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STADT/199: Verbändekampagne fordert striktere Umweltzone in Stuttgart (DUH)


Deutsche Umwelthilfe e.V. - 22. Juli 2009

Verbändekampagne fordert striktere Umweltzone in Stuttgart und Wiedereinführung des LKW-Fahrverbots


Dieselruß schadet nicht nur der Gesundheit, sondern auch dem Klima - Stuttgart braucht neue Verkehrspolitik, die Klimaschutz und Rußminderung integriert - neue Verbändekampagne fordert die Ausrüstung aller Dieselmotoren mit wirksamen Rußfiltern Stuttgart

Stuttgart, 22. Juli 2009: Die Kampagne "Rußfrei fürs Klima" bewertete heute in Stuttgart die bisherigen Anstrengungen der Stadt Stuttgart, die gesundheits- und klimaschädlichen Emissionen aus dem Verkehr zu reduzieren, als unzureichend. Stuttgart überschreite seit Jahren konstant die maximal erlaubte Anzahl von Tagen mit Schadstoffemissionen. Insbesondere die Feinstaub- und Stickstoffdioxid-Bilanz sei ein Trauerspiel.

Nach Ansicht der Umweltverbände reichen die bisherigen Maßnahmen im Rahmen des Luftreinhalte- und Aktionsplans der Stadt bei Weitem nicht aus, die hohe Schadstoffbelastung in der Luft effektiv zu bekämpfen.

Weil Ruß aus den Auspuffen von Dieselmotoren neben Kohlendioxid stark zur globalen Erwärmung beiträgt, müsse auch die Rußminderung in Stuttgart aus Gründen des Klimaschutzes beschleunigt werden. Hintergrund der Forderung der Verbände-Kampagne sind neueste wissenschaftliche Erkenntnisse, die deutliche Auswirkungen von Ruß auf das Weltklima belegen.

Laut Dr. Axel Friedrich, internationaler Verkehrsexperte, ist Ruß (engl. Black Carbon) mittlerweile in der Fachwelt neben Kohlendioxid als wesentlicher Klimatreiber identifiziert. Verkehr sei in Europa der Hauptemittent von Ruß und mitverantwortlich für das beunruhigend schnelle Abschmelzen des Arktiseises und der Inlandgletscher wie in den Alpen. "Wir müssen schnell handeln, um die Rußemissionen flächendeckend drastisch zu verringern. Der erste Schritt ist das Nachrüsten aller Dieselmotoren mit wirksamen Rußfiltern, also nicht nur Pkw und Nutzfahrzeuge, sondern auch stationäre (Bau-)Maschinen, Schienenfahrzeuge und Schiffsmotoren, die mit Diesel betrieben werden", so Friedrich.

Die bisherige Politik der Stadt Stuttgart zur Reduktion von Ruß sei unzureichend, sagte auch Dr. Andre Baumann, Landesvorsitzender des NABU Baden-Württemberg: "Die Stuttgarter Umweltzone ist leider mit ihren aktuellen Regelungen nur ein Alibi-Projekt. Zahlreiche Ausnahmeregelungen und die späte Einführung der zweiten Stufe 2012 zeigen, dass bisher der Wille und der Mut fehlen, die Interessen der Einwohner in Sachen Gesundheit und Klimaschutz gegen die Auto- und Lkw-Lobby zu vertreten." Die Erkenntnisse zur Klimawirksamkeit von Ruß dulden nun jedoch keine Ausreden mehr, sondern verlangen entschlossenes Handeln. "Stuttgart braucht ab 2010 eine striktere Umweltzone, die nur noch Autos mit grüner Plakette erlaubt", so Baumann. Zudem müsse der heutige Flickenteppich von Umweltzonen durch eine einheitliche Umweltzone für die gesamte Region Stuttgart, die alle Hauptverkehrsstraßen umfasst, ersetzt werden.

Matthias Lieb, Landesvorsitzender des VCD Baden-Württemberg, verlangt vom Stuttgarter Gemeinderat die Wiedereinsetzung des Lkw-Durchfahrtverbots. Um den Bürgerinnen und Bürgern Alternativen zum Auto zu bieten, sei es an Stuttgart, den ÖPNV konsequent voranzutreiben.

Der neue Gemeinderat, in der die stärkste Fraktion von einer Umweltpartei gestellt wird, müsse den Mut haben, den Klima- und Gesundheitsschutz zur Chefsache zu machen. Lieb: "Das LKW-Durchfahrtsverbot würde sofort messbare Erfolge erzielen. Zur Förderung des ÖPNV brauchen wir eine einheitliche städtische Tarifzone sowie die Ausdehnung des 15-Minuten-Takts von S-Bahnen und Bussen in die Abendstunden." Diese Maßnahmen würden zu mehr Klima- und Gesundheitsschutz in der Landeshauptstadt führen, erklärte Lieb.

Gerhard Pfeifer, Geschäftsführer des BUND-Regionalverbands Stuttgart, kritisierte, dass der Radverkehr im Stuttgarter Luftreinhalteplan (LRP) nicht einmal auftauche. Dabei könne auch das hügelige Stuttgart von technischen Neuerungen wie den durch Elektromotoren unterstützten Fahrrädern (Pedelecs) profitieren und dadurch "Radverkehrsanteile von 15 bis 20 Prozent erreichen wie die meisten deutschen Großstädte".

Eine derartige Steigerung sei aber nur möglich, wenn das Geschwindigkeitsniveau der Autos im gesamten Stadtgebiet auf Tempo 30 gesenkt werde. Diese führe zu einer Verstetigung des Verkehrs und damit auch zur Senkung von Spritverbrauch und dem Ausstoß von Schadstoffen.

Als Vertreterin der Kampagne betonte Lucienne Damm, NABU-Verkehrsexpertin, dass sich Stuttgart an Berlin ein Beispiel nehmen müsse. Dort konnten die Rußemissionen seit Einführung der Umweltzone um ein Viertel gesenkt werden und ab 2010 dürfen nur noch Autos mit grüner Plakette in die Umweltzone einfahren. "Die Berliner Erfahrungen zeigen: Umweltzonen sind ein wirksames Instrument für Klimaschutz und Gesundheitsvorsorge. Stuttgart muss mit umfassenden Maßnahmen auch im Nahverkehrsbereich nachlegen, sonst bleibt sie trauriger Spitzenreiter bei den schmutzigsten Städten Deutschlands", so Damm.


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Quelle:
DUH-Pressemitteilung, 22.07.2009
Deutsche Umwelthilfe e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juli 2009