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LUFT/478: Feinstaub gefährdet Großstädter in Europa (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände
EU-Koordination

EU-News - Donnerstag, 27. September 2012 / Emissionen

Feinstaub gefährdet Großstädter in Europa



Rund ein Drittel aller EU-GroßstadtbewohnerInnen ist zu hohen Feinstaubkonzentrationen ausgesetzt. Auch die Ozonwerte sind vielerorts alarmierend hoch. Das ist das Ergebnis eines Berichtes der Europäischen Umweltagentur (EEA) vom 24. September.

Der EEA-Bericht bezieht sich auf das Jahr 2010 und hat neben Feinstaub (PM) in der Größe von 10 und 2,5 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (µg/m3) auch Werte für bodennahes Ozon (O3), Stickstoffdioxid (NO2), das krebserregende Benzo(a)pyren sowie Schwefeldioxid (SO2) unter die Lupe genommen. Auch Kohlenmonoxid, Benzol und verschiedene Schwermetalle wurden untersucht.

Alarmierende Feinstaubwerte

Ginge es nach der Weltgesundheitsorganisation (WHO) müsste man in vielen europäischen Großstädten wohl Atemschutzmasken tragen: Denn 2010 waren zwischen 81 und 95 Prozent der StadtbewohnerInnen PM-Konzentrationen ausgesetzt, die über den Grenzwerten der WHO liegen. Die EU hat weitaus schwächere Grenzwerte entwickelt - doch nicht einmal diese wurden eingehalten. Ein Fünftel der Stadtbevölkerung (21 Prozent) waren 2010 zu hohen PM10-Werten ausgesetzt, weil die Tagesgrenzwerte überschritten wurden. Die Jahresgrenzwerte für PM2,5 wurden so oft überschritten, dass etwa 30 Prozent der EU-Stadtbevölkerung zu hohen Konzentrationen ausgesetzt war. Feinstaub kann wegen seiner geringen Größe über die Atemwege in den Körper gelangen und gilt deshalb als besonders gefährlicher Luftschadstoff.

Weitere Ergebnisse:
  • Fast alle StadtbewohnerInnen waren laut EEA-Bericht 2010 zu hohen Ozon-Werten (O3) ausgesetzt: 97 Prozent nach WHO-Grenzwerten und 17 Prozent, wenn man die EU-Grenzwerte zugrunde legt. O3 kann Atemprobleme verursachen, die Lebenserwartung verkürzen und schädigt die Ackerflächen.
  • Sieben Prozent der Stadtbevölkerung in Europa waren Stickstoffdioxid-Konzentrationen (NO2) über den EU-Grenzwerten ausgesetzt. Viele EU-Mitgliedstaaten können weder die EU-Werte noch die international festgelegten Konzentrationsgrenzwerte (Göteburg-Abkommen) einhalten. NO2 verursacht übermäßiges Pflanzen- und Algenwachstum in Gewässern (Eutrophierung) und trägt zur Bildung von PM und O3 sowie zur Versauerung von Böden und Gewässern bei.
  • Etwa ein Viertel der europäischen Stadtbevölkerungen war zwischen 2008 und 2010 zu hohen Werten für Benzo(a)pyren (BaP) ausgesetzt. BaP ist krebserregend (karzinogen). Der EU-Zielwert muss zwar erst bis 2013 erreicht werden, die Schädlichkeit jedoch steht jetzt schon fest.
  • Immerhin wurden bei den Schwefeldioxid-Werten (SO2) erstmals keinen SO2-Konzentrationen über dem EU-Grenzwert ausgesetzt. Laut EEA-Bericht ist das den EU-Rechtsvorschriften für Abgasreinigungstechnologien und dem niedrigeren Schwefelgehalt in Kraftstoffen zu verdanken.
  • Die Konzentrationen von Kohlenmonoxid (CO), Benzol und Schwermetallen wie Arsen, Cadmium, Nickel und Blei in der Außenluft sind laut EEA in der EU "generell niedrig, lokal begrenzt und nur vereinzelt auftretend mit einigen wenigen Überschreitungen der im EU-Recht festgesetzten Grenz- und Zielwerte".

EU plant Überarbeitung der Luftreinhaltevorschriften

Das Jahr 2013 hat EU-Umweltkommissar Janez Potocnik zum "Jahr der Luft" erklärt. Die EU-Kommission will einen besonderen Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Verringerung der Luftverschmutzung legen und unter anderem die Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen (NEC-Richtlinie) überarbeiten. Potocnik plant ein neues Innovationsprogramm für Unternehmen, um Luftqualitätsmaßnahmen zu fördern. Luftqualität sei außerdem ein sektorübergreifendes Thema - neben der EU-Verkehrspolitik seien viele weitere Bereiche verantwortlich. Maßnahmen gegen die hohen Ammoniak-Werte sollen über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) mitfinanziert werden, auch das Naturschutzförderprogramm LIFE+ biete Potenzial, die Luftqualität zu verbessern. "Um es klar zu sagen: es gibt kein Wachstum in der Zukunft, wenn es nicht Grünes Wachstum ist. Und der einzige Weg, grünes Wachstum zu erreichen ist ein gemeinsames Umschwenken auf Ressourceneffizienz, also unsere natürlichen Ressourcen viel effizienter zu nutzen", sagte der Umweltkommissar. Die EU könne es sich nicht leisten, nichts zu tun. [jg]

EEA-Bericht
http://www.eea.europa.eu/publications/air-quality-in-europe-2012
Pressemitteilung der EU-Kommission: IP/12/1002
http://www.eu-koordination.de/europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/12/1002&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en
Seite der EU zu Luftqualität
http://ec.europa.eu/environment/air/quality/index.htm
Seite der EEA zu Luftqualität
http://www.eea.europa.eu/themes/air
Rede Janez Potocnik (englisch)
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=SPEECH/12/635&format=HTML

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Quelle:
EU-News, 27.09.2012
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Oktober 2012