Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → FAKTEN

ENERGIE/279: Deform des Erneuerbare-Energie-Gesetzes (ROBIN WOOD magazin)


ROBIN WOOD magazin - Nr. 123/4.2014

Deform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

Von Tobias Darge



Seit 2000 hat sich durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) der Anteil der Erneuerbaren in Deutschland auf 28 Prozent der Stromerzeugung versiebenfacht. Über 300.000 Menschen sind in der Branche beschäftigt, Effizienz wurde gesteigert, Kosten gesenkt und dann? Trotz - oder gerade wegen - der Erfolgsgeschichte verabschiedete die große Koalition ein Gesetz, das den Ausbau der Bioenergie ausbremst (Begrenzung des jährlichen Zubaues auf 100 Megawatt), die Photovoltaik weitgehend unwirtschaftlich macht, indem Eigenstromerzeugung mit einer EEG-Umlage ("Sonnensteuer") belegt wird sowie Geothermie und Wasserkraft in ihrem Schattendasein belässt. Die Förderung der Erneuerbaren Energien sinkt durchschnittlich von 17 Cent/kWh auf 12 Cent/kWh. Außerdem droht das Ausschreibungsmodell die Vielfalt der Akteure in Form von Genossenschaften, Vereinen usw. und damit die "Energiewende von unten" auszubremsen. Der Novellierung vorausgegangen waren 60 Lobbytermine der großen Energie-Konzerne mit MinisterInnen und StaatssekretärInnen. Das listete die Bundesregierung auf Anfrage der Linken auf. Allein der RWE-Chef Peter Terium traf Kanzlerin und Vize-Kanzler sechsmal.

Klimaziele in Gefahr

Durch die EEG-Deform geraten die Klimaziele der Bundesregierung in Gefahr. Diese hatte noch 2011 das Ziel ausgegeben, bis zum Jahr 2050 80 Prozent weniger Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 zu produzieren. Erneuerbare sollten als Hauptbestandteil der Energieversorgung etabliert und drastisch erhöhte Energie-Effizienz umgesetzt werden. Die große Koalition verschwendet offenbar keinen Gedanken mehr an das Konzept, das Schwarz-Gelb damals vorgelegt hatte.

Dies zeigt eine Studie, die der Bundesverband Erneuerbare Energie jüngst vorgestellt hat. Darin werden die Auswirkungen der "EEG-Deform" und weitere Vorstellungen der großen Koalition zur zukünftigen Energiepolitik analysiert. Der Autor der Studie, Joachim Nitsch, ehemaliger Abteilungsleiter "Systemanalyse und Technikbewertung" am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), sieht nach der EEG-Deform schwarz: "Mit den aktuellen Plänen der Bundesregierung werden 2050 immer noch 65 Prozent der heute eingesetzten Menge fossiler Endenergie benötigt. Folglich werden auch die Treibhausgase nur um 55 Prozent reduziert anstatt der aus Klimaschutz nötigen 80 bis 95 Prozent." Der Anteil der Erneuerbaren am Primärenergieverbrauch würde von 2013 mit 11,5 Prozent lediglich auf 28 Prozent bis 2050 steigen.

Energie-Effizienz: Deutschland hinkt hinterher

Auch bei der Energie-Effizienz hinkt Deutschland seinen Zielen hinterher: Seit 1990 ist der Wert nach neuesten Zahlen der AG Energiebilanzen pro Jahr um nur 1,8 Prozent gestiegen, bis 2050 sollte der Wert aber jährlich um 2,1 Prozent steigen. Die Energie-Effizienz bei privaten Haushalten ist in den vergangenen 23 Jahren lediglich um 1,4 Prozent gestiegen, dabei könnte energetische Gebäudesanierung und Energieberatung den Energieverbrauch drastisch senken.

Die negativen Auswirkungen der EEG-Deform werden bereits 2020 spürbar sein: Wenn keine energiepolitische Kehrtwende erfolgt, wird das Ziel verfehlt 100 Mio. Tonnen CO2 einzusparen. Damit werden statt des angestrebten CO2-Rückgangs von 40 Prozent, gegenüber 1990, nur 29 Prozent erreicht. Bundesumweltministerin Hendricks hat beim Klima-Gipfel in New York zwar am 40 Prozent-Ziel festgehalten, aber dieser Ankündigung auf internationalem Parkett müssen nun zu Hause Taten folgen.

Das Netzwerk "Energiekämpfe! in Bewegung", zu dem auch Gruppen wie ausgeco2hlt und Gegenstrom zählen, glaubt nicht, dass die Klimaverhandlungen den Klimawandel aufhalten werden.

2013 fand die 19. Klimaverhandlung der UNO statt, gleichzeitig war es das Jahr mit den höchsten CO2-Emissionen bisher. Deshalb ruft das Netzwerk zum übernächsten Klima-Gipfel 2015 in Paris zu direkten Aktionen an CO2-Produktionsstandorten auf. Entsprechende Planungen wurden bei der internationalen Aktionskonferenz vom 3. bis 5. Oktober in Köln besprochen. Bereits 2014 gab es im Rahmen der Kampagne "Kohleausstieg ist Handarbeit" gute Erfahrungen mit vielfältigen Blockaden im Rheinischen Braunkohlerevier.

Tobias Darge, ROBIN WOOD Energiereferent,
Tel.: 040 38089221

*

Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 123/4.2014, Seite 35
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
Verlag: ROBIN WOOD-Magazin
Langemarckstr. 210, 28199 Bremen
Tel.: 0421/59 828-90, Fax: 0421/59 828-72
E-Mail: magazin@robinwood.de
 
Magazin zu beziehen über:
Robin Wood e.V. Bremen, Geschäftsstelle
Postfach 10 21 22, 28021 Bremen
Tel.: 0421/59 828-8, Fax: 0421/59 828-72
E-Mail: info@robinwood.de
Internet: www.robinwood.de
 
Erscheinungsweise: vierteljährlich
Jahresabonnement: 12,- Euro inkl. Versand
Der Bezug des ROBIN WOOD-Magazins
ist im Mitgliedsbeitrag enthalten


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2014