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EUROPA/568: Umweltfolgen in Gesetzgebungen einbeziehen (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen e.V.
EU-Koordination

EU-News - Dienstag, 18. Oktober 2016 / Politik & Recht

Umweltfolgen in Gesetzgebungen einbeziehen


Der einseitige Fokus, die Kosten für die Wirtschaft zu reduzieren hat zur Folge, dass Ministerien weitere gesellschaftliche Kosten und Nutzen von beispielsweise Umweltgesetzgebung nicht berücksichtigen.

Zu diesem Schluss kommt der Ausschuss für Prüfung der öffentlichen Ausgaben des Unterhauses in Großbritannien in einem Mitte Oktober veröffentlichten Bericht. Der Bericht umfasst auch verschiedene Empfehlungen, wie die Regeln für bessere Rechtsetzung nachgebessert werden müssen.

Großbritannien war in den letzten Jahren ein Treiber der Deregulierungsagenda in der EU. Trotz der Tatsache, dass Großbritanniens Wirtschaft im OECD-Vergleich am geringsten belastet ist, verschärft der Inselstaat seine Deregulierungsagenda derzeit noch weiter. Anfang März 2016 hat die Britische Regierung Maßnahmen dargelegt, wie sie die Wirtschaft um weitere 10 Milliarden Pfund entlasten will. Dies solle durch die neue "one-in, three-out"-Regel geschehen. Danach müssen für jeden Pfund, mit dem die Wirtschaft durch eine neue Gesetzgebung belastet wird, an anderer Stelle drei Pfund eingespart werden.

Auch Deutschland gehört zu den Treibern, die Deregulierungsagenda der EU zu verschärfen. Deutschland stellt ebenfalls die Kosten für die Wirtschaft in den Mittelpunkt. Das Arbeitsprogramm der Bundesregierung "Bessere" Rechtsetzung von 2014 sieht Bürokratieabbau zwar als effizienzsteigernde Rechtsvereinfachung ohne Schutzstandardabbau. Der Fokus liegt aber auf der Kostenseite, die Berechnung des Nutzens ist freiwillig. Seit Juli 2015 ist das Maßnahmenpaket zum Bürokratieabbau in Kraft ("Bürokratiebremse"). Ziel ist es, den Anstieg von Belastungen für die Wirtschaft dauerhaft zu begrenzen. Dies soll über das "One-in, one-out-Prinzip" geschehen. Bei neuen Gesetzgebungen muss der Erfüllungsaufwand für KMU durch Entlastungen an anderer Stelle kompensiert werden. Die Kosten und Nutzen für BürgerInnen und Verwaltung werden kaum berücksichtigt.

Das Umweltbundesamt (UBA) hat im Mai den Erfüllungsaufwand und die "One-in one-out-Regel analysiert. Laut der Publikation kann die One in, one-out-Regel dazu führen, dass existierende Regelungen, die ökonomisch nützlich sind, abgeschafft werden. Oder dass Belastungen auf BürgerInnen und Verwaltung verschoben werden, um den Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft konstant halten zu können. Letzteres sei insofern problematisch, weil die Beschränkung nur auf die Wirtschaft ein falsches Bild der Kosten wiedergebe. Die One-in, one-out-Regel könne dazu führen, dass nicht nur potenziell ökonomisch nützliche Regelungen unterbleiben, sondern sogar existierende Regelungen abgeschafft werden könnten, obwohl sie gesamtökonomisch wünschenswert seien.

Daher empfiehlt das UBA, bei der Bewertung der Erfüllungskosten auch andere Kosten und Nutzen von Regelungsvorhaben systematisch mit einzubeziehen und soweit möglich zu quantifizieren. Entscheidungen über die Zweckmäßigkeit staatlicher Eingriffe müssten auf einer ganzheitlichen Kosten-Nutzenbetrachtung erfolgen.

Das Umweltbundesamt entwickelt derzeit ein Werkzeug zur Gesetzesfolgenabschätzung. Diese Arbeitshilfe zur Berechnung von Kompensations- und Deckelungsbeträgen für entstehenden Erfüllungsaufwand auf Basis umweltrelevanter Effekte in der Gesetzesfolgenabschätzung befindet sich derzeit in der Erprobungsphase.

Eine Übersicht über die Agenda zur "besseren" Rechtsetzung der EU gibt ein im August aktualisierter DNR-Steckbrief. [bv]


Bericht UK (engl.)
http://www.publications.parliament.uk/pa/cm201617/cmselect/cmpubacc/487/487.pdf

Analyse Umweltbundesamt
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/analyse-des-erfuellungsaufwands-der-one-in-one-out

DNR-Steckbrief Bessere Rechtsetzung oder Deregulierung
http://www.eu-koordination.de/PDF/steckbrief-deregulierung.pdf

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Quelle:
EU-News, 18.10.2016
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Oktober 2016

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