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VÖGEL/664: Kohlmeise macht das Rennen bei der NABU-Mitmachaktion "Stunde der Wintervögel" (NABU NRW)


NABU Landesverband Nordrhein-Westfalen - 25. Januar 2011 - Umwelt/Vögel

Über 85.000 Teilnehmer zählten 2,6 Millionen Vögel

Kohlmeise macht das Rennen bei der NABU-Mitmachaktion "Stunde der Wintervögel"


Berlin/Düsseldorf - Nach Auszählung aller Einsendungen aus der ersten bundesweiten Wintervogelzählung ziehen der NABU und der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) eine eindrucksvolle Bilanz. Die Verbände hatten vom 6. bis 9. Januar zur großen Mitmachaktion "Stunde der Wintervögel" aufgerufen. Mehr als 85.000 Teilnehmer meldeten daraufhin ihre Vogelbeobachtungen, die sie innerhalb einer Stunde in Gärten, Parks oder vom Balkon aus machen konnten. Allein in Nordrhein-Westfalen beteiligten sich rund 12.000 Vogelfreunde. Häufigster Wintervogel ist demnach bundesweit die Kohlmeise, gefolgt von Haussperling, Amsel und Blaumeise. In NRW fällt der Haussperling jedoch hinter Kohlmeise, Blaumeise und Amsel auf Rang 4 zurück.

Rund 90 Prozent der Daten stammen von Futterstellen, an denen sich Vögel am einfachsten und aus nächster Nähe beobachten lassen. So entsteht ein recht genaues Bild darüber, welche Vogelarten auch im Winter bei uns ausharren und wie sie sich innerhalb von Deutschland verteilen. Zu den häufigsten Überwinterern zählen neben Kohl- und Blaumeisen auch Grün- und Buchfinken, Sperlinge, Kleiber, Eichelhäher und Spechte. Hinzu kommen Wintergäste aus dem hohen Norden wie Bergfinken und Erlenzeisige. "Wenn diese in ihrer Heimat zu wenig Winternahrung finden, ziehen sie in großen Scharen nach Mitteleuropa", erklärte NABU-Vogelschutzexperte Markus Nipkow dieses Verhalten. Jeweils etwa 34.000 Bergfinken und Erlenzeisige zählten die fleißigen Vogelfreunde während der Aktion. Verglichen mit Vorjahreszahlen aus Bayern, wo die Stunde der Wintervögel bereits zum sechsten Mal stattfand, gab es die typischen "Invasionsarten" allerdings deutlich seltener zu sehen.

Die Ergebnisse der Aktion geben nicht zuletzt Hinweise auf die Qualität der Vogellebensräume. Auffallend dabei: In Nordrhein-Westfalen wird die "Vogelfeindlichkeit" städtischer Ballungsräume besonders deutlich. So werden insbesondere im Ruhrgebiet wie auch in Großstädten wie Düsseldorf, Köln, Bonn und Aachen deutlich weniger Individuen je Vogelart pro Garten gezählt als in den ländlicheren Regionen Nordrhein-Westfalens. Möglicherweise sei dies auf grundsätzlich ungünstigere Lebensbedingungen mit einem geringeren Nahrungs- und Nistplatzangebot zurückzuführen. Dies würden die Arten dann durch größere Reviere ausgleichen, was zwangsläufig eine geringere Individuendichte zur Folge hätte. Hier gebe es aus Sicht des NABU-Vogelexperten weiteren Forschungsbedarf.

Die nordrhein-westfälischen Beobachtungen in Ballungsräumen seien jedoch kein Widerspruch zu der bundesweiten Beobachtung, dass es Vogelarten der Feldflur verstärkt in die Nähe menschlicher Siedlungen ziehe, denn diese würden gar nicht erst bis in die Ballungsräume vordringen. Als Anzeichen dieser "Landflucht" deuten NABU und LBV zum Beispiel die große Zahl der Feldsperlinge, die an Futterstellen in Gärten registriert wurden: Der urban lebende Haussperling ist etwa sechsmal häufiger als der Feldsperling. Doch sein Verwandter aus dem "ländlichen Raum" wurde an den Winterfütterungen kaum seltener angetroffen. Auch Meldungen von Goldammern, Stieglitzen, Fasanen und selbst Reb-hühnern an den Futterstellen belegen diesen Effekt. Die bäuerliche Kulturlandschaft verliere mehr und mehr an Vielfalt und Vögel sind dafür recht genaue Indikatoren.

Die Vogelkundler der beiden Verbände werden bei der Auswertung der Daten auch auf die Anzeiger von Klimaveränderungen achten: Wenn ursprüngliche Zugvögel immer häufiger hier überwintern, sind Veränderungen im Gange. So verlässt zwar noch der größte Teil der Singdrosseln, Hausrotschwänze, Mönchsgrasmücken oder Zilpzalpe die hiesigen Brutgebiete im Herbst, doch wurden allein bei dieser Wintervogelzählung mehrere Hundert dieser Arten gemeldet. Im Südwesten Nordrhein-Westfalens und im angrenzenden Rheinland-Pfalz und Hessen wurde zudem der Star häufig beobachtet. Als typischer Teilzieher verbringt er immer öfter die Winter vollständig hier.

"Wenngleich nicht immer jeder Vogel richtig identifiziert wird, liefern die eingesendeten Beobachtungen dennoch wichtige Hinweise und Vergleichsmöglichkeiten", beurteilte Nipkow die Wintervogelzählung. Ihre Stärke liege in der enormen Datenmenge, die auch eine gewisse Anzahl an Fehlern verkrafte. Die Stunde der Wintervögel ist derzeit die größte "Citizen-Science-Aktion" Deutschlands. Es nehmen überwiegend Laien daran teil, die aus Interesse und Freude an der Natur ihre Beobachtungsdaten sammeln und für eine großräumige Auswertung zur Verfügung stellen.

Vom 13. bis 15. Mai folgt die "Stunde der Gartenvögel", eine Schwesteraktion, die von den beiden Umweltverbänden bereits seit mehreren Jahren durchgeführt wird. Dann werden die Brutvögel des Landes, deren Vorkommen und die Veränderungen ihrer Bestände im Mittelpunkt des Interesses stehen.

Weitere Ergebnisse zur Stunde der Wintervögel, darunter auch detaillierte Karten und Zahlen aus einzelnen Landkreisen, sind zu finden unter www.NABU.de sowie für Nordrhein-Westfalen unter www.nabu-nrw.de/projekte/sdw/ergebnis/.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 1, 25.01.2011
NABU Nordrhein-Westfalen
Merowingerstr. 88, 40225 Düsseldorf
Tel.: 0211/15 92 51-14, Fax: 0211/15 92 51-15
E-Mail: Presse@NABU-nrw.de
Internet: www.nabu-nrw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Januar 2011