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STADT/167: BISS und BUND - Weiterbau der A 100 in Berlin nicht stadtverträglich (BUND BE)


BUND Landesverband Berlin e.V. - Pressemitteilung - Berlin, 18. März 2009

BISS und BUND: A100 ist nur Fluch und kein Segen!

Widerstand wächst in Treptow / Klägerinnen in der Elsenstraße stehen bereit
Symbolischer Trauermarsch gegen Fällung der Platanen am Samstag, dem 21. März


Die Bürgerinitiative Stadtring Süd (BISS) und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Berlin) kritisieren die Planungen des Senats für den Weiterbau der A100 als nicht stadtverträglich. Zudem verstößt das Projekt gegen EU-Recht, weil die Grenzwerte für Feinstaub in der Elsenstraße überschritten würden.

Laut Planungsunterlagen des Senates werden durch den 16. Bauabschnitt von der Grenzallee bis zur Anschlussstelle "Am Treptower Park" 11.100 Anwohner belastet und 27.100 entlastet. Dabei wurden alle Straßen erfasst, in denen das Verkehrsaufkommen sich um mehr als 500 Fahrzeuge ändert. Der BUND hält diesen Indikator für ungeeignet. Denn die Wahrnehmbarkeitsschwelle für Lärm wäre dafür aussagekräftiger und liegt bei ca. 2,5 dB(A). Zudem werden die "erwarteten" Entlastungen im Innenstadtbereich, die das Autobahnprojekt rechtfertigen sollen, nicht mit Zahlen belegt. So würden vorwiegend Straßen wie die Puschkinallee und die Bulgarische Straße entlastet, die keine oder nur eine einseitige Randbebauung (Straße Am Treptower Park) aufweisen. Die Grenzallee verläuft größtenteils durch ein Gewerbegebiet; der Dammweg hat Zeilenbebauung und ist nur einspurig. Im bebauten Bereich gilt dort wegen einer Schule bereits tagsüber Tempo 30.

Die Entlastungen der Hermannstraße (- 8%), der Karl-Marx-Straße (- 4%) und der Sonnenallee (-2%!) sind irrelevant, weil diese geringfügigen Verkehrsabnahmen weder eine merkbare Lärmentlastung bringen, noch die Chance zum Straßenumbau eröffnen. Für die Schlesische Straße zweifelt der BUND die Prognose an und erwartet dort eher eine deutliche Zunahme des Verkehrs.

Martin Schlegel: Referent für Verkehrspolitik des BUND: "Dies bedeutet, dass an den Straßen mit den deutlichsten Entlastungen, die wenigsten Menschen wohnen, und dort, wo die meisten Menschen wohnen, am wenigsten entlastet wird. Auch die vermeintlichen Entlastungen in der Innenstadt werden nicht durch Berechnungen belegt.

Zusätzlich fehlen in der Tabelle "Belastungen" die Elsenstraße zwischen "Am Treptower Park" und Puschkinallee, der Markgrafendamm sowie die beiden Abschnitte der Sonnenallee nördlich der Ringbahn, die alle eine Verkehrszunahme aufweisen. Der erstgenannte Abschnitt soll immerhin eine Verdoppelung des Verkehrs vertragen, obwohl sich dort 50 Seniorenwohnungen befinden."

Es fehlt in den Unterlagen auch die Bouchéstraße, auf der wegen der Überlastung am Knoten Am Treptower Park / Elsenstraße erheblich mehr Verkehr aus der Wildenbruchstraße ausweichen wird. Dies bedeutet eine hohe Belastung für die Schülerinnen und Schüler der Grundschule in der Bouchéstraße sowie eine wachsende Gefährdung durch Autokolonnen.

In mehreren Straßen würden nach der Verlängerung der A100 die Grenzwerte für Feinstaub (PM10) und Stickstoffdioxid (NO2) überschritten; so in der Elsenstraße zwischen Puschkinallee und Am Treptower Park in Treptow. Dort wird sich der Verkehr durch den Bau der neuen Autobahn fast verdoppeln: Für den Nullfall werden 33.800 Fahrzeuge prognostiziert für den Planfall 63.100. Martin Schlegel: Referent für Verkehrspolitik des BUND: "Dies ist nach unserer Auffassung unzulässig, da eine Verlagerung von Verkehr in Straßen, in denen die Grenzwerte bereits überschritten sind oder dann überschritten werden laut Bundesimmissionsschutzgesetz nicht zulässig ist. Beim BUND haben sich bislang drei Anwohnerinnen der Elsenstraße gemeldet, die auf Einhaltung dieser Grenzwerte klagen werden. Überschreitungen gäbe es auch in der Stralauer Allee, der Sonnenallee und dem Markgrafendamm."

Wegen der Unterquerung der Ringbahn dürfen sich die S-Bahnfahrgäste auf 40 Wochenendunterbrechungen und eine sechswöchige Vollsperrung des S-Bahnrings zwischen Treptower Park und Neukölln einstellen, so jedenfalls stellt sich die jetzige Bauplanung dar. In der Elsenstraße soll die bisherige Busspur in eine allgemeine Fahrspur umgewandelt werden, um Platz für vier (!!) Linksabbiege-Spuren zu schaffen. Mehrere Buslinien (z. Zt. 104, 167, 194) werden dadurch in den A 100-Stau gestellt. Dadurch entfällt für diese Buslinien nicht nur die Beschleunigung, sondern auch der passende Anschluss. Ein neues Haltestellenkonzept der BVG für den Busknoten Treptow liegt bisher nicht vor.

Die beiden Platanen-Alleen "Am Treptower Park" und Puschkinallee, die den Schlesischen Busch mit dem Treptower Park verbinden, haben hohen historischen Wert. Sie wurden von Gustav Meyer, einem Schüler und Mitarbeiter von Peter Joseph Lenné 1876-1888 angelegt. Die beiden Alleen sind deswegen Gartendenkmäler des Landes Berlin. Für den 16. Bauabschnitt der Stadtautobahn soll eine geschlossene Reihe von zehn Platanen und vier Einzelexemplaren in der Straße "Am Treptower Park" gefällt werden. Gegen diese Fällungen wendet sich eine Demonstration am nächsten Samstag, den 21. März um 13.00 Uhr. Für den Weiterbau in Richtung Frankfurter Allee, müssten auch mehrere Platanen an der Puschkinallee fallen. Das beliebte Naherholungsgebiet und Gartendenkmal Treptower Park würde vom Ortskern regelrecht abgeschnitten. Das bisherige grüne Stadtbild wird unwiederbringlich zerstört.

Birte Rodenberg von der BISS stellt die neue Zeitung vor, die in einer Auflage von über 20.000 Exemplaren in den an der Trasse angrenzenden Straßen verteilt wurde. Die Publikation informiert zum einen über den Weiterbau und dessen Folgen in allen betroffenen Ortsteilen: Neukölln, Treptow, Kreuzberg und Friedrichshain. Zum anderen will die BISS mit der Zeitung dazu beitragen, mehr Öffentlichkeit und Transparenz in ein höchst bürokratisches Verfahren hinein zu bringen, um wesentlich mehr Menschen die Möglichkeit zu eröffnen, sich an einem komplizierten und zum Teil auch "abschreckenden" fachlichen Prozess zu beteiligen, sich einzumischen und ihrer persönlichen Betroffenheit in politischen Diskussionen Ausdruck zu verleihen.

Birte Rodenberg, BISS: "Die Zugriffe auf unsere Website haben sich seit Beginn des Verfahrens vervielfacht. Hier finden die Betroffenen wichtige Textbausteine für ihre Einwendung. Doch stellen wir in unserer Arbeit vor Ort immer wieder fest, dass viele Menschen noch gar nicht wissen, was auf sie durch die Trassenverlängerung zukommt. Vor allem ältere Menschen aus dem Kiez, die durch die Trasse massiv in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt werden, werden über die üblichen Medien nicht erreicht. Mit der Zeitung möchten wir darüber informieren, wie sich Bürgerinnen und Bürger am Planfeststellungsverfahren mit einer Einwendung beteiligen können und eine Hilfestellung beim Schreiben der Einwendungen anbieten.


Service:
Die Auslegung der Unterlagen erfolgt vom 9. März bis zum 9. April 2009 im Rathaus Treptow (Neue Krugallee 4) Raum 22 (mit Kopierservice und fachlicher Betreuung durch die Senatsverwaltung) und im Rathaus Neukölln (Karl-Marx-Str. 83) Raum N 6006 Mo-Mi 9-16 Uhr, do 9-18 Uhr und Fr 9-14 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung

Einwendungen per Post an:
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Württembergische Str. 6, 10707 Berlin

Die Bürgerinitiative BISS bietet während des Planfeststellungsverfahrens eine Bürgersprechstunde an:
jeden Donnerstag von 18 Uhr bis 20 Uhr in der Nachbarschaftsgalerie, Karl-Kunger-Straße 15 in Berlin-Treptow BISS-Bürgertelefon: (030) 70121004

Wer sich gegen die A 100 engagieren möchte, sollte sich beim BUND melden:
Kontakt: Martin Schlegel: (030) 78 79 00 17; E-mail: mschlegel@BUND-Berlin.de


Einladung zu einem symbolischen Trauermarsch für die durch den Ausbau der A100 bedrohten Bäume am Treptower Park sowie Teile der denkmalgeschützten Platanenallee

Samstag, 21. März 2009, 13.00 Uhr

Ort: Straße Am Treptower Park/Ecke Matthesstraße


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Quelle:
Presseinformation Info 9, 18.03.2009
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
Landesverband Berlin
Crellestraße 35, D-10827 Berlin
Tel. 030/78 79 00-0, Fax: 030/78 79 00-18
E-Mail: kontakt@bund-berlin.de
Internet: www.bund-berlin.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. März 2009