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VÖGEL/1039: Bartgeier über Bayern (LBV)


Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV) - Verband für Arten- und Biotopschutz

Presseinformation vom 15. März 2016

Bartgeier über Bayern
Gleich zwei der in Europa extrem seltenen Greifvögel gesichtet - Weitere Beobachtungen in den nächsten Tagen wahrscheinlich


Hilpoltstein, 15.3.2016 - Bei einer Winterwanderung im Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen fotografierte LBV-Gebietsbetreuer Henning Werth wie bereits Anfang 2015 einen Bartgeier in den deutschen Alpen. Am Samstag beobachtete der Biologe den extrem seltenen Vogel wenige Kilometer östlich von Oberstdorf. Da der Geier eine erkennbare Flügelmarkierung trug, konnte er diesmal auch eindeutig identifiziert werden. Ein zweites, unmarkiertes älteres Tier überflog dann am Montag das Trettachtal. Mit ihren knapp drei Metern Flügelspannweite suchen sie als Kadaverfresser derzeit gezielt Lawinenfelder nach verunglückten Tieren ab.


Zwei Bartgeier; Porträtaufnahme von der Seite - Foto: © Christoph Moning

Bartgeier
Foto: © Christoph Moning

"Mit dem Temperaturanstieg in den nächsten Tagen und den damit verbundenen Lawinenabgängen erwarten wir in den Allgäuer Alpen weitere Suchflüge auch von anderen Bartgeiern", so Henning Werth. Der LBV bittet deshalb alle Wanderer und Skifahrer, Beobachtungen dieser faszinierenden Greifvögel umgehend den Naturschützern zu melden.

Das identifizierte, erst zweijährige Bartgeier-Männchen "Fortuna" wurde 2015 in den Hohen Tauern freigelassen. So wie "Fortuna" waren die meisten, der in den Alpen bislang beobachteten Junggeier, ausgewilderte Tiere. Eine individuelle Identifizierung nach Namen ist möglich, da einzelne Federn der Tiere vor der Freilassung gebleicht wurden. "Solange diese weißen Federn nicht nachgemausert werden, kann jeder die Flügelfärbungen im Flug gut erkennen", erklärt Werth.

Zum Beginn der Osterferien bittet der LBV deshalb alle Wanderer und Skifahrer, die Greifvögel wenn möglich zu fotografieren und den Naturschützern weitere Geier-Beobachtungen in den deutschen Alpen umgehend zu melden: www.lbv.de/alpenvoegel


Bartgeier Fortuna am Himmel - Foto: © Henning Werth

Bartgeier Fortuna mit Flügelmarkierung
Foto: © Henning Werth

Junge Bartgeier können gewaltige Strecken zurücklegen. Nach Auskunft der österreichischen Projektbetreuer pendelt "Fortuna" bereits seit einigen Monaten nahezu unbemerkt zwischen dem Tiroler Lechtal und den Allgäuer Hochalpen. Ein kurzer Ausflug führte "Fortuna" am 29.8.2015 sogar bis in den Schwarzwald.

Derzeit läuft die Brutzeit der Bartgeier in den europäischen Alpen auf Hochtouren. "Der alpine Brutbestand ist dieses Jahr um acht auf etwa 43 Paare angestiegen", sagt Henning Werth. Dies sind die meisten Vögel seit Beginn der Wiederansiedlungsmaßnahmen, nachdem der Bartgeier vor über 100 Jahren in diesem Gebiet ausgestorben war. Der LBV blickt zuversichtlich in die Zukunft, da er mit der Wiederbesiedlung von weiteren Gebieten und somit zukünftig auch mit häufigeren Beobachtungen rechnet. "Vielleicht kehrt der Bartgeier langfristig sogar als Brutvogel in die deutschen Alpen zurück", so Werth.

Nach der Ausrottung des Bartgeiers in den Alpen wird in einem internationalen Gemeinschaftsprojekt seit 30 Jahren versucht, den farbenprächtigsten europäischen Greifvogel wiedereinzubürgern. "Da die Vögel aber erst nach sechs Jahren geschlechtsreif sind und in freier Wildbahn nur etwa alle zwei bis drei Jahre einen Jungvogel großziehen, breiten sich die Bestände nur äußerst langsam aus", erklärt der LBV- Biologe.


Foto: © Richard Straub

Bartgeier im Flug - Foto: © Richard Straub

Bartgeier werden in manchen Alpenteilen bis heute noch durch illegale Abschüsse und direkte Vergiftungen bedroht, und das, obwohl sie bei ihrer Nahrungswahl ausschließlich auf Knochen spezialisiert sind. Auch ihre Neugier gegenüber Menschen wird den Greifvögeln leider mancherorts zum Verhängnis.

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Quelle:
Presseinformation, 15.03.2016
Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V.
Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein
Tel.: 09174/4775-30, Fax: 09174/4775-75
E-Mail: info@lbv.de
Internet: www.lbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2016

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