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MELDUNG/526: Jahresrückblick 2022 - LBV zieht Bilanz zum Naturschutz in Bayern (LBV)


Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV) - Verband für Arten- und Biotopschutz
Presseinformation vom 20. Dezember 2022

Jahresrückblick 2022: LBV zieht Bilanz zum Naturschutz in Bayern

Erfolge bei Kleinspecht, Weißstorch und Großen Hufeisennasen - Sorge um Alpensalamander, Grasfrosch und Schwarzstorch


Hilpoltstein, 20.12.2022 - Mit Blick auf den Naturschutz im Freistaat im Jahr 2022 freut sich der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) über Erfolge, sorgt sich aber wegen des trockenen Sommers gleichzeitig um einige Arten. Für seine Jahresbilanz hat der LBV beispielhaft drei Gewinner und drei Verlierer des Artenschutzes ausgewählt. "Mit Freude sehen wir die Erfolge, die wir vergangenes Jahr in Bayern beim Kleinspecht, Weißstorch und der stark gefährdeten Fledermausart Große Hufeisennase feiern konnten. Dagegen geraten Amphibienarten wie Alpensalamander und Grasfrosch, aber auch der Schwarzstorch im Freistaat immer stärker in Bedrängnis", sagt der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer.


Foto: © Andreas Hartl / LBV Bildarchiv

Kleinspecht
Foto: © Andreas Hartl / LBV Bildarchiv

Ein Erfolg im Naturschutz 2022 war das LBV-Bürgerforschungs-Projekt für den Kleinspecht. Rund 160 Ehrenamtliche haben sich in ganz Bayern auf die Suche nach dem kleinsten unter den heimischen Spechten gemacht. "Der Kleinspecht und seine Lebensräume, allen voran Auwälder und alte Streuobstbestände, sind bayernweit gefährdet. Die Streuobstwiesen im Freistaat werden in Zukunft vom Bayerischen Streuobstpakt profitieren", so Norbert Schäffer. Im Zuge der Kartierungen fanden drei Teilnehmende sogar jeweils eine sehr gut versteckte Bruthöhle des Kleinspechts. Im kommenden Jahr werden weitere Daten zum Kleinspecht gesammelt, um aus diesen ein Schutzkonzept zu erarbeiten. Die charismatische, jedoch nicht leicht zu entdeckende Vogelart eignet sich perfekt für fortgeschrittene Naturbegeisterte, die etwas tiefer in das Thema Vogelbeobachtung einsteigen und die wissenschaftliche Arbeit des LBV unterstützen wollen.


Weißstorchenpaar im Nest - Foto: © Hans Schönecker / LBV Bildarchiv

Weißstorch
Foto: © Hans Schönecker / LBV Bildarchiv

Ein weiterer Gewinner im bayerischen Naturschutz ist der Weißstorch. Im Jahr 2022 meldeten die ehrenamtlichen Horstbetreuer*innen des LBV über 1.070 Storchenpaare im Freistaat. Das sind knapp 14 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Brutbestand im vergangenen Jahr stellt somit erneut einen Bestandsrekord seit Beginn der regelmäßigen Erfassung 1980 auf. Dafür verantwortlich sind Artenschutz-Maßnahmen im Brutgebiet und die Zunahme des Gesamtbestandes in Europa dank günstiger Überwinterungsbedingungen. "Die Koloniebildung der Weißstörche wird vermutlich auch in den nächsten Jahren anhalten. Dieser Ansiedlungsdruck führt allerdings auch zu Neuansiedlungen auf eher ungeeigneten Standorten, wie zum Beispiel beheizten Kaminen, dadurch erhöht sich der Beratungsaufwand des LBV deutlich über den Rahmen des Weißstorch-Monitorings hinaus", erklärt Norbert Schäffer.


Foto: © Andreas Hartl / LBV Bildarchiv

Große Hufeisennase
Foto: © Andreas Hartl / LBV Bildarchiv

Die stark gefährdete Große Hufeisennase ist ebenfalls eine der Gewinnerarten im Jahr 2022. In der einzigen Wochenstube dieser Fledermausart in Deutschland, im LBVFledermaushaus im oberpfälzischen Hohenburg, dokumentiert der LBV erneut einen Geburtenrekord sowie einen weiteren Zuwachs an erwachsenen Tieren. In diesem Jahr fanden sich 405 geschlechtsreife Tiere in der Wochenstube ein und brachten 160 Jungtiere zur Welt. "Diese erfreuliche Entwicklung der Großen Hufeisennase zeigt, wie wichtig die Betreuung der einzigen Wochenstube ist. Da die Fledermausart nach wie vor stark gefährdet ist und deutschlandweit nur in dieser letzten Kolonie vorkommt, arbeitet der LBV daran, den 'Hufis' weitere Wochenstubenquartiere anzubieten", so der LBV-Vorsitzende.


Foto: ©: Dr. Christoph Moning / LBV Bildarchiv

Alpensalamander
Foto: ©: Dr. Christoph Moning / LBV Bildarchiv

Der komplett schwarz gefärbte Alpensalamander zählt zu den Arten, die der Naturschutz im Auge behalten muss. Für den unter europäischem Schutz stehenden Salamander hat Bayern eine besondere Verantwortung, da sich der deutsche Bestand - bis auf einzelne Vorkommen in Baden-Württemberg - hauptsächlich auf den bayerischen Alpenraum beschränkt. Die überwiegend dämmerungsaktiven Tiere sind bei Regen auch tagsüber unterwegs. LBV-Erfassungen im Alpenraum stellten fest, dass Alm-, Forst- und Wanderwege für Alpensalamander tödlich sein können, weil sie dort von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern überfahren oder von Fußgängern zertreten werden. Die Zunahme des Tourismus im Alpenraum erhöht somit auch die Gefahren für den Alpensalamander. Zusätzlich können Salamander- und Molcharten von dem tödlichen Hautpilz Bsal infiziert werden. LBV-Untersuchungen des Alpensalamanders zeigten bislang keine Nachweise auf den Pilz. "Zum Schutz des Alpensalamanders werden im kommenden Jahr weitere Tiere beprobt und auch die Erfassung auf Wegen wird fortgesetzt, um rechtzeitig Schutzmaßnahmen umsetzen zu können", sagt Schäffer.


Foto: © Dr. Eberhard Pfeuffer / LBV Bildarchiv

Grasfrosch
Foto: © Dr. Eberhard Pfeuffer / LBV Bildarchiv

Frühjahr und Sommer im Freistaat waren geprägt von Hitze und wenigen Niederschlägen. Flache und kleine Gewässer, die für Amphibienarten extrem wichtig sind, trockneten deshalb aus. So fielen Laich und Larven von Arten wie Gelbbauchunke, Kreuz- und Wechselkröte, Laubfrosch sowie Moor- und Grasfrosch der Trockenheit zum Opfer. Selbst beim weit verbreiteten und noch relativ häufigen Grasfrosch haben die Betreuer*innen von Amphibienzäunen vielerorts festgestellt, dass die Zahlen rapide zurückgehen. "In solchen Jahren finden die Frösche nur wenig Nahrung, sind in schlechter körperlicher Kondition und pflanzen sich deshalb in der kommenden Laichzeit weniger fort. Umso wichtiger ist es, Feuchtlebensräume, wie Wiesen in Talauen und Laubwälder, nicht zu entwässern und im Sinne der Amphibien zu bewirtschaften", betont der LBV-Vorsitzende.


Schwarzstorch in der Luft - Foto: © Zdenek Tunka / LBV Bildarchiv

Schwarzstorch
Foto: © Zdenek Tunka / LBV Bildarchiv

Ein Verlierer des Jahres ist auch der Schwarzstorch. Auch bei ihm sorgte die Trockenheit im Sommer für eine erheblich schlechtere Situation in wichtigen Nahrungslebensräumen, wie Waldbächen und angrenzenden, feuchten Wiesen. Außerdem wurde er von der Bundesregierung im Zuge der Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes von der Liste windkraftsensibler Arten gestrichen. "Auch wenn es bislang nur wenige dokumentierte Kollisionen mit Windkraftanlagen gegeben hat, wird er doch durch deren Bau und Betrieb in den Wäldern, in denen er brütet, stark beeinträchtigt. Hinzu kommen Störungen durch forstliche Arbeiten im Umfeld der Brutplätze, die insbesondere aus kommunalen Wäldern berichtet wurden", sagt Norbert Schäffer. Die beim Schwarzstorch in den letzten Jahren festgestellte positive Bestandsentwicklung droht deshalb in Gefahr zu geraten.

Über den LBV
1909 gegründet ist der LBV - Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern e. V. - der älteste Naturschutzverband in Bayern und zählt aktuell über 115.000 Unterstützerinnen und Unterstützer. Der LBV setzt sich durch fachlich fundierte Natur- und Artenschutzprojekte sowie Umweltbildungsmaßnahmen für den Erhalt einer vielfältigen Natur und Vogelwelt im Freistaat ein.

Mehr Infos: www.lbv.de/ueber-uns

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Quelle:
Presseinformation 136-22, 20.12.2022
Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V.
Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein
Tel.: 09174/4775-30, Fax: 09174/4775-75
E-Mail: info@lbv.de
Internet: www.lbv.de

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 3. Januar 2023

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