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VERBAND/338: BUND-Kritik an Pressemitteilung der Uni Bonn "Gefährliche Giftpflanze ..." (BUND Bonn)


BUND Kreisgruppe Bonn - Dienstag, 2. Juni 2009

Stellungnahme des BUND zur Pressemitteilung der Universität Bonn vom 25.5.2009 "Gefährliche Giftpflanze auf dem Vormarsch"


Die Pressemeldung entbehrt in vielerlei Hinsicht jeglicher Grundlage und missachtet den Wert von Brachflächen für den Erhalt biologischer Vielfalt:

1. "Jakobskreuzkraut breitet sich rasant aus"

Das Jakobskreuzkraut ist eine seit alters her in Deutschland heimische Art, von einer "rasanten" Zunahme kann ganz sicher keine Rede sein.

2. "Ein Grund für die Ausbreitung des Jakobskreuzkrautes sei unter anderem die Zunahme von Brachflächen, die nicht mit Herbiziden behandelt würden."

Aus der "Zunahme von Brachflächen, die nicht mit Herbiziden behandelt werden" muss der unvoreingenommene Leser den Schluss ziehen, dass man Brachflächen normalerweise mit Herbiziden behandelt. Dies ist nicht der Fall.

Zur Klarstellung: Brachflächen sind Flächen, die aus der (bisherigen) Nutzung genommen wurden, also ehemalige Wiesen, Weiden oder Felder. Brachflächen werden also nicht genutzt, normalerweise auch nicht als Weide oder zum Heumachen (Wiese). Auf diesen Brachflächen kann sich somit biologische Vielfalt frei entfalten. Es ist daher nicht nur unsinnig sondern trägt zur Vernichtung biologischer Vielfalt bei, wenn Brachflächen mit Herbiziden behandelt werden - aus welchem Grund auch immer. Eine Information an die Landwirtschaft, die auf das Gefahrenpotential von Giftpflanzen auf Brachflächen hinweist, sollte völlig ausreichen.

3. Sollen verbrachte Wiesen wieder genutzt werden, so lässt sich das Jakobskreuzkraut durch häufigere Mahd zurückdrängen - ganz ohne Gift.

4. Schaut man in der Literatur nach, so findet man, dass es bei der Verfütterung von Heu (sic!) zu Vergiftungserscheinungen kam. Mit anderen Worten: Auf der Weide frisst das Vieh diese Pflanzen nicht! Denn in den frischen Pflanzen ist ein Bitterstoff vorhanden, der im Heu verloren geht, während die Giftstoffe erhalten bleiben.

5. Daher wird der als mögliche Bedrohung inszenierte Übergang des Toxins in die Milch von Kühen nur unter sehr experimentellen Bedingungen stattfinden - nämlich dann, wenn die Kühe gezielt mit Heu von Jakobskreuzkraut gefüttert werden. Im Wiesenheu wird man dafür nicht genug Jakobskreuzkraut finden - wenn überhaupt.

6. Dass die angebotene Lösung 'Herbizid-Einsatz' selbst Probleme für den Anbau produziert, zeigt folgende Aussage, die im Jahresbericht 2008 der Landwirtschaftskammer NRW zu finden ist:
" Verursacht durch das im Vorjahr verstärkt gegen Jakobskreuzkraut und Disteln eingesetzte Grünlandherbizid Simplex sind 2008 in einigen Fällen Schäden in Folgekulturen aufgetreten, wenn die Anwendungsbestimmungen des Mittels nicht eingehalten wurden. Insbesondere Kartoffeln, Bohnen und Gemüse waren betroffen."

Aufgrund der auftretenden Folgeschäden, die auch noch bis 18 Monate nach dem Herbizideinsatz auftreten können, rät die Landwirtschaftskammer, für den Fall, dass nicht sichergestellt werden kann, dass mit Simplex behandelte Aufwuchs nur auf Grünland-, Getreide- oder Maisflächen ausgebracht wird, auf den Einsatz dieses Herbizids zu verzichten.
(Quelle: Landwirtschaftskammer NRW - Pflanzenschutz- , Jahresbericht 2008, S.39)

7. Die ökologischen und gesundheitlichen Auswirkungen von Herbiziden werden verharmlost. So sind auch als "gut abbaubar" ausgelobte Herbizide wie "Roundup" im Wasser schlecht abbaubar und werden für den flächendeckenden Rückgang von Amphibienarten verantwortlich gemacht. Hier wird die Zerstörung der letzten Rückzugsräume eines erheblichen Teils unserer Pflanzen und Tiere gefordert. Der Rückgang blütenreicher Säume und Wiesen konnte bislang nicht aufgehalten werden und ist einer der Hauptgründe für den Verlust an biologischer Vielfalt (Artenschwund) in Mitteleuropa.

8. Ohne wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit der Maßnahmen werden bei der vorgeschlagenen Bekämpfung von Jakobskreuzkraut durch Herbizideinsatz also vielfältige Schäden für Tier und Mensch in Kauf genommen. Die Forderung Brachflächen zu behandeln, ist nicht sinnvoll und nicht nachvollziehbar.

9. Darüber hinaus zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass ein Zurückdrängen des Jakobskreuzkrautes auf Wiesen und Weiden mit geeigneten Bewirtschaftungsmethoden möglich ist. Der Einsatz von Herbiziden ist dabei nicht notwendig. Deshalb ist auch die Forderung nach einem Einsatz von Herbiziden auf Wiesen und Weiden von ökologischer Kurzsichtigkeit geprägt.

Ansprechpartner zu diesem Thema
für die Kreisgruppe Bonn des BUND:
Diethelm Schneider, Biologe
0228-6204601
Postfach 14 02 23
53057 Bonn
diethelms@web.de

Anmerkung der Redaktion Schattenblick:
Pressemitteilung der Universität Bonn vom 25.5.2009 "Gefährliche Giftpflanze auf dem Vormarsch"
siehe im Infopool unter Umwelt -> Fakten ->
FORSCHUNG/552: Gefährliche Giftpflanze auf dem Vormarsch (idw)
www.schattenblick.de\infopool\umwelt\fakten\ufafo552.html


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Quelle:
Stellungnahme, 02.06.2009
Kreisgruppe Bonn des BUND
Tel.: 0228-6204601


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juni 2009