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ARTENRAUB/142: Viren lassen Flamingo-Population in Afrika verschwinden (idw)


Universität Wien, Alexandra Frey, 20.01.2014

Viren lassen Flamingo-Population in Afrika verschwinden

Forscher der Universität Wien untersuchten Kaskadeneffekt in Nahrungskette



Ein Team um den Virenökologen Peter Peduzzi und den Algenforscher Michael Schagerl, beide von der Universität Wien, fand die Ursache für das massenhafte Verschwinden der in den Sodaseen des ostafrikanischen Rift Valley beheimateten Flamingo-Populationen. Hauptnahrung der Flamingos sind Cyanobakterien, sogenannten Blaualgen. Werden die Blaualgen von Viren befallen, was von Zeit zu Zeit geschieht, verschwinden damit auch hunderttausende Flamingos. Die Wissenschafter publizieren zu den Ursachen dieses Kaskadeneffekts aktuell im renommierten Fachjournal der Nature Publishing Group "The ISME Journal".

Foto: © Michael Schagerl

Massenauftreten von Flamingos am Lake Bogoria, Kenia
Foto: © Michael Schagerl

In den im ostafrikanischen Rift Valley gelegenen Sodaseen - der bekannteste ist der im Lake-Nakuru-Nationalpark in Kenia gelegene Nakurusee - leben 1,5 bis 2,5 Millionen kleine Flamingos (Phoeniconaias minor). Das sind etwa 75 Prozent des weltweiten Vorkommens dieser bedrohten Art. "Wenn an diesen Seen Massen von Flamingos dicht an dicht gedrängt im seichten Wasser umherstapfen und nach Nahrung suchen, ist das ein wirklich beeindruckendes Naturspektakel. Die Hauptnahrungsquelle der Flamingos ist die schnellwüchsige und in Massen vorkommende Blaualge, auch Cyanobakterium (Arthrospira fusiformis) genannt, die den Vögeln auch ihre rosa Farbe gibt", so Peter Peduzzi, weltweit renommierter Virenökologe vom Department für Limnologie und Ozeanographie der Universität Wien. Er arbeitet seit über 20 Jahren als mikrobieller Ökologe an der Bedeutung von Viren in aquatischen Systemen.

Foto: © Michael Schagerl

Virenökologe Peter Peduzzi (li) und Phykologe (Algenforscher) Michael Schagerl (re) vom Department für Limnologie und Ozeanographie der Universität Wien.
Foto: © Michael Schagerl

Viren infizieren Cyanobakterien und lösen Kaskadeneffekt aus

Der kleine Flamingo ist also der Endkonsument einer kurzen Nahrungskette. Nun kommt es in Afrikas Sodaseen immer wieder zu einem massenhaften Absterben der Cyanobakterien, von denen die Flamingos abhängig sind. Im Rahmen einer Studie am Nakurusee haben die Wissenschafter der Universität Wien zum ersten Mal geklärt, warum es zum Algensterben kommt, und wie dieses mit dem wiederholt auftretenden Verschwinden der örtlichen Flamingo-Populationen zusammenhängt.

Auslöser sind Viren: "Wir konnten im Wasser des Nakurusees nicht nur die größte bisher in einem natürlichen aquatischen Lebensraum gemessene Virenhäufigkeit feststellen, sondern auch eine mit dem Algen-Zusammenbruch einhergehende, hohe Infektionsrate bei den Cyanobakterien herausfinden", erklärt Virenökologe Peter Peduzzi. Während dieser Infektionsphase reduzierte sich, parallel zur Abnahme ihrer Hauptnahrungsquelle, auch die Flamingo-Population von über 1,25 Millionen auf ca. 1.500 verbleibende Individuen am Ende der Untersuchungsperiode."

Damit konnten die Forscher nachweisen, dass Viren einen Kaskadeneffekt in der Nahrungskette und in der Folge den Zusammenbruch einer Population von Endkonsumenten auslösen können.

Weitere Untersuchungen zu Kaskadeneffekten in Nahrungsketten

Die Studie unterstreicht das ökologische Potenzial von Viren als Verursacher von Kaskadeneffekten in Nahrungsketten. Dieser Sachverhalt könnte möglicherweise auch in vielen anderen, auf diesen Effekt noch nicht untersuchten, aquatischen Nahrungsnetzen vorkommen. Für die Forscher stellt sich auch die Frage, ob längerfristige Klimaveränderungen, z.B. Erwärmung und ausgedehnte Trockenperioden im Gebiet des Rift Valley, in Zukunft als Stressfaktoren häufigere Zusammenbrüche der Grundlage im Nahrungsnetz bewirken könnten.


Publikation in "The ISME Journal" (Nature Publishing Group): The virus's tooth: cyanophages affect an African flamingo population in a bottom-up cascade. Peter Peduzzi, Martin Gruber, Michael Gruber, Michael Schagerl. 16. Jänner 2014. DOI: 10.1038/ismej.2013.241
http://www.nature.com/ismej/journal/vaop/ncurrent/full/ismej2013241a.html

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.nature.com/ismej/journal/vaop/ncurrent/full/ismej2013241a.html

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter: http://idw-online.de/de/news569753
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Wien, Alexandra Frey, 20.01.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Januar 2014