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MELDUNG/097: BUND beantragt einstweilige Anordnung auf Baustopp von Stuttgart 21 (BUND BW)


BUND Landesverband Baden-Württemberg - 21. Juni 2011

BUND beantragt einstweilige Anordnung auf Baustopp von Stuttgart 21

Notbremse gegen Missachtung des Planungsrechts und der Beteiligungsrechte des BUND durch die Bahn


Stuttgart. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND, Landesverband Baden-Württemberg, hat heute beim Verwaltungsgericht Stuttgart eine einstweilige Anordnung gegen das Eisenbahn-Bundesamt beantragt. "Mit diesem rechtlichen Schritt wollen wir das Eisenbahn-Bundesamt verpflichten, gegenüber der Deutschen Bahn anzuordnen, alle weiteren Baumaßnahmen am Projekt Stuttgart 21 mit sofortiger Wirkung zu untersagen", erläutert BUND-Landesgeschäftsführer Berthold Frieß. Dieser Baustopp müsse solange gelten, bis in einem neuen Planfeststellungsverfahren über die Anträge der Deutschen Bahn auf erhöhte Grundwasserförderung und - entnahme rechtswirksam entschieden wird. Auch die Deutsche Bahn sei an Recht und Gesetz gebunden. "Mit unserer einstweiligen Anordnung ziehen wir die Notbremse gegenüber der Untätigkeit und Mutlosigkeit des für die Durchsetzung des Planungsrechtes bei der Bahn zuständigen Eisenbahn-Bundesamtes", erklärt Frieß. Die Bahn habe vor wenigen Tagen die Bauarbeiten am Projekt Stuttgart 21 wieder aufgenommen, ohne die Genehmigung der beantragten Änderungen am Grundwassermanagement abzuwarten. Damit wolle die Bahn weitere, später unumkehrbare Fakten schaffen.

"Das ist eindeutig rechtswidrig. Die Absicht, etwa doppelt so viel Grundwasser wie ursprünglich geplant zu entnehmen, ist wesentlich, hat erheblichen Einfluss auf die Gesamtabwägung des Vorhabens und berührt somit die Grundzüge der gesamten Planung von Stuttgart 21", erklärt Sylvia Pilarsky-Grosch, Rechtsanwältin und Rechtsreferentin des BUND. Eine solch gravierende Änderung sei nur mit einem neuen Planfeststellungsverfahren möglich. "Das Vorhaben darf in den geänderten Teilen nicht umgesetzt werden. Baumaßnahmen, wie die Verlegung von Leitungen zum Grundwassermanagement, sind mithin ohne die Änderung des Planfeststellungsbeschlusses und der wasserrechtlichen Erlaubnis unzulässig. Denn das Grundwassermanagement ist zentral von der beantragten Änderung betroffen. Dasselbe gilt für alle anderen Baumaßnahmen, die in irgendeiner Weise auf die Wasserwirtschaft einwirken", so Pilarsky-Grosch. Sie weist auch darauf hin, dass der Verzicht auf ein neues Planfeststellungsverfahren gegen das Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung verstößt und auch damit die gesetzlich verbrieften Beteiligungsrechte des BUND unterläuft. Gerade durch die nunmehr vorgenommenen Arbeiten werde bereits in Natur und Landschaft eingegriffen. Auch diese Eingriffe seien nur gerechtfertigt, wenn diese in einem neuen Planfeststellungsverfahren neu abgewogen werden.

Die veränderte Grundwasserförderung und -entnahme ist im Ergebnis geeignet, die Auswirkungen der wasserwirtschaftlichen Eingriffe auf die Wasserwirtschaft und sonstige Belange wie Naturschutz, Stadtklima und Landschaftsbild erheblich zu verändern. "Durch eine weitere Absenkung des Grundwassers könnte die Umgebung der Baustellen trockengelegt werden, welches beispielsweise Auswirkungen auf den Baumbestand hätte, möglicherweise bis hin zum Rosensteinpark, der ein europäisches Naturschutzgebiet ist. Ebenso könnte sich die erhöhte Entnahme auch auf die Standfestigkeit von Gebäuden auswirken und auf die Stuttgarter Mineralquellen", so Frieß. Er weist darauf hin, dass für die Vorhersage der Grundwasserabsenkung im ursprünglichen Planfeststellungsverfahren höchst aufwendige Computersimulationen und Grundwassermodellierungen erforderlich waren. "Der Umstand, dass nun plötzlich die doppelte Menge Grundwasser abgepumpt, gereinigt und wieder eingeleitet werden muss, wirft auch Fragen nach der Richtigkeit der damaligen Simulationen auf. Wir erwarten, dass die gesamten wasserwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in einem neuen Verfahren erneut geprüft werden", fordert Frieß. In der Vergangenheit wurde der Schutz des Grund- und Mineralwassers auch von den Projektträger immer wieder als entscheidendes K.O.-Kriterium für Stuttgart 21 genannt - jetzt wird es Ernst und wir erwarten, dass alle Fakten in einem neuen Verfahren auf den Prüfstand kommen.


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Quelle:
Presseinformation, 21. Juni 2011
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juni 2011