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ATOM/044: Niger - Uran-Bergarbeiter fordern Schutz vor Verstrahlung durch französischen Atomriesen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 18. April 2013

Niger: Angst vor Verstrahlung - Uran-Bergarbeiter fordern Schutz vor französischem Atomriesen

von Emmanuel Haddad



Niamey, 18. April (IPS) - Die Zivilgesellschaft und die Bergarbeiter in Niger werfen dem französischen Unternehmen 'Areva' und der chinesischen Firma 'Somina' vor, mit dem Uranabbau der Umwelt und der Bevölkerung in dem westafrikanischen Land zu schaden.

Der Verband zivilgesellschaftlicher Organisationen SOSC hat die Bewohner von Arlit im Norden aufgerufen, gegen die Aktivitäten des französischen Atomriesen zu protestieren. Die Bevölkerung der Stadt hat nur eingeschränkten Zugang zu Trinkwasser, und das Grundwasser geht zurück. Der Minenbetrieb verursacht auch sanitäre und ökologische Probleme.

Die nigrische Regierung streitet die Missstände zwar nicht ab, findet aber auch keinen rechten Kompromiss. "Es reicht", ereifert sich Sanissou Harouna von der Bergarbeitergewerkschaft in Azelik im Norden des Landes. Die 600 nigrischen Beschäftigten der Gesellschaft Somina, die zum größten Teil in chinesischer Hand ist, befinden sich seit dem 21. März in einem unbefristeten Ausstand.

Sie protestieren gegen gefährliche und unwürdige Arbeitsbedingungen. "Wir haben weder Geräte, um die Radioaktivität zu messen, noch irgendeinen Schutz", kritisiert Harouna. "Erst im vergangenen Monat ist ein Kollege gestorben. Da das nächste Krankenhaus 80 Kilometer entfernt ist, konnten wir ihm nicht helfen."

Die Firmenleitung hüllt sich angesichts der Empörung der Belegschaft in Schweigen. Die Regierung versucht unterdessen, die Gespräche zwischen dem Unternehmen und der Gewerkschaft wieder in Gang zu bringen. "Die Schließung der Mine von Azelik würde allen schaden: den Bergarbeitern, den Aktionären und dem Staat", warnt Abdou Abderrahmane vom nigrischen Bergbauministerium.

Abderrahmane ist der Ansicht, dass die Arbeiter den ersten Schritt machen müssten. "Wir haben ihnen gesagt, dass Somina sein Budget bereits um etwa 76 Millionen Euro überschritten hat. Daraufhin erklärten sie sich bereit, ihre Forderungen zurückzuschrauben, sofern die Firmenleitung ihnen im Gegenzug entgegenkommen würde."


Chinesische Mitarbeiter finanziell bessergestellt

Das Unternehmen will vor allem auf die Forderung der Streikenden nach einer Lohnerhöhung nicht eingehen. "Die leitenden Angestellten verdienen im Monat umgerechnet 305 Euro und die Arbeiter nur 182 Euro. Und die hundert Chinesen, die bei uns die gleichen Stellen besetzen, erhalten fünf Mal mehr", kritisiert Harouna.

"Vor dem Streik lag die Produktion so gut wie danieder", erklärt Abderrahmane. "Um das Schiff zu retten, muss man auf jeder Seite Opfer bringen." Bald soll aber in Azelik eine Untersuchung stattfinden, um zu klären, inwieweit Arbeitsrechte und Umwelt auf dem Firmengelände geschützt werden.

Die Schäden an der Natur bereiten den Einwohnern von Arlit, 150 Kilometer nordöstlich von Azelik entfernt, die größten Sorgen. Areva hat dort nach eigenen Angaben in 41 Jahren mehr als 120.000 Tonnen Uran gefördert.

"Das ewige Problem sind der Zugang zu Trinkwasser und das Absinken des Grundwasserpegels sowie die sanitären und ökologischen Missstände aufgrund des Bergbaus und der beklagenswerte Zustand der 488 Kilometer langen Urantransportstraße von Tahoua nach Arlit", heißt es auf der Beschwerdeliste, die dem französischen Unternehmen bereits mehrfach vorgelegt wurde. "Diese Forderungen stellen wir bereits seit 2003. Eine Antwort haben wir jedoch nie erhalten", sagt Azaoua Mahaman, Koordinator von SOSC.


Dramatisch hohe Strahlenwerte

In einer Feldstudie von 2009 hat die Umweltschutzorganisation 'Greenpeace' dargelegt, dass die Radioaktivität auf den Straßen der Bergbaustadt Akokan etwa das 500-Fache des Normalwertes beträgt. Dort befindet sich 'Cominak', ein Tochterunternehmen von Areva.

In Arlit hat Areva inzwischen einen Schritt in Richtung der Zivilgesellschaft gemacht und ein Gesundheitsbeobachtungszentrum in der Region Agadez eingerichtet. Dort sollen ehemalige Bergarbeiter auf Schäden durch Radioaktivität untersucht werden. (Ende/IPS/ck/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. April 2013