Deutsche Umwelthilfe e.V.
Pressemitteilung - Montag, 17.04.2023
Deutsche Umwelthilfe warnt vor hochriskanten und unausgereiften Technologien des chemischen Recyclings
• Neue Studien der EU-Kommission zum chemischen Recycling enthalten fragwürdige Annahmen und große Datenlücken: Umweltverträglichkeit von Pyrolyse und Vergasung bleibt unbelegt
• Chemisches Recycling von Kunststoffen verbraucht besonders viel Energie, führt zu hohen Materialverlusten und erzeugt giftige Nebenprodukte
• DUH fordert stattdessen mehr Abfallvermeidung, Mehrweg, Recyclingfähigkeit und werkstoffliches Recycling
Berlin, 17.4.2023: Anlässlich zwei neuer von der Europäischen
Kommission beim Joint Research Center (JRC) in Auftrag gegebenen
Studien zum chemischen Recycling von Kunststoffen warnt die
Deutsche Umwelthilfe (DUH) vor den hochriskanten und
unausgereiften Technologien der Pyrolyse und Vergasung. Diese
werden unter dem Begriff des chemischen Recyclings immer häufiger
als Alternative zu nachweislich umweltfreundlichen
werkstofflichen Recyclingverfahren ins Spiel gebracht.
Tatsächlich verbraucht das chemische Recycling jedoch besonders
viel Energie, führt zu enormen Materialverlusten und erzeugt
giftige Nebenprodukte. Investitionen in diese Technologien sind
nach Einschätzung der DUH nicht zielführend und könnten eine
umweltgerechte Kreislaufwirtschaft sogar gefährden.
Nach Einschätzung des Umwelt- und Verbraucherschutzverbandes setzen die JRC-Studien falsche Schwerpunkte, enthalten fragwürdige Annahmen und weisen große Datenlücken auf. Nachweise zu den angeblichen Umweltvorteilen des chemischen Recyclings gegenüber etablierten Verfahren werden nicht erbracht.
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: "Die JRC-Studien der Europäischen Kommission dürfen nicht als Grundlage verwendet werden, um den Technologien des chemischen Recyclings den Weg zu ebnen sowie politische Maßnahmen oder eine Wirtschaftsförderung abzuleiten. Dazu sind die Daten zu lückenhaft, die technischen Prozesse zu unerforscht und die getroffenen Annahmen zu Innovationen zu fragwürdig. Die Pyrolyse und Vergasung von Kunststoffen sind hochriskant und haben massive Umweltauswirkungen. Um die Probleme durch Kunststoffabfälle in den Griff zu bekommen, sind bereits viele Lösungsansätze vorhanden - sie müssen nur umgesetzt werden. So könnten viel mehr Verpackungen recycelt werden, wenn sie recyclingfähig gestaltet würden. Auch sollten durch Abfallvermeidung, Wiederverwendung und Öko-Design Abfallmengen insgesamt reduziert werden. Das chemische Recycling darf wichtige Investitionen und Entwicklungen in diese Richtung keinesfalls behindern."
Chemische Recyclingtechniken sind mit einem enormen Energiebedarf verbunden, da Kunststoffe unter hohen Temperaturen in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt und dann unter erneutem Energieaufwand wieder zusammengesetzt werden müssen. Bei der Pyrolyse und Vergasung gehen zudem bei jedem Recyclingvorgang bis zu 50 Prozent des Materials verloren. Dazu können giftige Chemikalien entstehen, die in aufwändigen Aufbereitungsprozessen wieder entfernt werden müssen und als gefährliche Abfälle zurückbleiben. Beim werkstofflichen Recycling bestehen diese Probleme nicht, denn die hergestellten Kunststoffe bleiben als solche erhalten und müssen nicht bis auf molekulare Ebene zerlegt und wieder zusammengefügt werden. Dadurch ist der Energieaufwand viel geringer und der ökologische Nutzen entsprechend groß.
Thomas Fischer, DUH-Leiter Kreislaufwirtschaft: "Die Politik darf
sich von den JRC-Studien nicht täuschen lassen. Initiativen
sollten sich auf nachweislich umweltfreundliche Maßnahmen wie
eine Verbesserung der Recyclingfähigkeit, von Sortiertechnologien
und werkstofflichem Recycling konzentrieren. Dort schlummern noch
große Potentiale, die gehoben werden müssen. Ebenso wichtig ist
es, dass das chemische nicht mit dem werkstofflichen Recycling
gleichgestellt und beispielsweise auf die gesetzlichen
Recyclingquoten angerechnet werden darf. Dadurch geriete das
werkstoffliche Recycling ins Hintertreffen, was schlecht für die
Umwelt wäre."
Die gemeinsame Stellungnahme der Umweltverbände DUH, Zero Waste
Europe, Ecos und der Rethink Plastic Alliance zu den JRC-Studien
zum chemischen Recycling (Englisch):
Joint General Comment on the JRC 445 KB
https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Pressemitteilungen/Kreislaufwirtschaft/Chemisches_Recycling/230320_ECOS_ZWE_DUH_Joint_general_comment_on_the_JRC_study.pdf
Hintergrundinformationen zum chemischen Recycling:
https://www.duh.de/projekte/chemisches-recycling/
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Quelle:
Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH)
Pressemitteilung, 17.04.2023
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: 030/25 89 86-0, Fax.: 030/25 89 86-19
Internet: www.duh.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 18. April 2023
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