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FORSCHUNG/1398: Marine Ökologen aus Bremen untersuchen Ausbreitung eines tropischen Seegrases (Uni Bremen)


Universität Bremen - 11. Oktober 2017

Marine Ökologen aus Bremen forschen acht Monate am Roten Meer

Internationales Team unter Leitung der Universität Bremen sucht nach Gründen für die Ausbreitung eines tropischen Seegrases


Ein Seegras mit dem Namen Halophila stipulacea kommt natürlicherweise im Indischen Ozean inklusive des Roten Meeres vor. Von dort breitet es sich aber seit einiger Zeit über den Suez-Kanal ins Mittelmeer aus. Hier wird es inzwischen regelmäßig in Sizilien und sogar an nördlichen Standorten im Tyrrhenischen Meer beobachtet. Doch warum ist dieses tropische Seegras so erfolgreich beim Besiedeln des Mittelmeeres und welche ökologischen Folgen könnte das haben?


Foto: © Dr. Ulisse Cardini

Die Blätter des Seegrases, auf denen im Bild eine Nacktschneckenmuschel klettert, sind ein hervorragendes Substrat für das Wachstum von Bakterienpopulationen.
Foto: © Dr. Ulisse Cardini

Bakterien im Fokus

Eine neue Studie, durchgeführt von einem internationalen Forschungsteam unter der Leitung von Christian Wild, Professor für Marine Ökologie an der Universität Bremen, macht deutlich, dass Bakterien die Ausbreitung dieser Seegras-Pflanze entscheidend unterstützen. Das Forschungsprojekt fand im natürlichen und ursprünglichen Lebensraum von Halophila stipulacea im nördlichen Roten Meer an der Forschungsstation in Aqaba in Jordanien statt. Dort untersuchte Dr. Ulisse Cardini mit jordanischen und bremischen Kolleginnen und Kollegen den Stoffwechsel des Seegrases im Verlauf aller vier Jahreszeiten. Dr. Cardini ist ehemaliger Doktorand der Arbeitsgruppe Marine Ökologie an der Universität Bremen. Inzwischen arbeitet er als Wissenschaftler an der zoologischen Station Anton Dohrn in Neapel.


Foto: © Dr. Ulisse Cardini

Die Invasion von Halophila stipulacea, unterstützt durch menschliche Aktivität und Klimawandel. Die Assoziation dieser Spezies mit bestimmten Bakterien scheint eine weitere Rolle zu spielen.
Grafik: © Dr. Ulisse Cardini

Messgeräte aus Bremen

Für die Studie wurden unterschiedliche Messgeräte im Meer und im Labor verwendet, unter anderem ein tragbarer Gas-Chromatograph, den die Forscher aus Bremen nach Jordanien mitbrachten. Weil das Bremer Forschungsteam insgesamt acht Monate in Jordanien war, entstand ein einmalig großer Datensatz, der nun ausgewertet wurde. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden heraus, dass Bakterien, die in großer Zahl auf dem Seegras leben, dazu beitragen, die Pflanze mit wichtigen Nährstoffen zu versorgen. Insbesondere elementarer Stickstoff, der für Wachstum und Reproduktion essentiell ist, scheint hier eine entscheidende Rolle zu spielen. Bakterien, nicht aber die Seegräser, können ihn aus dem Wasser fixieren. Perioden mit geringer Verfügbarkeit von stickstoffhaltigen Nährstoffen wie Nitrat im Wasser, wie zum Beispiel im Sommer im Roten Meer, konnten so gut ausgeglichen werden.

Artikel in renommierter Fachzeitschrift

Ein Vergleich mit anderen Seegräsern zeigte, dass Halophila stipulacea außerordentlich gut in der Aufnahme und im Verarbeiten des Stickstoffs sind, der ihnen von den Bakterien geliefert wird. Sie können so besonders schnell wachsen. Zusammen mit dem Klimawandel könnte diese besondere Eigenschaft des untersuchten Seegrases dessen Ausbreitungserfolg erklären. Seegräser schaffen generell wichtige Ökosysteme auch für andere Organismen wie Schnecken, Seesterne, Schwämme, und Moostierchen im Meer. Insofern ist ihr Wachstum und Erhalt wünschenswert. Bei der invasiven Art Halophila stipulacea ist allerdings noch unklar, inwieweit die Pflanze das für das Mittelmeer einzigartige Neptunsgras Posidonia oceanica verdrängen könnte. Diese Ergebnisse veröffentlichten Dr. Ulisse Cardini, Professor Christian Wild und ihr Forschungsteam in Limnology & Oceanography, einer der führenden meereswissenschaftlichen Fachzeitschriften.

zum Artikel:
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/lno.10669/full

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 197, 11.10.2017
Universität Bremen, Pressestelle
Tel.: 0421/218-60150, Fax: 0421/218-60152
E-Mail: presse@uni-bremen.de
Internet: www.uni-bremen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Oktober 2017

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