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ENERGIE/1472: Gefahr durch Fracking (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 173 - April/Mai 2013
Die Berliner Umweltzeitung

Gefahr durch Fracking
Umstrittene Erdgasförderung ist umweltschädlich

Von Volker Voss



Die Pläne von Regierungen und Energiekonzernen, Erdgas mit Hilfe der umstrittenen Methode des Fracking zu fördern, hat Umweltschützer, Landespolitiker und Wissenschaftler gleichermaßen auf den Plan gerufen. Selbst die berühmte Pop-Ikone Yoko Ono singt gegen die umweltzerstörerische Methode der Gasgewinnung an. Seit langem berichten die Medien regelmäßig über das Thema und überbieten sich gegenseitig mit Überschriften wie "Umstrittene Erdgasförderung", "Dreckiges Fracking", "Länder stellen sich gegen Fracking-Pläne der Regierung", "Mit Hochdruck ins Fracking-Chaos".

Zur allgemeinen Information: Fracking ist eine umstrittene Methode, Erdgas zu fördern, bei der unter Chemikalieneinsatz und hohem Druck feste Gesteinsschichten in etwa 1.000 bis 4.000 Meter Tiefe angebohrt und dann sternförmig circa 1.000 bis 3.000 Meter waagerecht aufgebrochen werden. Durch Explosionen und Erschütterungen wird das in kleinen Bläschen enthaltene Erdgas herausgefördert. Weitere zum Einsatz kommende Chemikalien sorgen dafür, dass der eingespülte Sand sich nicht absetzt und das Gas leichter strömt.

Die Gründe, die gegen diese Art der Erdgasgewinnung sprechen, sind vielfältig. "Bei jedem Frackvorgang werden Millionen Liter Wasser, vermischt mit hochgiftigen Chemikalien, in das Bohrloch gepumpt", erläutert Uwe Karmrodt, Sprecher mehrerer Bürgerinitiativen gegen Fracking. Es besteht die Gefahr, dass die Chemikalien über Risse ins Grundwasser gelangen und bis in unser Trinkwasser gespült werden. Zudem warnen Umweltschützer, dass beim Fracking große Mengen Abwässer anfallen, die entsorgt werden müssten.


Augenwischerei

Die Bundesregierung will die umstrittene Gas- und Ölförderung aus tiefen Gesteinsschichten unter strengen Auflagen in Deutschland zulassen. So haben sich Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) auf einen Gesetzentwurf geeinigt, der Fracking lediglich in Trinkwasserschutzgebieten verbieten soll. Außerdem ist für alle Projekte vor der Genehmigung eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen. Umweltschützer halten das für Augenwischerei.

Selbst innerhalb Altmaiers Partei, der CDU, regt sich Widerspruch. Dort wird bereits eine Verschärfung des Gesetzentwurfs diskutiert. So solle ausgeschlossen sein, dass bei dieser Art der Gasförderung wassergefährdende Flüssigkeiten in den Boden gelangen. Einige Bundesländer und hochrangige politische Entscheidungsträger sind sich einig, dass es kein Fracking mit giftigen Chemikalien geben darf.

Die Bundesregierung geht zwar von einer Mehrheit im Bundesrat aus, doch laufen bereits mehrere Landesregierungen und Parteien Sturm dagegen. Im Februar sprach sich im Bundesrat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) gegen die umstrittene Methode der Gasgewinnung aus. "Es geht darum, die Anwendung dieser Technologie solange abzulehnen, bis die Risiken hundertprozentig geklärt sind", so der Ministerpräsident. Die Schleswig-Holsteinische Landtagsfraktion der Piratenpartei reichte gar eine Beschwerde gegen Deutschland bei der EU-Kommission ein. Das deutsche Bergrecht verstoße gegen eine EU-Umweltrichtlinie, begründete Fraktionschef Patrick Breyer den Vorstoß. Er verweist darauf, dass in dem Bundesland bereits 19 baurechtliche Anträge vorliegen, um bestimmte Gebiete auf entsprechende Erdgasvorkommen zu untersuchen.

Widerspruch kommt auch aus Bayern und NRW. Bayerns Umweltminister Marcel Huber (CSU) forderte, die neue Technologie gar nicht erst zuzulassen. "Durch Fracking unkonventionelle Gasvorkommen zu erschließen, muss verboten bleiben, solange die Risiken für Mensch und Natur nicht sicher abschätzbar sind." Nordrhein-Westfalens Umweltminister, Johannes Remmel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), verweist darauf, dass sich die Umweltministerkonferenz der Bundesländer strikt gegen Fracking mit giftigen Chemikalien ausgesprochen hat.


Gutes Fracking gibt es nicht

Der Bundesrat hatte ebenfalls gefordert, den Einsatz umweltgefährdender Substanzen beim Fracking solange zu verbieten, bis die Risiken restlos geklärt sind. Genau an diesem Punkt scheiden sich jedoch die Geister. Denn "gutes Fracking" gibt es nicht. Das Internet-Info-Portal "Schattenblick" schreibt dazu: "Wörtlich genommen müsste kein Fracking mit giftigen Chemikalien schlicht kein Fracking bedeuten"
(www.schattenblick.de/infopool/natur/chemie/chula275.html).

Gasführendes Schiefergestein sei so flexibel, fast schon knetbar, es aufzubrechen und für die Gasförderung offenzuhalten, sei aufwendig und mache einen chemischen Cocktail zwingend erforderlich, führt Frackingexperte Waldemar Müller-Ruhe vom Bundesverband Geothermie aus.

Bundesumweltminister Peter Altmaier geht davon aus, dass es nur ein sehr begrenztes Potenzial für Fracking in Deutschland gebe. Von einem Boom wie in den USA könne daher auf absehbare Zeit keine Rede sein, versucht Altmaier abzuwiegeln. Tatsächlich sehen Umweltschützer in dem Gesetzentwurf die Zustimmung dazu, dass auf über 80 Prozent der bundesdeutschen Fläche gefrackt werden darf. Somit hoffen sie auf eine Ablehnung des Gesetzentwurfs. Kritisiert wird von Umweltschützern, dass zwar einerseits seit Jahren in Deutschland Gas gefördert wird, es aber keine klare Regelung zur Ausbeutung von Gasvorkommen in tiefen Schiefergesteinsschichten gibt.

Die ersten Unternehmen stehen schon bereit. Es haben bereits eine kanadische Firma, der amerikanische Konzern ExxonMobil sowie Parkyn Energy Germany und Bell Explorations ihr Interesse bekundet, in Deutschland Erdgas fördern zu wollen.


Hohes Risiko

Amerikanische Wissenschaftler des Forschungsinstituts Resources for the Future haben kürzlich herausgefunden, dass sich Fracking viel stärker auf Gewässer auswirkt, als bisher angenommen. Festgestellt wurde, dass im "Wasser aus Fließgewässern, das für eine Fracking-Bohrung verwendet worden war und die Reinigung durch eine Kläranlage bereits hinter sich hatte, erhöhte Chloridwerte auffielen. In starker Konzentration schädigen Chloride, die Salze der Salzsäure, das Wasserökosystem. Meist wird im Zusammenhang mit Fracking über das Risiko einer Grundwasserverschmutzung gesprochen. Laut der Studie muss nun auch mit einer Gefahr für Bäche, Flüsse und Seen gerechnet werden."

Auf Grund der extensiven Förderung von Schiefergas sank in den USA sogar der Preis für Energie. In Europa haben sich insbesondere Polen und Rumänien dieser umstrittenen Methode zur Gasgewinnung verschrieben. In Rumänien gab es schon umfangreiche Proteste dagegen. In Bulgarien und Frankreich wurde die umweltgefährdende Fördermethode bereits verboten.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Internationaler Protest gegen Fracking
- Fracking hat keine Chance!

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Quelle:
DER RABE RALF - 23. Jahrgang, Nr. 173 - April/Mai 2013, S. 3
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
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Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de
 
Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Mai 2013