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STADT/274: "Stufenmodell" für ein Berliner Klimaschutzgesetz für den Gebäudebestand (BUND BE)


BUND Landesverband Berlin e.V. - Pressemitteilung - Berlin, 7. September 2010

Für ein wirksames, ökonomisches und sozial verträgliches Klimaschutzgesetz

BUND Berlin, Berliner Mieterverein und IHK Berlin stellen ausgearbeitetes "Stufenmodell" für ein Berliner Klimaschutzgesetz vor.


BUND Berlin, Berliner Mieterverein und IHK Berlin haben mit ihrem Vorschlag für ein Stufenmodell die Grundlage für ein notwendiges und wirkungsvolles Klimaschutzgesetz für den Gebäudebestand in Berlin vorgelegt. Die Partner haben das zunächst theoretische Modell mit Fachexperten aus Wissenschaft und Praxis, juristischem Beistand und einem Simulationsprogramm weiterentwickelt und nun konkrete Werte festgelegt.

"Mit unserem differenzierten Stufenmodell sind die politischen Klimaschutzziele zu erreichen. Es ist die Grundlage dafür, Investitionen in Klimaschutz gezielt und intelligent einzusetzen. Gleichzeitig unterstützt es das Ziel, die Umstellung der Energieversorgung mit Erneuerbaren Energien voranzutreiben", so Andreas Jarfe, Landesgeschäftsführer des BUND Berlin.

IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder betonte, dass die Autoren bei der Weiterentwicklung des Stufenmodells einen Schwerpunkt auf technologieoffene und ökonomisch vertretbare Lösungen gelegt haben: "Gerade im Nichtwohngebäudebereich sind die Voraussetzungen im Gebäudebestand sehr unterschiedlich. Hier macht das Stufenmodell deutlich differenziertere Vorschläge als die bisherigen Entwürfe des Senats." Eder verwies darauf, dass die langfristige Anlage des Stufenmodells den Klimaschutzbemühungen in der Wirtschaft entgegen kommt. "Unternehmen wollen in Klimaschutz und Energieeffizienz investieren. Aber sie brauchen langfristige politische Orientierung. Und sie wollen selbst entscheiden können, mit welchen Maßnahmen sie diesen Beitrag leisten. Diesem Anspruch wird das Stufenmodell gerecht", sagte Eder. Die IHK hat darüber hinaus in einem Rechtsgutachten prüfen lassen, dass die Idee eines Stufenmodells nicht mit dem verfassungsrechtlich geschützten Grundrecht auf Eigentum kollidiert.

"Mit dem Stufenmodell werden die Mieter nicht überfordert. Die gestuften Grenzwerte können auch durch geringinvestive Maßnahmen erreicht werden, die nur zu minimalen Mietsteigerungen führen. Über eine Härteklausel stellen wir zudem klar, dass nur solche energetischen Investitionen verpflichtend werden, die in einem speziellen Verhältnis zu den eingesparten Heizkosten stehen. Wir orientieren uns damit an einem viele Jahre lang gültigen Rechtsentscheid, der eine mietrechtliche Kappung der Mietsteigerungen nach Energieeinsparungen absicherte. Wir rechnen mit jährlichen Energiepreissteigerungen zwischen 5 und 10%. im Mittel. Deshalb gibt es zur energetischen Gebäudesanierung keine Alternative, zumal die eingesparten Heizkosten bei höheren Energiepreisen direkt dem Mieter zugute kommen. Für einkommensschwache Haushalte fordern wir zudem einen Klimabonus, der einen erhöhten Zuschuss bei den Kosten der Unterkunft für Empfänger von Arbeitslosengeld II und Grundsicherung beinhalten soll.", so Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins.


Hintergrund

Das fertig gestellte Stufenmodell gibt Gebäudeeigentümern Planungssicherheit und zugleich Wahlfreiheit und Technologieoffenheit. Auch Mieter und selbstnutzende Eigentümer werden dabei nicht überfordert. Die gewählten Ziele unterstützen das politische Klimaschutzziel, bis 2030 50 Prozent CO2 einzusparen. Dies ist sogar unter Einsatz schon heute verfügbarer Technik möglich.

In vier Stufen à fünf Jahren werden die energetischen Anforderungen an Bestandsgebäude mittels Grenzwerten stufenweise erhöht. Die Einhaltung der jeweiligen Grenzwerte kann dabei bereits durch kleinere Investitionen und den Stufen folgenden Maßnahmen erfolgen. Durch die Vorgabe eines energetischen und eines umweltpolitischen Ziels können die Gebäudeeigentümer die Grenzwerte sowohl mittels Maßnahmen zur Wärmedämmung als auch durch den Einsatz von Regenerativen Energien zur Wärmegewinnung, effizienterer Heizungstechnik oder Kombinationen von Maßnahmen einhalten.

In der ersten Stufe können die Gebäudeeigentümer zwischen einem Grenzwert von 200 kWh/(m2/a) Energiebedarf (betroffen sind rund. 5% des Berliner Wohngebäudebestandes) oder einem Ausstoß von maximal 75 kg CO2/(m2/a) wählen. Ein unsaniertes Haus mit Ölheizung müsste ca. 11% Wärmeenergie einsparen oder diesen Anteil durch Erneuerbare Energie ersetzen, um den Grenzwert von 75 kg CO2/(m2/a) einzuhalten. Schon mit dieser ersten Stufe werden rund 4 Prozent des Wärme-Energieverbrauchs im Wohnungsbestand gesenkt. Für den Berliner Gebäudebestand ist in der ersten Stufe mit Investitionen in einer Höhe von 116 Millionen Euro zu rechnen. Gleichzeitig ließen sich aber Energiekosten in Höhe von 53 Millionen Euro pro Jahr nach der Sanierung einsparen. Damit amortisieren sich diese Investitionen schon nach zwei Jahren. Bei den folgenden Stufen erhöhen sich die notwendigen Investitionssummen. Auch hier ist jedoch von einer Amortisation durch Energieeinsparungen spätestens nach 8 Jahren auszugehen.

Durch eine Härtefallregelung im Stufenmodell ist sichergestellt, dass Mietsteigerungen durch die energetische Sanierung nur vorgenommen werden, wenn gleichzeitig relevante Einsparungen bei den Energiekosten entstehen. BUND Berlin, Berliner Mieterverein und IHK Berlin stellen aufgrund vorliegender Daten sicher, dass bei maximaler Sanierung - die durch die Vorgaben des Stufenmodells nicht zwingend ausgelöst wird - Mehrkosten von einem Euro pro Quadratmeter im Monat nicht überschritten werden.

Für die Gewerbe- und Industriegebäude wird eine vergleichbare Lösung vorgeschlagen. Statt einheitlicher Grenzwerte wird hier aufgrund der hohen Unterschiede der Gebäude mit Relativwerten gegenüber dem in der Energieeinsparverordnung aufgeführten Referenzgebäude und bekannten Vergleichswerten operiert. Analog zur Regelung für Wohngebäude verschärfen sich diese Relativwerte stufenweise um jeweils 20%. Für Industriegebäude mit ihrer sehr individuellen Ausgangslage besteht zusätzlich die Möglichkeit, die Anforderungen des Stufenmodells durch Vorlage eines bedarfsbezogenen Energieausweises und Umsetzung der darin enthaltenen Maßnahmenempfehlungen zu erfüllen.

Weitere Informationen auch unter: www.stufenmodell.de


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Quelle:
Presseinformation Info 34/Berlin, 7. September 2010
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
Landesverband Berlin
Crellestraße 35, D-10827 Berlin
Tel. 030/78 79 00-0, Fax: 030/78 79 00-18
E-Mail: kontakt@bund-berlin.de
Internet: www.bund-berlin.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. September 2010