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RECHT/132: Urantransport - Kletteraktivistin setzt sich erneut durch (Cécile Lecomte)


Cécile Lecomte - Pressemitteilung - Dienstag, 12. August 2009

Urantransport: Kletteraktivistin setzt sich erneut durch

Landkreis nimmt sein Kostenbescheid zurück - die Staatsanwaltschaft zielt weiterhin auf eine Verurteilung


Die Bilder sind haften geblieben. In der Nacht zum 17. Januar 2008 protestierte die Kletteraktivistin Cécile Lecomte in luftiger Höhe über die Bahnschiene bei Steinfurt gegen den Export von radioaktivem Müll in Form von UF6 nach Russland durch die Urenco.

Das war freie Meinungsäußerung urteilte das Steinfurter Amtsgericht am 4. Juni 2009. Damit wurde die Aktivistin vom Vorwurf der Nötigung frei gesprochen. Über einen weiteren Erfolg kann sich die Aktivistin nun freuen: Der Landkeis Steinfurt hatte ihr in Februar 2008 einen Kostenbescheid für die Bereitstellung eines - nicht benutzten - Krankenwagens zugestellt. Lecomte zahlte nicht und ließ sich weder vom Besuch des Gerichtsvollziehers noch von einem Rechtsstreit abschrecken. Sie reichte Klage gegen den Bescheid beim Verwaltungsgericht ein und erklärte, nicht sie, sondern die Polizei habe den Wagen angefordert. Nach etwas Hin und Her zwischen Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht kam heraus, dass die Klage Lecomtes tatsächlich zum Erfolg kommen könnte. Daraufhin nahm der Landkreis seine Forderung zurück, um den Streit nicht unnötig in die Länge zu ziehen.

Anders verhält sich aber die Münsteraner Straatsanwaltschaft in dieser Sache: gegen den Freispruch vom 4 Juni durch das Amtsgericht Steinfurt legte sie Rechtsmittel ein. Es ist in den nächsten Monaten mit einer Berufungsverhandlung zu rechnen.

Hinzu kommt einen neuen Versuch der Staatsanwaltschaft, eine Verurteilung zu erzielen. Vergangenem Samstag erhielt die Kletterkünstlerin einen Strafbefehl in Höhe von 40 Tagesätze. Die Urenco hat angekündigt, den Urantransporten nach Russland bald ein Ende zu setzen. Dafür soll aber Uranmüll nun nach Frankreich transportiert werden. Am 28. April dieses Jahres konnte die Kletteraktivistin gegen einen von diesen Transporten ein Zeichen setzen. Sie seilte sich von einer Autobahnbrücke bei Münster Häger über die Bahnlinie ab, sang Lieder und schwenkte ein kleines Transparent. Im Zuge dieser Protestaktion soll sie, so die Staatsanwaltschaft, einen Polizist verbal genötigt haben.

Im Bezug auf Lecomtes Protestaktion von Januar 2008 hatte sich das Amtsgericht Steinfurt noch geweigert, den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls wegen Nötigung (des Lockführers) zuzustimmen. Dieses mal sieht es anders aus: Durch Richterin am Amtsgericht Terhechte wurde dem Antrag der Staatsanwaltschaft statt gegeben.

" natürlich lege ich umgehend Einspruch ein", erklärt Cécile Lecomte. Und sie Fährt fort: "eine derartige Ausdehnung des Nötgungsvorwurfes halte ich für verfassungswidrig. Ich finde es schon beeindruckend, wie akribisch die Staatsanwaltschaft an der Kriminalisierung von friedlichem Protest bastelt. Ich weiß jedoch wofür ich stehe und sehe eine Gerichtsverhandlung als eine Fortsetzung meiner politischen Handlung."

Matthias Eickhoff, von SOFA bekräftigt Lecomtes Einschätzung: "Offensichtlich ist dies ein neuer Dreh, um den Widerstand gegen die Urantransporte zu kriminalisieren, weil die Aktionen als solche bisher weder als Straftat noch als Ordnungswidrigkeit eingestuft wurden." Letztes Jahr klagte ihm die Staatsanwaltschaft bereits wegen verbaler Nötigung einem Polizist gegenüber an. Sie musste aber letztendlich ihre Anklage zurücknehmen.

Einen Termin für die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Münster gibt es noch nicht.

www.eichhoernchen.ouvaton.org/deutsch/anti-atom/Luftakrobatik-Atomtransporte.html


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Quelle:
Pressemitteilung, 12.08.2009
Cécile Lecomte
Internet: www.eichhoernchen.ouvaton.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. August 2009