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VERBAND/417: Nachhaltigkeitsstrategie darf nicht nur Showgeschäft bleiben (BUND BW)


BUND Landesverband Baden-Württemberg - 16. Juni 2010

Runter von der Bühne, rein in die Politik

BUND: Nachhaltigkeitsstrategie darf nicht nur Showgeschäft bleiben


Stuttgart. Auch in ihrem dritten Jahr bleibt die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes ohne Einfluss auf wesentliche politische Entscheidungen, kritisiert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg: Die Energiewende steht weiterhin aus, der Flächenverbrauch geht auf hohem Niveau weiter und die meisten Kleinstprojekte der Nachhaltigkeitsstrategie sind Marketingaktionen für den ökologischen Heiligenschein der Regierung. "Mit dem Nachhaltigkeitskongress führt der Ministerpräsident jedes Jahr die ganz große Oper auf. Aber wenn die Maskerade beendet ist und das Publikum den Saal verlassen hat, verhallen die Nachhaltigkeitsschwüre in den Kulissen", kommentierte Dahlbender: "Es ist keine große Leistung, nur dann über Nachhaltigkeit zu reden, wenn anschließend garantiert jemand applaudiert", kritisierte Dahlbender: "Als Regisseur der Landespolitik muss Ministerpräsident Mappus dafür sorgen, dass die Umweltauswirkungen bei allen politischen Entscheidungen im Rampenlicht stehen. Das geht am besten mit einem Nachhaltigkeitsgesetz auf Landesebene."

Als Beispiele für die Nachhaltigkeitsferne der Politik nennt der BUND die Siedlungs-, die Verkehrs- und die Energiepolitik. Beim Verkehr fordert die Landesregierung fast jeden Monat mehr Bundesmittel für den Bau von Fernstraßen - selbst 460 Millionen Euro pro Jahr sollen dafür nicht ausreichen. Angebotskürzungen im Nahverkehr nimmt sie dagegen klaglos hin. Von einer Trendwende zur nachhaltigen Mobilität kann keine Rede sein. Ministerpräsident Mappus propagiert bei öffentlichen Auftritten gerne das Autoland Baden-Württemberg. "Wenn er bei seiner Nachhaltigkeitsshow dann den Runden Tisch Radverkehr lobt, dessen Vorschläge aber aufgrund des Widerstands der CDU-Fraktion nicht in die neue Landesbauordnung aufgenommen wurden, entlarvt dies das Versagen des Regierungschefs in der Realpolitik", sagte Dahlbender.

"Um zukunftsfähig zu werden, braucht Baden-Württemberg keine glamourösen Inszenierungen, bei denen Hymnen auf die Nachhaltigkeit gesungen werden", betonte Dahlbender: "Das Land braucht Politiker, die mit ihren Entscheidungen die Energiewende vorantreiben und die Artenvielfalt erhalten." Stattdessen setzen sich die Landespolitiker für Atom- und Kohlstrom ein. "Das passt einfach nicht zusammen", kritisierte die BUND-Landesvorsitzende. Außerdem behindere die Regierung den Ausbau der Windenergie und der Photovoltaik auf Freiflächen, wie sich schon an der Landesbauordnung ablesen lässt: Gebäudeunabhängige Solaranlagen ab drei Metern Höhe und neun Metern Länge müssen künftig extra genehmigt werden, während bis zu zehn Meter hohe Flutlichtmasten ungeprüft aufgestellt werden dürfen. Dahlbender: "Nachhaltigkeit darf in Baden-Württemberg nicht nur bei besonderen Anlässen auf der Partitur stehen, sie muss zur Begleitmusik jeder politischen Entscheidung werden. Sonst verpassen wir bei den Umweltinnovationen den Anschluss - das Land wird dann nicht mehr zukunftsfähig sein."

Die Beispiele sind keine Einzelfälle. Wenn das Land seine Nachhaltigkeitsstrategie anpreist, stellt es stets den intensiven Dialog mit allen Akteuren sowie die Unterstützung bei deren großem Engagement heraus. "Schaut man auf andere Politikfelder, wird schnell deutlich: Sobald das Engagement der Akteure nicht mehr staatstragend ist, scheint es der Landesregierung vor allem lästig zu sein", kritisierte Dahlbender. So gibt es nach wie vor restriktive Rahmenbedingungen für Volksbegehren und -entscheide, ebenso wie für Bürgerentscheide in den Gemeinden. Die Proteste gegen Stuttgart 21 verdeutlichen dies ebenfalls. Dahlbender: "Bei den Nachhaltigkeitsprojekten tanzt Ministerpräsident Mappus im Scheinwerferlicht gern ein Duett. Wenn es im Alltag um direkte Beteiligungen geht, lehnt er die Aufforderung zum Tanz lieber ab."

Damit das Land zukunftsfähig wird, fordert der BUND ein Nachhaltigkeitsgesetz auf Landesebene. "Wenn das Kabinett gemäß Geschäftsordnung überprüft, ob die Folgen seiner Entscheidungen nachhaltig sind, muss es diese Analyse transparent machen. Erfolg lässt sich nur mit verbindlichen Zielen und Umsetzungskriterien nachweisen und kontrollieren", erläuterte Dahlbender. "Die Nachhaltigkeitsstrategie muss auf Landesebene weiterentwickelt werden - runter von der Bühne, rein in die Realpolitik mit messbaren Zielen - erst dann verdient sie auch diesen Namen."


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Quelle:
Presseinformation, 16. Juni 2010
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz e.V.
Landesverband Baden-Württemberg
70178 Stuttgart. Paulinenstraße 47
Tel.: 07 11/62 03 06-0, Fax: 07 11/62 03 06-77
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juni 2010