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ATOM/1138: IAEO und AKW Fessenheim - "echte Kontrolle" oder "vertrauensbildende Maßnahme"? (BUND SOR)


BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein
An die Medien, 10. Februar 2011

IAEO und AKW Fessenheim: "echte Kontrolle" oder "vertrauensbildende Maßnahme"?


Heute stellen Experten der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO um 14 Uhr die Ergebnisse ihrer "Untersuchung" des französischen Atomkraftwerks Fessenheim vor.

Der Zeitpunkt dieser Veröffentlichung, wenige Tage vor der öffentlichen Anhörung der TRAS-Klage vor dem Verwaltungsgericht in Strasbourg, ist nicht erstaunlich, denn üblicherweise geht es der IAEO weniger darum zu kontrollieren, sondern Akzeptanz für Atomanlagen zu schaffen.

Zumeist werden die wirklich kritischen Problemstellen und Anlagenteile eines AKW nicht kontrolliert. Wir sind gespannt ob die Themen Erdbebenunsicherheit, fehlerhaftes Notkühlsystem, Altersermüdung von Reaktorbauteilen und die Störfallhäufigkeit heute bei der "Bewertung" des AKW Fessenheim eine Rolle spielen, oder ob wieder einmal "sichere Randaspekte" in den Vordergrund gestellt werden.

In einem Schreiben an den Abgeordneten Gundolf Fleischer hatte der ehemalige Ministerpräsident Günther Oettinger geschrieben:

"Sehr geehrter Herr Abgeordneter, lieber Gundolf, Ihrem Vorschlag, das Kernkraftwerk Fessenheim einem OSART-Sicherheitsvergleich durch die IAEA zu unterziehen, hat Frau Ministerin Gönner bereits in ihrem Schreiben vom 15.06.2005 zugestimmt. Ich begrüße dieses Vorhaben. Eine entsprechende vertrauensbildende Maßnahme im Kernkraftwerk Philippsburg II hat sich bewährt."

(Auszug aus einem längeren Schreiben http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/fessenheim-oettinger-strippenzieher.html)

Der Bund für Umwelt und Naturschutz will unabhängige, neutrale und ernsthafte Kontrollen und keine "vertrauensbildende Maßnahmen" zur Akzeptanzbeschaffung.

Hier noch einmal eine frühere Presseerklärung der Umweltorganisationen BUND (D) C.S.F.R. (F), und NWA (CH) zur IAEO-"Kontrolle" in Fessenheim.

C.S.F.R / Chemin de la Croisette 16 / F-67130 Fréconrupt
BUND RV Südlicher Oberrhein / Wilhelmstr. 24a / 79098 Freiburg
NWA - Nie Wieder Atomkraftwerke / Murbacherstrasse 34 / CH-4056 Basel


AKW Fessenheim: OSART-Mission: Kontrolle oder Kontrollillusion?

Das altersschwache AKW Fessenheim gehört schnellstmöglichst abgestellt. Solange das AKW allerdings läuft, sollte es auch nach unserer Ansicht zumindest gut kontrolliert werden. An der "Qualitätö der zwei in diesem Jahr stattfindenden Kontrollen (OSART-Mission und 10 Jahresinspektion) haben BUND, NWA und CSFR allerdings Zweifel. Wir sehen die "Kontrollenö in einem engen Zusammenhang mit dem Wunsch der Betreiber das AKW so lange zu betreiben, bis neue AKW in Fessenheim gebaut sind.

Hier ein klassisches Zitat nach einer solchen "Kontrolle" auf der Kernkraftwerk-Philippsburg-Seite von Wikipedia:

"In einer mehrwöchigen Untersuchung stellten die Experten der IAEO fest, dass das KKP 2, gemessen an den internationalen Standards, eine sehr gute Anlage ist. Besonders positiv fielen die Motivation und Teamfähigkeit des Personals, die Sicherheitskultur, die Instandhaltung und das Alterungsmanagement sowie die Ordnung und die Sauberkeit in der Anlage auf." Immer gibt es natürlich auch einen Hauch von Kritik...

Kein Wunder, dass die Atomkonzerne E.ON, Vattenfall, EnBW und RWE und deren Vertreter in den Parlamenten gerade ihre umstrittensten Atomanlagen gerne von der IAEO untersuchen lassen. (In Südbaden der EnBW-Lobbyist Gundolf FleischerQuelle: hier http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/fessenheim-oettinger-strippenzieher.html) Atomlobbyist und Ministerpräsident Günther Oettinger lobt die geplante Fessenheim Kontrolle: "Eine entsprechende vertrauensbildende Maßnahme im Kernkraftwerk Philippsburg II hat sich bewährt." Solche "Scheinkontrollen" sind eine besondere Form von Greenwash.

Die IAEO ist eine geschickt aufgebaute Lobbyorganisation der Nuklearindustrie.

Das Ziel der IAEO wurde bei ihrer Gründung folgendermaßen definiert:

"Ziel der Organisation ist es, den Beitrag der Atomenergie zum Frieden, zur Gesundheit und zum Wohlstand auf der ganzen Welt rascher und in größerem Ausmaß wirksam werden zu lassen."

So wundert es nicht, dass es das hauptsächliche Ziel der IAEO nach der Katastrophe von Tschernobyl war einen wirtschaftlichen Rückschlag für die Atomindustrie zu verhindern. Die IAEO hat an der Verschleierung der Folgen des Unglückes für Gesundheit, Umwelt und Landwirtschaft mitgewirkt.

Glaubwürdig, neutral und unabhängig sind die IEAO-OSART Kontrollen nicht. Diese "Kontrollen" sollten zumindest durch wissenschaftliche Untersuchungen kritischer WissenschaftlerInnen ergänzt werden.


Hier unsere Kurzkritik an der 10-Jahresinspektion

Der BUND und die CSFR hoffen, dass die erneute Revision von Fessenheim nicht wieder von Pleiten, Pech und Pannen geprägt sein wird, wie die Inspektion 1989. Im Oktober 1989 verkündete die Fessenheimer Kraftwerksleitung voller Stolz die Ergebnisse der ersten großen Überprüfung: Von 19 Haarrissen am Reaktor sei lediglich einer mit nennenswerter Größe (sieben Millimeter) festgestellt worden, der sich zudem seit der letzten Messung nicht verändert habe und kein Sicherheitsrisiko darstelle. Die teure, werbewirksame und personalintensive Überprüfung war angeblich "erfolgreich" abgeschlossen worden. Auch der deutsche TÜV bestätigte diese Aussagen am 03.09.1990.

Im August 1991 wurden am baugleichen französischen AKW Bugey große Risse im Reaktordeckel festgestellt. Radioaktives Wasser "schwitzte aus". Nach diesen Erkenntnissen aus Bugey wurde das AKW Fessenheim noch einmal und diesmal gründlicher und an den richtigen Stellen untersucht. Im Dezember 1991 zeigte sich, dass bei der ersten Zehnjahresinspektion geschlampt worden war. Überraschend wurde ein gefährlicher, 110 Millimeter langer und 30 Millimeter tiefer Riss im Sekundärkreislauf festgestellt. Auch im Reaktordeckel wurde, wie in Bugey ein 26 Millimeter langer Riss entdeckt. Beide Risse waren bei der "gründlichen", ersten, großen Zehnjahresinspektion übersehen worden. Die Reaktordeckel in Fessenheim mussten ausgetauscht werden.

Aus diesen Gründen fordern BUND, NWA und die CSFR neutrale, unabhängige und gute Kontrollen und keine Kontrollillusion. Besser wäre es das altersschwache AKW Fessenheim schnellstmöglichst abzustellen.

Jean Jacques Rettig (CSFR)
Axel Mayer (BUND)
Aernschd Born (NWA)

Fesseneim Info: hier http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/fessenheim-ausstellung.html

IAEO und AKW Fessenheim: "echte Kontrolle" oder "vertrauensbildende Maßnahme"?
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/osart-mission-iaeo-kkw-akw-kontrolle.html


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Quelle:
Mitteilung an die Medien vom 10.02.2011
Herausgeber:
Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein
Wilhelmstr. 24a, 79098 Freiburg
Tel.: 0761/30383, Fax: 0761/23582
E-Mail: bund.freiburg@bund.net
Internet: www.bund-freiburg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Februar 2011