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ASIEN/097: Abkehr von Transfetten in Industrieländern bedingt Waldschwund in Palmölproduzentenländern (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. August 2015

Südostasien: Abkehr von Transfetten - Drastischer Waldschwund in Palmölproduzentenländern

von Zhai Yun Tan


WASHINGTON (IPS) - Seitdem Transfettsäuren in Nahrungsmitteln aus gesundheitlichen Gründen in Verruf geraten sind, greift die Lebensmittelindustrie zunehmend auf Palmöl zurück - mit fatalen Folgen. So droht Südostasiens Palmölproduzentenländern, die 85 Prozent des weltweit gehandelten Palmöls liefern, der Verlust ihrer Wälder.

Transfette sind chemisch gehärtete Öle, die in Industrienahrung wie Fertigpizza, Tütensuppen, Blätterteig und Speiseeis, aber auch in Käse und Butter vorkommen. Sie verursachen unter anderem Arteriosklerose, die zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führen kann. Die US-Lebensmittelbehörde FDA hat im Juli ein Verbot für Transfette verhängt, nachdem Studien die Gesundheitsgefahren nachgewiesen hatten.


Anstieg der Nachfrage um 60 Prozent erwartet

Dieses Verbot und das zunehmende Interesse an Palmöl in China und Indien dürften den Palmöl-Boom weiter beflügeln. Nach Schätzungen der UN-Agrarorganisation FAO wird die globale Nachfrage zwischen 1999 und 2050 wahrscheinlich um 60 Prozent steigen. Seit 1999 haben die Palmölimporte der USA laut der Agrarbehörde USDA um mehr als 80 Prozent zugelegt.

"Palmöl und gehärtete Fette haben viele gemeinsame Eigenschaften. Deshalb wird Palmöl häufig als Ersatz verwendet", erläutert die Tropenwald-Forscherin Lael Goodman vom Verband der besorgten Wissenschaftler. "Es ist zurzeit das billigste Pflanzenöl auf dem Markt."

Das UN-Umweltprogramm (UNEP) und 'Greenpeace International' sehen Ölpalmenplantagen als die Hauptursachen für den Waldschwund in Indonesien und Malaysia. Obwohl die USA das Palmöl zum Großteil aus Malaysia einführen, wächst dort der Sektor aufgrund begrenzt vorhandener Plantagen und Arbeitskräfte nur langsam, wie USDA berichtet.

Seit 2011 führt Indonesien die Riege der Palmölexporteure an. Aufgrund der steigenden Nachfrage will das Land die Produktion bis 2020 verdoppeln, obwohl es bereits jetzt den weltweit prozentual größten Waldschwund verzeichnet. Staatspräsident Joko Widodo verschärfte in diesem Jahr ein 2011 in Kraft gesetztes Moratorium, das die Entwaldung eindämmen soll. Die Expansion der Palmölplantagen in Primärwäldern und Mooren verlaufe dennoch unkontrolliert, warnt die USDA.


Rund sechs Millionen Hektar Primärwald in Indonesien vernichtet

Aus einer gemeinsamen Studie der US-Universität Maryland und dem Weltressourceninstitut (WRI) in Washington geht hervor, dass Indonesien zwischen 2000 und 2012 mehr als sechs Millionen Hektar Primärwald verloren hat. Diese Fläche entspricht der Hälfte der Größe Englands. "Für 2014 und 2015 liegen noch keine Daten vor. 2013 wurde ein Rückgang der Entwaldung registriert. Dennoch befindet sich der Waldschwund auf einem der höchsten Niveaus in der Geschichte des Landes", sagt James Anderson, Sprecher des WRI-Waldprogramms.

Indonesien ist auch dafür bekannt, durch das Abbrennen von Wäldern zu dem gravierenden Smog-Problem in Südostasien beizutragen. Oftmals werden Feuer in Wäldern gelegt, um Platz für neue Ölpalmenplantagen zu schaffen. "Bis zu 20 Prozent der in Brand gesetzten Flächen sind auf die Palmölproduktion zurückzuführen", erklärt Goodman. "Wenn die CO2-reichen Torfböden abgefackelt werden, brennen sie manchmal monate- wenn nicht gar jahrelang. Dadurch wird viel Feinstaub freigesetzt, der sich in der Luft über Asien verteilt. Dies führt jedes Jahr zu gewaltigen Gesundheitsproblemen."

Ihren Höhepunkt erreichen die Brände für gewöhnlich im September. 2013 waren Malaysia und Singapur besonders stark von Smog betroffen. Angesichts der bevorstehenden Klimaanomalie 'El Niño', die bei ihrem unregelmäßigen Auftreten zu einer Veränderung der Meerestemperatur führt, erwartet die Wetterbehörde in Singapur, dass der aus Indonesien heranziehende Smog auch in diesem Jahr gravierende Auswirkungen haben wird.


Unternehmen reagieren auf Druck der Öffentlichkeit

Wie Goodman erklärt, haben die Unternehmen aufgrund des öffentlichen Drucks damit begonnen, Palmöl zu produzieren, ohne noch mehr Wald zu vernichten. "Die Firmen achten mittlerweile sehr darauf, woher das Palmöl kommt." Doch nicht alle Zusagen werden zeitnah umgesetzt. "In manchen Fällen wird es noch bis 2020 dauern", so Goodman.

Der 2004 gegründete Runde Tisch zu nachhaltigem Palmöl (RSPO) hat die Aufgabe, umweltfreundlich hergestelltes Öl zu zertifizieren. Auf der Website der unabhängigen Organisation erfährt man, dass sie mehr als 2.000 Mitglieder hat und 40 Prozent aller palmölproduzierenden Unternehmen repräsentiert. 20 Prozent des weltweit gehandelten Palmöls tragen demnach das RSPO-Nachhaltigkeitssiegel. Mehrere Unternehmen, darunter auch deutsche, haben sich bereits dazu verpflichtet, Palmöl ausschließlich von Plantagen zu beziehen, die sich nicht in ehemaligen Waldgebieten befinden.

Die Initiative 'Global Forest Watch' (GFW) sammelt Informationen zu Waldbränden und Entwaldung in Indonesien. In Echtzeit kann auf der Website beobachtet werden, wo auf der Welt auf Bäume verschwinden. Laut dem WRI nutzen Firmen wie 'Unilever' und Mitglieder von RSPO diesen Dienst.

"Viele Unternehmen verfügen selbst nicht über die Instrumente, um ihre Zusagen umzusetzen. Es ist sehr schwierig, einen Überblick über die Lieferkette zu gewinnen und zu kontrollieren, ob das Palmöl aus einem entwaldeten Gebiet stammt", so Sarah Lake von GFW. Firmen könnten sich von der Initiative unentgeltlich über Brände und Abholzungen in Gebieten benachrichtigen lassen, aus denen sie ihr Palmöl beziehen. (Ende/IPS/ck/11.08.2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/08/trans-fat-substitute-may-lead-to-more- deforestation/

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IPS-Tagesdienst vom 11. August 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. August 2015

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