Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → FAKTEN

LUFT/470: Luftverschmutzung - Revision des Göteborg-Protokolls enttäuscht Umweltverbände (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände
EU-Koordination

EU-News - Montag, 07. Mai 2012 / Emissionen

Luftverschmutzung: Revision des Göteborg-Protokolls enttäuscht Umweltverbände



Die Vertragsstaaten des Übereinkommens über weiträumige grenzüberschreitende Luftverschmutzung (CLRTAP) haben sich auf neue Emissionsgrenzwerte bis 2020 geeinigt. Die EU hat bei den Verhandlungen so schwache Zugeständnisse gemacht, dass sie sogar ihre eigenen Luftqualitätsziele unterbietet, kritisiert das Europäische Umweltbüro (EEB). Das Göteborg-Protokoll zur grenzüberschreitenden Bekämpfung der Luftverschmutzung soll besonders die Versauerung, die Überdüngung und das bodennahe Ozon regulieren. Die Vertragstaaten haben sich vom 30. April bis 4. Mai in Genf getroffen, um das Protokoll zu überarbeiten. Die Ergebnisse beinhalten für die EU eine mit Bezug auf das Jahr 2005 gerechnete Reduktion von
Schwefelemissionen (SO2) um 59 Prozent
Stickstoffoxidemissionen (NOx) um 42 Prozent
flüchtige organische Verbindungen (VOCs) um 28 Prozent
Ammoniak (NH3) um 6 Prozent.

Erstmals gibt es auch Obergrenzen für Feinstaub in der Größe von 2,5 Mikrometern (PM 2,5): wenn das erweiterte Göteborg-Protokoll in Kraft ist, sollen die Emissionen bis 2020 um 22 Prozent zurückgegangen sein (Bezugsjahr 2005). Die Zugeständnisse der einzelnen Vertragstaaten sind jeweils unterschiedlich, je nach Ausgangslage. Für Deutschland bedeuten die Verhandlungsergebnisse beispielsweise eine Reduktion für SO2 um 21 Prozent, von NOx um 39%, für NH3 um 5%, von VOCs um 13% und von PM 2,5 um 26% (siehe Übersichtstabelle)[1].

Multilateral gegen Ruß

Zudem haben sich die Vertragsstaaten darauf geeinigt, gemeinsam gegen klimaschädliche Rußpartikel ("black carbon") vorzugehen. "Dies ist ein wichtiger Schritt nach vorn für den Schutz der Gesundheit der Bürger und der Umwelt. Zum ersten Mal verfügen wir über ein internationales Abkommen, das den Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Klimawandel anerkennt. Mit der Zustimmung zur Regulierung von 'Black Carbon' - ein maßgeblicher Mitverurscaher des Klimawandels - werden wir sowohl auf lokaler und internationaler Ebene positive Auswirkungen erzielen", sagte EU-Umweltkommissar Janez Potocnik. Die USA haben signalisiert, ähnliche Reduktionswerte anzustreben wie die EU. EU bleibt hinter den eigenen Zielen zurück

Das Europäische Umweltbüro (EEB) reagierte enttäuscht auf den geringen Ehrgeiz der EU und sprach von einer "verpassten Chance". Die Reduktionswerte seien sogar geringer ausgefallen als bei den ohnehin vorgesehenen Maßnahmen bis 2020 voraussichtlich zu erreichen sind, wenn man die für das Gebiet der Europäischen Union vereinbarten Ziele betrachtet. zudem hätten einige Mitgliedtsaaten sogar versucht, bereits vereinbarte Ziele abzuschwächen. Das EEB hofft, dass die EU im nächsten Jahr - dem von Potocnik ausgerufenen "Jahr der Luft 2013" - schärfere Grenzwerte einführen wird. Dann soll nämlich die Richtlinie, die die nationalen Emissionshöchstgrenzen reguliert (NEC-Richtlinie) überarbeitet werden. Eine Orientierung am maximal erreichbaren Szenario könne pro Jahr rund 110-290 Milliarden Euro Gesundheitskosten einsparen helfen - ein Nutzen, der 55 Mal höher liege als die zu investierenden Kosten.

Zu den CLRTAP-Vertragsstaaten gehören neben den 27 EU-Mitgliedstaaten und der EU selbst auch Weißrussland, Kroatien, Norwegen und die Schweiz. Weitere Länder beabsichtigen, das Göteborg-Protokoll zu ratifizieren. Das Übereinkommen entstand 1979 im Rahmen der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE), das Göteborg-Protokoll wurde 1999 beschlossen und trat 2005 in Kraft. [jg]

[1] http://www.unece.org/fileadmin/DAM/press/pr2012/GothenburgProtocol_Table_Eng.pdf

UNECE-Pressemitteilung
http://www.unece.org/index.php?id=29858
Reaktion EU-Kommission/dänische Präsidentschaft: MEMO/12/308
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=MEMO/12/308&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en
Reaktion EEB
http://www.eeb.org/EEB/index.cfm/news-events/news/new-deal-on-air-pollution-is-a-missed-opportunity/

*

Quelle:
EU-News, 07.05.2012
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Mai 2012