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UNO/212: Rio+20 - UN-Hochkommissar für kommende Generationen gefordert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. Juni 2012

Umwelt: Fürsprecher für Erben der Umweltzerstörung - UN-Hochkommissar für kommende Generationen gefordert

von Stephen Leahy



Uxbride, Kanada, 7. Juni (IPS) - Das Thema der UN-Nachhaltigkeitskonferenz 'Rio+20' lautet 'The Future We Want'. Künftige Generationen, die Erben der Umweltprobleme, spielen auf dem Großereignis jedoch keine Rolle und werden auch nicht durch einen Sprecher vertreten. Rio+20 soll dieses Defizit beheben. So wird der Ruf nach einem UN-Hochkommissar, der die Interessen junger Leute vertritt, immer lauter.

"Ich wurde 1992, im Jahr des Erdgipfels in Rio, geboren", sagte Vincent Wong aus Kanada. "Seitdem hat sich die Welt sehr verändert." Wong wird mit einer Delegation der kanadischen Organisation 'Students on Ice' nach Rio fahren. "Wir wollen die Stimme unserer Generation einbringen. Schließlich werden dort Entscheidungen in unserem Namen getroffen."

Nach Ansicht von Kathleen Dean Moore, Philosophie-Professorin an der 'Oregon State University', ist es eine große Ungerechtigkeit, dass die kommenden Generationen für die Umweltsünden ihrer Vorfahren büßen müssen, aber an der Entwicklung von Strategien gegen den Klimawandel und die Ausbeutung der Rohstoffe nicht beteiligt werden. "Von der Ausplünderung der Erde haben sie gar nichts, müssen aber die Konsequenzen von Fluten, Dürren, unterbrochenen Nahrungsketten, Engpässen und extremem Wetter tragen."

Bislang sei weder im System der Vereinten Nationen oder in einzelnen Staaten das Amt eines Jugendkommissars eingerichtet worden, kritisierte Alice Vincent vom Weltzukunftsrat (WFC) in London. Ausnahmen wie die Existenz einer Ombudsperson für künftige Generationen in Ungarn bestätigten die Regel.


Vorschlag in 'zero draft' aufgenommen

Der WFC ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Hamburg und London, die die Interessen junger Menschen in den Fokus der Politik rücken will. In Zusammenarbeit mit anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen hat er es geschafft, dass der Vorschlag zu einem Jugendkommissar in den Entwurf des Rio+20-Abschlussdokuments aufgenommen wurde.

Zu der Megaveranstaltung in Brasilien werden etwa 50.000 Teilnehmer erwartet, darunter rund 130 Staats- und Regierungschefs. Russlands Präsident Wladimir Putin hat sein Kommen zugesagt, ebenso der chinesische Regierungschef Wen Jiabao und sein indischer Amtskollege Manmohan Singh. US-Präsident Barack Obama, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der britische Premierminister David Cameron haben inzwischen ihre Teilnahme abgesagt.

Der historische Erdgipfel vor 20 Jahren hatte zu drei großen internationalen Abkommen über Klimawandel, Artenschutz und Wüstenbildung geführt. Das Zustandekommen eines internationalen Vertrags auf der Rio+20-Konferenz wird nicht erwartet. Wohl soll das Abschlussdokument als Fahrplan auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung dienen. Darin werden Einzelheiten über das Konzept einer 'grünen Wirtschaft' aufgenommen. Möglicherweise werden auch nachhaltige Entwicklungsziele und ein Zeitplan zu deren Erreichung in das Dokument aufgenommen.

Über den so genannten 'zero draft' ist in den vergangenen Wochen intensiv verhandelt worden. Die von den UN-Mitgliedstaaten und den großen zivilgesellschaftlichen Organisationen eingebrachten Empfehlungen hatten den Umfang des Dokuments auf rund 4.000 Seiten aufgebläht.

Die letzte bekanntgewordene Version umfasst 80 Seiten, verheißt aber keinen Konsens. Angesichts der anhaltenden Meinungsverschiedenheiten hatte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon vom 29. Mai bis 2. Juni eine Dringlichkeitssitzung am UN-Hauptsitz in New York einberufen, die aber weitgehend ergebnislos blieb. Angestrebt wird ein höchstens 20-seitiges Abschlussdokument, über das die Staats- und Regierungschefs abstimmen sollen.

"Unser Vorschlag für einen neuen Hochkommissar ist zwar erhalten geblieben, jedoch geschwächt worden", sagte Vincent. In der Version vom 28. Mai hieß es lapidar, die Einberufung eines hochrangigen Vertreters für nachhaltige Entwicklung und künftige Generationen werde in Erwägung gezogen. Anders als ein Hochkommissar wäre dieser Repräsentant wahrscheinlich nicht unabhängig, sondern würde einer bestehenden UN-Behörde untergeordnet.


Multi-disziplinärer Ansatz

Vincent ist jedoch der Ansicht, dass der Hochkommissar ein starkes Mandat benötigen würde, um seine Ziele verfolgen zu können. Nach ihren Vorstellungen sollte er ein kleines Büro mit etwa zehn Mitarbeitern erhalten, die auf unterschiedlichen Gebieten mit bestehenden Institutionen zusammenarbeiten. Das Budget veranschlagte sie mit jährlich zwei bis drei Millionen US-Dollar. Die WFC-Aktivistin erhofft sich davon auch eine Förderung der gesellschaftlichen Partizipation.

Laut der Philosophieprofessorin Moore unterstützt die Europäische Union den Vorschlag engagiert, während Länder wie Kanada, Australien, Norwegen und die Schweiz immerhin Interesse gezeigt hätten. Ein hartes Feilschen stehe noch bevor. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.uncsd2012.org/rio20/index.html
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http://studentsonice.com/
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=108036

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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2012