigen Handlungsbedarf im Bereich des Artenschutzes auf", sagte BfN-Präsidentin Beate Jessel anlässlich des 35-jährigen Jubiläums. "Bei einigen Arten konnte mit Hilfe der Roten Liste eine erfreuliche Verbesserung ihrer Situation verdeutlicht werden. Mit konsequenten Naturschutzmaßnahmen wurden beispielsweise die Vorkommen wichtiger Flaggschiffarten wie Schwarzstorch, Uhu, Fischotter und Seehund gestärkt", so Jessel. Positive Bestandsentwicklungen sind über die vergangenen 35 Jahre ebenfalls bei einer Reihe von Fledermaus- und Greifvogelarten zu verzeichnen. Für die Trendumkehr in der Bestandsentwicklung dieser Arten ist die konsequente Durchführung von Naturschutzmaßnahmen ausschlaggebend. Mit der verbesserten Wasserqualität in unseren Flüssen kehrten zudem bestimmte Fischarten zurück und der Abbau schadstoffintensiver Industriebereiche sowie Luftreinhaltemaßnahmen kamen einigen empfindlichen Moosen und Flechten zugute.

"Trotz dieser einzelnen positiven Ergebnisse, schreitet der Verlust der Artenvielfalt weiter voran. Bei vielen in ihren Beständen stark rückläufigen Arten, müssen wir dringend handeln", so Beate Jessel. Der Artenschwund ist bis heute in erster Linie vom Menschen verursacht und liegt etwa zehnmal höher als die natürliche Aussterberate. Hauptursachen für den Artenrückgang sind die Lebensraumzerschneidung und die Intensivierung der Landwirtschaft. Die aktuellen Roten Listen zeigen, dass fast 28% der bewerteten Wirbeltiere bestandsgefährdet sind, weitere fast 8% sind bereits ausgestorben oder verschollen. In einigen Tiergruppen, zum Beispiel bei den Reptilien, liegt der Anteil der gefährdeten Arten mit über 60% sogar noch sehr viel höher.


Hintergrund

Bis Mitte der 70er Jahre war der Rückgang von Arten und deren Lebensräumen unübersehbar, aber statistisch nur in geringem Umfang erfasst. Im Oktober 1977 erschien die "Rote Liste der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten" erstmalig in Deutschland. Dieser zunächst auf die alten Bundesländer beschränkte Sammelband umfasste insgesamt 19 Listen verschiedener Organismengruppen und folgte dem internationalen Vorbild der "Red Data Books" der IUCN (International Union for Conservation of Nature). Seither wurde dieses Werk mehrfach grundlegend überarbeitet, aktualisiert und erweitert sowie 1994 durch die Rote Liste der Biotoptypen und im Jahr 2000 durch die Rote Liste der Pflanzengesellschaften ergänzt. Die Rote Liste der Biotoptypen Deutschlands liegt seit 2006 in einer fortgeschriebenen Fassung vor. Erst vor kurzem wurde die Neuauflage der Roten Liste der wirbellosen Tiere (http://www.bfn.de/12883.html?&cHash=dc0cb633cb9dde8310339864cd421cd9&tx_ttnews%5Btt_news%5D=4295) vorgestellt.

Rote Listen enthalten Verzeichnisse ausgestorbener, verschollener oder gefährdeter Tier- und Pflanzenarten, Pflanzengesellschaften sowie Biotoptypen und Biotopkomplexe. Als wissenschaftliche Fachgutachten stellen die Roten Listen den Gefährdungsstatus von Arten für einen bestimmten Bezugsraum dar. Sie werden als Argumentationshilfe für raum- und umweltrelevante Planungen herangezogen und sind Datenquelle für gesetzgeberische Maßnahmen. Rote Listen werden in der Regel von den Naturschutzverwaltungen herausgegeben und in Kooperation mit zahlreichen Spezialisten erarbeitet. In Deutschland sind vor allem die Roten Listen des Bundes und der Bundesländer von Bedeutung.

Derzeit liegen folgende vom Bundesamt für Naturschutz herausgegebene Rote Listen vor:

  • Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands - Band 1: Wirbeltiere (Haupt et al. 2009)
  • Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands - Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1) (Binot-Hafke et al. 2011)
  • Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands - Band 6: Pilze (Teil 2) - Flechten und Myxomyzeten (Ludwig & Matzke-Hajek 2011)
  • Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands. Zweite fortgeschriebene Fassung 2006 (Riecken, Finck, Raths, Schröder & Ssymank 2006)
  • Verzeichnis und Rote Liste der Pflanzengesellschaften Deutschlands (Rennwald 2000)
  • Rote Liste der gefährdeten Tiere (Binot et al. 1998)
  • Rote Liste der gefährdeten Pflanzen (Ludwig & Schnittler 1996)
  • Rote Listen und Artenlisten der Tiere und Pflanzen des deutschen Meeres- und Küstenbereichs der Ostsee (Merck & v. Nordheim 1996)
  • Rote Listen der Biotoptypen, Tier- und Pflanzenarten des deutschen Wattenmeer-und Nordseebereichs (v. Nordheim & Merck 1995)

Weitere Informationen zur Gefährdung einzelner Organismengruppen und der Biotoptypen bieten die BfN-Homepage (http://www.bfn.de/0322_rote_liste.html) und die soeben erschienenen "Daten zur Natur 2012" (http://bfn.de/0401_pm.html?&no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=4327&cHash=af6bd9495940669847d704444c7ac85c)

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Quelle:
BfN-Pressemitteilung, 30.10.2012
Herausgeber: Bundesamt für Naturschutz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Oktober 2012