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ASIEN/091: Indonesien - Neuer Präsident lässt Lizenzen für Palmölproduzenten überprüfen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. Dezember 2014

Indonesien: Moore gehen vor - Neuer Präsident lässt Lizenzen für Palmölproduzenten überprüfen

Gastbeitrag von Jeff Conant von 'Friends of the Earth / USA'


Bild: © WALHI/Friends of the Earth-Indonesien

Indonesiens Präsident Joko Widodo (im Vordergrund rechts) und der Geschäftsführer von 'WALHI', Abetnego Tarigan (im Vordergrund links) in Sungai Tohor
Bild: © WALHI/Friends of the Earth-Indonesien

Jakarta, 10. Dezember (IPS) - Indonesiens neuer Staatspräsident Joko Widodo hat Ende November die Umwelt- und Forstbehörden in Jakarta aufgefordert, die Lizenzen für Unternehmen zu überprüfen, die Torfmoore in Ölpalmenplantagen umgewandelt haben. Sollte die Revision tatsächlich erfolgen, wäre damit ein entscheidender Schritt getan, um die Palmölproduktion in ihre Grenzen zu weisen und die für das Klima fatale Moorlandzerstörung aufzuhalten.

Das Indonesische Umweltforum, ein Zusammenschluss der Organisationen WALHI und 'Friends of the Earth - Indonesien', hatte die Regierung in Jakarta immer wieder auf die dringliche Notwendigkeit einer solchen Maßnahme hingewiesen. Doch erst der neue Staatschef scheint dazu bereit. Die entsprechende Ankündigung erfolgte bei einem Besuch in der Ortschaft Sungai Tohor in der Provinz Riau im Osten der Provinz Sumatra.

WALHI arbeitet seit langem mit der Dorfgemeinschaft zusammen. WALHI war es auch, die 'Jokowi', wie der neue Staatschef im Volksmund genannt wird, nach Riau einlud. "Wir wollten ihm zeigen, wie erfolgreich die Dorfgemeinschaft die Moore zu schützen vermag", so der WALHI-Aktivist Zenzi Suhadi. "Wir wollten ihn davon überzeugen, dass die Vergabe von Lizenzen an die Palmölunternehmen der falsche Ansatz ist." Die Strategie ist offenbar aufgegangen.


Moore im großen Stil abgefackelt

Die Torfmoore, wassereiche Ökosysteme, die einen erheblichen Teil des indonesischen Regenwaldes ausmachen, können große Mengen Kohlendioxid speichern. Die weitverbreitete Praxis, die Moore trockenzulegen und abzufackeln, um dort Plantagen mit Ölpalmen oder anderen Nutzpflanzen hochzuziehen, hat das Land jedoch nach China und den USA zum weltweit drittgrößten Treibhausgasemittenten gemacht.

Für Umweltschützer ist die Provinz Riau Indonesiens Ground Zero. Fast ununterbrochen wird dort Torf abgebrannt, um Platz für neue Plantagen zu schaffen. Die Region ist daher in dichten Rauch gehüllt. Und die Palmölproduzenten arbeiten seit Jahren daran, dafür zu sorgen, dass sie ihre Aktivitäten ungestört fortsetzen können.

Als der Konzern 'Wilmar International', einer der globalen Marktführer, im vergangenen Jahr ankündigte, kein in Torfmoorgebieten gewonnenes Palmöl mehr zu verkaufen, legten die Zulieferer Protest ein. Sie argumentierten, dass ein solches Vorgehen nicht nur der Industrie, sondern auch den Kleinbauern in der Region schaden würde.

Der neue Staatschef scheint diese wirtschaftlichen Bedenken sehr ernst zu nehmen. Seine Ankündigung, die Palmölkonzessionen überprüfen zu lassen, erfolgte erst, nachdem er der örtlichen Dorfgemeinschaft beim Ausbringen von Sagopalmsetzlingen zugeschaut hatte. Aus dieser Palmenart wird Sago gewonnen, das als Verdickungsmittel im In- und Ausland vermarktet wird.

"Das beste was man tun kann, ist, das Land den Menschen zu überlassen. Was Menschen tun, ist in der Regel umweltfreundlich," meinte er gegenüber der Zeitung 'Jakarta Globe'. "Doch wenn wir unser Land den Unternehmen überlassen, werden sie monokulturell bewirtschaftete Plantagen anlegen."

Seine Entscheidung, die Konzessionen der Firmen zu überprüfen, stellt die Interessen der Bürger über die der Industrie. Auf eine solche Rangfolge haben die Indonesier, wie uns Suhadi versichert, jahrzehntelang gewartet. "Endlich ist der Regierung klargeworden, dass sie der Bevölkerung den Schutz der Wälder überantworten sollte," meinte er.

Kurz zuvor hatte Jakarta ein vier- bis sechsmonatiges Moratorium auf Holzkonzessionen angekündigt. Das Verbot geht über ein 2011 landesweit in Kraft gesetztes Moratorium hinaus, das neue Nutzungsgenehmigungen auf einer Fläche von mehr als 14 Millionen Hektar Wald und Moorland untersagte.

Jokowi will zudem die Wald- und Umweltministerien zusammenlegen. Für dieses neue Ministerium soll Siti Nurbaya zuständig sein. Diesen Schritt, der im Land durchaus Kritik hervorgerufen hat, sehen Beobachter als Signal für eine radikale Neuausrichtung der staatlichen Verwaltung von Land und anderen natürlichen Ressourcen.


Korruption bekämpfen

Der Staatspräsident hat ebenfalls zugesagt, den bekanntermaßen korrupten Forstsektor zu reformieren, um die Entwaldung zu stoppen.

Dem WALHI-Geschäftsführer Abetnego Tarigan zufolge sollte Widodo seinem Besuch in dem Dorf nun konkrete Schritte folgen lassen. So könnte er als erstes denjenigen Unternehmen die Konzessionen entziehen, die nachweislich an Wald- und Moorbränden beteiligt waren. Nach der Durchsetzung geltenden Rechts müssten die erforderlichen rechtlichen Schritte gegen die Verdächtigen eingeleitet und die Beschwerden von Zivilisten gegen die Unternehmen untersucht werden.

Der ökologische und soziale Niedergang, den die Palmölproduktion eingeleitet hat, wurde durch Korruption und kriminelles Handeln möglich gemacht. Damit sich die Wälder wieder erholen können und die Menschen ihre Rechte wiedererlangen, müssen die rechtlichen Möglichkeiten, gegen kriminelle Unternehmen vorzugehen, gestärkt werden. Wie WALHI kritisiert, sind die Stellen, die für die Einhaltung der Gesetze zuständig sind, Teil der kriminellen Handlungen.

Es sieht danach aus, dass nach Jahrzehnten um sich greifender Korruption, massiver Entwaldung, Klimaverschmutzung und der daraus erwachsenen sozialen Konflikte der neue Präsident Indonesiens ernsthaft bestrebt ist, den notwendigen Wandel herbeizuführen. (Ende/IPS/ck/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/12/indonesias-new-president-puts-rainforests-before-palm-oil-plantations/

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IPS-Tagesdienst vom 10. Dezember 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Dezember 2014