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ASIEN/022: Pakistan - Jahrhundertflut füllt Süßwasserreservoire, Hoffnung auf bessere Ernten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Oktober 2010

Pakistan: Jahrhundertflut füllt Süßwasserreservoire - Bauern hoffen auf bessere Ernten

Von Zofeen Ebrahim

Ein pakistanischer Junge im Indus-Delta - Bild: © Kulsum Ebrahim/IPS

Ein pakistanischer Junge im Indus-Delta
Bild: © Kulsum Ebrahim/IPS
Keti Bunder, Pakistan, 22. Oktober (IPS) - Die jüngsten Überschwemmungen in Pakistan haben Millionen Menschen ins Unglück gestürzt. Für die Indigenen, die das Land zwischen den Flüssen des Indus-Deltas bewohnen, erwies sich die Naturkatastrophe hingegen als Segen: Sie brachte ihnen das Wasser, das die so dringend brauchen.

"Mit so viel Süßwasser wird unser Land wieder grün", sagt der etwa 70-jährige Ayub Dablo und strahlt übers ganze Gesicht. Dablo lebt mit seiner Familie in Trippin. Das kleine Dorf in der Provinz Sindh liegt ganz in der Nähe der Stelle, an der der 3.200 Kilometer lange Indus ins Arabische Meer einfließt. "Gott hat uns endlich erhört", sagt Ismail Janyaro, ein weiterer Einwohner der 50-Seelen-Gemeinde. "Wir haben hier seit über zehn Jahren auf frisches Wasser gewartet."

Auch Tahir Qureshi, Berater eines Küstenschutzprogramms der Weltnaturschutzunion (IUCN), erwartet positive Folgen. "Die Überschwemmungen haben den Menschen am Indus zwar großes Leid gebracht", sagt er. "Als Naturschützer sehe ich die Flut aber auch als Glück im Unglück. Landwirtschaft und Fischfang werden profitieren."

Heftige Monsun-Regenfälle hatten Ende Juli ein Fünftel Pakistans unter Wasser gesetzt, 18 Millionen Menschen waren betroffen. Noch immer ist die Regierung damit beschäftigt, Hunderttausenden zu helfen, die durch die Flutkatastrophe obdachlos geworden sind.


Höherer Grundwasserspiegel hält Meer auf Distanz

Der Bewässerungsexperte Bakhshal Lashari von der technischen Mehran-Universität im Jamshoro rechnet damit, dass die Delta-Region zwei bis drei Jahre lang von den Überschwemmungen profitieren wird. "Der Anstieg des Grundwasserspiegels in Küstennähe verhindert das Vordringen des Meeres", erklärt er. Außerdem haben die Überschwemmungen zu nährstoffreichen Sedimentablagerungen geführt, die die Fruchtbarkeit der Böden erhöhen. Wenn in dem Delta ständig zudem ausreichend Süßwasser vorhanden sei, müsse Pakistan kein Getreide importieren, meint der Fischer Mohammad Hassan Khaskehli.

Das Indus-Delta, in dem sich der sechstgrößte Mangrovenwald der Welt befindet, erstreckt sich über eine Fläche von rund 6.000 Quadratkilometer entlang der Küste in der Sindh-Provinz. Dort gibt es 17 größere und zahlreiche kleine Flüsse und von ihnen eingeschlossene Ebenen. Das Delta wird im Rahmen der Ramsar-Konvention über Feuchtgebiete geschützt und wurde teils zum Naturpark erklärt.

Nach Angaben des pakistanischen Umweltministeriums bedeckten die Mangroven einst eine Fläche von 26.000 Quadratkilometern. Durch natürliche Ursachen und menschliches Eingreifen ging die Süßwasserzufuhr in der Region stark zurück. Die Mangrovenwälder schrunpften daraufhin auf knapp 2.600 Quadratkilometer und damit ein Zehntel ihrer früheren Ausdehnung zusammen.

Der 74-jährige Janyaro erinnert sich an frühere Zeiten, wenn er das Hochwasser des Indus vor sich sieht. "Das Delta war einmal sehr fruchtbar und hatte eine üppige Vegetation", sagt er. "Neben Bananenplantagen und Reisfeldern gab es hier viele Olivenbäume und Kokospalmen."

Damals seien auch Zugvögel wie rote Kraniche, Schwäne und Gänse in Scharen in die Gegend gekommen, berichtet der Journalist Iqbal Khwaja, der ursprünglich aus Sindh stammt. Der Rückgang der Mangroven und Süßwasserreserven sowie die klimatischen Veränderungen hätten verhindert, dass sich die Vögel zum Brüten im Indus-Delta niederlassen konnten, sagt er. Schließlich hätten sie ihre Flugroute geändert.


Fischbestände haben sich vergrößert

Das geschädigte Ökosystem des Indus-Deltas könne sich nun regenerieren, erklärt Mohammad Ali Shah, der die Nichtregierungsorganisation 'Pakistan Fischerfolk Forum' leitet. "Seit den frühen neunziger Jahren floss das Wasser aus dem Indus nur noch in schmalen Rinnsalen hierhin. Die kürzliche Flut hat die Grundwasseradern wiederaufgefüllt und die Fischpopulationen anwachsen lassen."

Shah gibt allerdings auch zu bedenken, dass die einmalige Zufuhr an Frischwasser das Delta nur für eine begrenzte Zeit ansteigen zugute kommt. "Was wir brauchen, ist eine konstante Frischwasserzufuhr." Der Ingenieur Lashari fügt hinzu, dass das Meer nur dann auf Distanz gehalten werden kann, wenn dauerhaft zumindest eine geringe Menge Wasser aus dem Indus in das Delta abfließt. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.iucn.org/about/union/secretariat/offices/asia/asia_where_work/pakistan/about_iucnp/
http://www.ramsar.org/cda/en/ramsar-home/main/ramsar/1_4000_0__
http://www.pff.org.pk/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=53239

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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Oktober 2010