Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → INTERNATIONALES


AFRIKA/098: Nachhaltige Umweltkooperation (afrika süd)


afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
Nr. 5, September/Oktober 2015

Nachhaltige Umweltkooperation

von Meryl Burgess und Harrie Esterhuyse


China engagiert sich auf nationaler und internationaler Ebene im Umweltschutz. Anlass war der steigende Druck durch die Entwicklung des Landes. Auch in der Kooperation mit Südafrika zeichnet sich eine Trendwende ab. Das betrifft erneuerbare Energien und den Umweltschutz.


Chinas Forderungen nach Wildprodukten aus Afrika haben die Regierung verlasst, mit afrikanischen Staaten Abkommen zu schließen. Im Energiesektor geht es um einen großen, bislang kaum erschlossenen Markt zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, den wollen chinesische Firmen erschließen. Beide Bereiche sind für das sino-afrikanische Kooperationsforum FOCAC, das im Dezember 2015 anlässlich der Kreditverhandlungen stattfinden wird, zentral. Daraus können sich nachhaltige Umweltkooperationen ergeben.

Der globale Verlust der Biodiversität der internationalen Staatengemeinschaft verdeutlicht, wie dringlich der Umwelt- und Artenschutz ist. In Ländern wie China und Südafrika haben das Wachstum und die Entwicklung städtischer und ländlicher Gebiete, die Industrialisierung, das Bevölkerungswachstum und die Landwirtschaft die Belastungen für die natürliche Umwelt verstärkt. Gleichzeitig verursacht die große chinesische und vietnamesische Nachfrage nach Wildprodukten in Südafrika Druck auf Elefanten, Nashörner und Meeresschnecken.


Wilderei

Vor allem der illegale Handel mit Nashörnern ist während der letzten Jahre dramatisch gestiegen, auch die Wilderei erreicht Rekordzahlen. Einige Nashornarten stehen bereits vor dem Aussterben. Weltweit unterscheidet man insgesamt fünf Arten: drei in Asien und zwei in Afrika. 1960 lebten in Afrika noch schätzungsweise 65.000 schwarze Nashörner. 1990 waren es nur noch 2000. Auch der Bestand an weißen Nashörnern ging drastisch zurück. Derzeit gibt es noch etwa 20.000 weiße und 4800 schwarze Nashörner. Die meisten sind in Südafrika, deshalb ist dieses Land die Zielscheibe der Wilderer. 2013 verzeichnete das Umweltministerium (DEA) einen Negativrekord von 1004 Nashörnern, die von Wilderern getötet wurden, 2014 waren es 1215. China ist der Top-Konsument der Hörner.

Während eines Staatsbesuchs von Präsident Zuma in China im August 2010 unterzeichneten die Regierungsvertreter beider Länder eine Vereinbarung zur Förderung des Umweltschutzes. 2011 trafen sich die Umweltminister, es ging um die Umsetzung des Memorandums. Aber das reichte nicht, um die Wilderei zu stoppen. Im Juni 2012 begannen die Behörden, strafrechtlich gegen den Verkauf von Nashorn vorzugehen. Denn Traffic, ein internationales Netzwerk, das den Verkauf von Wildprodukten beobachtet, hat 3389 Anzeigen von 15 chinesischen Händlern und Auktionshäusern entdeckt, in denen Tigerknochen, Elfenbein, Schildkrötenpanzer und Nashörner feilgeboten wurden. Ende Mai 2013 unterzeichneten die südafrikanische Umweltministerin Edna Molewa und der chinesische Umweltminister Wang Yi ein Memorandum zum Schutz der Biodiversität. Ziel ist es, die Plage der Nashornwilderei durch Kooperation in der Strafverfolgung unter Bezug auf internationale Abkommen und Gesetzesgrundlagen zu drosseln.

Zu multilateralen Vereinbarungen gegen internationale Kriminalität mit Wildprodukten gehört Cobra II, daran waren 2014 viele Länder im südlichen Afrika und in Südasien beteiligt. Während dieser Operation wurden mehr als 400 Verdächtige verhaftet und tonnenweise illegale Wildprodukte konfisziert. Trotz dieser Erfolge in der Kooperation wächst der illegale Handel damit. Allein im Krugernationalpark in Südafrika wurden 827 Nashörner getötet. Die Zahl der verhafteten Wilderer, Kuriere und Syndikatmitglieder stieg von 343 in 2013 auf 386 in 2014. Auch Elefanten werden massenweise umgebracht, das meiste Elfenbein ist für den chinesischen Markt bestimmt. Traffic berichtete, mindestens 20.000 Elefanten seien 2013 getötet worden. In Zentralafrika sind sie nun nahezu ausgestorben. Auch die illegale Meeresschneckenernte ist ein Problem, denn diese Tiere stehen auf der Liste der gefährdeten Arten. Gleichzeitig sind sie eine traditionelle chinesische Delikatesse mit hoher Nachfrage in China und Hongkong.

Die afrikanischen Regierungen müssen mehr gegen die Wilderei tun. Denn der Schutz der Wildtiere ist für den nachhaltigen Erhalt der Arten und der Biodiversität wichtig. Und er hat große Bedeutung für den Ökotourismus in Afrika, der ein bedeutender Wirtschaftszweig ist. Afrikanische Regierungen müssen bilaterale Abkommen mit China schließen und die Gesetze gegen den illegalen Handel mit Wildprodukten auf beiden Seiten umsetzen. Kriminelle müssen bestraft werden.


Erneuerbare Energien

Chinas Engagement im Bereich der erneuerbaren Energien in Südafrika fördert ebenfalls die nachhaltige Entwicklung. Südafrika war das erste Land auf dem Kontinent, das Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien in großem Stil einführte. 2012 zählte es zu den zehn weltweit führenden Ländern, die in erneuerbare Energie investierten. Neben internationalen wurden auch chinesische Unternehmen von diesen Boom angezogen. Zwar änderte sich ihre Rolle in der Lieferkette im Lauf der Jahre - von der Investorenseite zur Lieferung von Anlagen -, aber sie sind weiterhin in allen Bereichen wichtig.

Auf der Angebotsseite öffnete die chinesische Firma Jinko Solar, die auf den Kaiman-Inseln ihren Sitz hat und an der New Yorker Börse gelistet ist, 2014 eine Solarkollektorenfabrik in Kapstadt. Dazu investierte sie 7,4 Mio. US-Dollar. Diese Firma war die größte und modernste in ganz Afrika, sie konnte 1300 Kollektoren pro Tag bauen, die jährlich 120 Megawatt Strom produzieren können. Jinko zufolge wurde diese Fabrik gebaut, um dem Bedarf zu entsprechen, der durch das südafrikanische Programm zur Förderung erneuerbarer Energien PPPP entstanden ist. Im August 2014 deckte die Firma 30 Prozent des Marktanteils in Südafrika. Die nationale Regierung und die Provinzregierung hoffen, dass Direktinvestitionen wie die Jinko-Fabrik im Western Cape boomen und die Region zum grünen Wachstumszentrum im südlichen Afrika wird.

Zudem gibt es chinesische Direktinvestitionen in erneuerbare Energie, etwa Projekte wie den Longyuan Power Group Corp Ltd's 244 MW Wind Park im Northern Cape. Es begann 2015 und kooperiert mit Mulilo Renewable Energy Ltd and the Black Community Co. Auch das südafrikanische Energieministerium zählt zu den Partnern. Derzeit existieren zwar keine speziellen Arrangements, die China bevorzugen, aber der Markt ist stark genug, um Unternehmen aus China und aus anderen Ländern anzuziehen. Politisch motivierte Investitionsanreize haben zu einer Art Marktsicherheit geführt und ausländische Direktinvestitionen gefördert. Die Tatsache, dass verschiedene Unternehmen bereit sind, am Regierungsprogramm zu erneuerbaren Energien teilzunehmen, ist bemerkenswert, denn der Prozess ist zeit- und kostenintensiv und ohne Garantien.


Vorbild für Kooperation in Afrika?

Zu den Herausforderungen und der Abkehr von der Investorenrolle zählt das mangelnde Verständnis des kulturellen Kontextes. Wegen der traditionellen Hierarchien in chinesischen Unternehmen sind lokale Berater frustriert über die Unfähigkeit, eigene Entscheidungen zu treffen. Aber auch die Art und Weise, wie chinesische Unternehmen investieren, hat sich geändert. Sie sind weniger risikobereit und sind Partnerschaften mit lokalen Unternehmen eingegangen. Dementsprechend stiegen diese auf, während ausländische Direktinvestitionen sanken.

Auch auf südafrikanischer Seite wuchsen die Probleme. Der Energiekonzern Eskom versagte zeitweise, neue Wind- und Solaranlagen an das Stromnetz anzuschließen. So entstanden Engpässe. Und es gibt Widerstände gegen das Einspeisen von Stromüberschüssen, die Haushalte produziert haben. Wenn diese das aber könnten, würde es den Markt für erneuerbare Energie, die Haushalte produzieren, stark fördern. Aber die südafrikanische Regierung hält noch immer an staatlichen Monopolen fest.

Chinesische Unternehmen wollen in erneuerbare Energien investieren, dafür muss die südafrikanische Regierung pro-aktiv ein investorenfreundliches Umfeld schaffen. Aber Investitionen sind nicht genug. Auch technisches Wissen und Kompetenzen müssen vermittelt werden. Wissenstransfer muss auf bilateraler Basis geregelt und formalisiert werden. Und Technologietransfer sollte eine Priorität in den zukünftigen Afrika-China-Vereinbarungen FOCAC sein. Das ist ein Beispiel für eine Plattform, die Technologietransfers fördert.

Chinesische Unternehmen haben Südafrika im Bereich der erneuerbaren Energie und dem damit verbundenen Markt viel zu bieten. Ihre Kooperation könnte Vorbildfunktion für andere afrikanische Länder haben, die eigene Industrien zur erneuerbaren Energie entwickeln wollen. Wenn China in diesem Prozess ein aktiver Partner wird, ist viel für alle gewonnen. Und Südafrika hat gezeigt, wie die Kombination von Gesetzen mit Marktsicherheit im Bereich der erneuerbaren Energien Investitionen stimulieren kann. Aus diesem Grund und wegen seiner guten Verwaltung hat Südafrika hier Vorbildfunktion für andere afrikanische Länder.


Die Autoren forschen am Centre for Chinese Studies, Universität Stellenbosch.

*

Weitere Artikel in afrika süd Nr. 5, September/Oktober 2015

EINE STAATLICH KONTROLLIERTE LIEBE
Phillip de Wet kommentiert die Annäherung von Südafrika und China.

AKTUELL


ANGOLA

EINE REGIERUNG AM PRANGER
Die Menschenrechtslage in Angola ist besorgniserregend. Die EU-Abgeordnete Ana Gomes hat sich vor Ort aus erster Hand informiert.


SÜDAFRIKA

WACHSTUM MIT VERLIERERN?
Vor drei Jahren wurde der nationale Entwicklungsplan NDP in Südafrika eingeführt. Es ist an der Zeit, eine Bilanz zu ziehen, meint Nicoli Nattrass.


NAMIBIA - CHINA

NASHORN-WILDEREI, BERGBAU UND RINDER
Wer steckt hinter der Wilderei von Namibias Wüstennashörnern? John Grobler hat ein komplexes Netzwerk aufgedeckt, in dem auch chinesische Bergbauinteressen eine Rolle spielen.

WECHSELHAFTE ALLWETTERFREUNDSCHAFTEN
Die chinesisch-namibischen Beziehungen werden von den Regierungen beider Länder als "Allwetterfreundschaft" gewürdigt. Doch hinter der Fassade der Solidarität verstecken sich eher zwiespältige Erfahrungen mit Chinas, meint Henning Melber.


SIMBABWE - CHINA

DIAMANTEN FÜR WAFFEN UND NEUBAUTEN
Im Vorfeld des sino-afrikanischen Kooperationsforums FOCAC, das im Dezember in Südafrika stattfinden wird, hat China seinen Anspruch auf die Kontrolle über Simbabwes Ressourcenreichtum verstärkt. Von Itai Mushekwe.


TANSANIA - CHINA

DIE ILLUSION VOM GROSSEN AUFBRUCH
China hat in den vergangenen Jahren den afrikanischen Markt erobert. Doch jetzt wächst die Wut der Menschen auf importierte Billigware. Tobias Zick berichtet aus Tansania.


SÜDAFRIKA - CHINA

NACHHALTIGE UMWELTKOOPERATION
China engagiert sich auf nationaler und internationaler Ebene neuerdings im Umweltschutz. Auch in der Kooperation mit Südafrika zeichnet sich eine Trendwende ab, sagen Meryl Burgess und Harrie Esterhyse.


LESOTHO - CHINA

LEBEN IN UNSICHERHEIT
Chinesische Migration nach Afrika hat viele Facetten. Das alltägliche Leben chinesischer Händler dreht sich um Probleme wie Unsicherheit und kriminelle Gewalt, wie Sarah Hanisch in Lesotho zeigt.


MALAWI

AN DEN URBANEN RAND GEDRÄNGT
Städtische Armut und die Nutzung urbaner Räume sind vielschichtige Probleme im südlichen Afrika. Die Vertreibung von Straßenhändlern hat politische Gründe, Liam Riley stellt sie vor.

STRASSENHANDEL UND WOHNUNGSBAU IN LILONGWE
Malawis Stadtverwaltungen gehen unterschiedlich mit Straßenhändlern um. Pit Martin skizziert ihre Handelsmöglichkeiten und Wohnsituation.


TANSANIA: THEATER

AUF DEN SPUREN EINES DAMPFSCHIFFES
Goetzen/Liemba - Regisseur Jens-Erwin Siemssen erklärt die außergewöhnliche deutsch-tansanische Theaterkooperation.


TANSANIA: MUSIK

BONGO FLAVA - HIP-HOP IM WANDEL
Bongo-Flava ist fester Bestandteil der tansanischen Kultur- und Musikszene. Lisa Nixdorf geht der Frage nach, wie politisch Musik in Tansania noch sein kann.


SÜDAFRIKA: KUNST

A LABOUR OF LOVE
Südafrikanische Gegenwartskunst steht im Zentrum der kommenden Ausstellung "A labour of love. Kunst aus Südafrika - die 80er jetzt" im Weltkulturen Museum in Frankfurt. Nina Huber illustriert historische und konzeptionelle Hintergründe.

"KUNST IST SINNSTIFTEND"
Die Johannesburger Fotokünstlerin Kelebogile Ntladi war im Juli 2015 im Rahmen einer Künstlerresidenz zu Gast im Iwalewa Haus, Universität Bayreuth. Sie berichtet über ihre Arbeit.


SERVICE

HENNING MANKELL GESTORBEN

*

Quelle:
afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
44. Jahrgang, Nr. 5, September/Oktober 2015, S. 22-23
Herausgeber: informationsstelle südliches afrika e.V. (issa)
Königswinterer Straße 116, 53227 Bonn
Tel.: 0228 / 46 43 69, Fax: 0228 / 46 81 77
E-Mail: issa@comlink.org
Internet: www.issa-bonn.org
 
"afrika süd" erscheint mit 6 Heften im Jahr
Jahresabonnement Euro 35,-


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Februar 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang