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ARTENSCHUTZ/017: Biodiversitätsrat im Startloch - Auch WTO-Politik soll Thema werden (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. März 2011

Umwelt: Biodiversitätsrat im Startloch - Auch WTO-Politik soll Thema werden

Von Stephen Leahy

Gebirgsvegetation auf der Orizaba-Sptize, Mexiko - Bild: © Mauricio Ramos/IPS

Gebirgsvegetation auf der
Orizaba-Sptize, Mexiko
Bild: © Mauricio Ramos/IPS
Uxbridge, Kanada, 11. März (IPS) - Nach fünf Jahren Vorbereitungszeit soll die Zwischenstaatliche Plattform für Biodiversität und Ökosystem-Dienstleistungen (IPBES) in diesem Jahr offiziell gestartet werden. Aufgabe des neuen Expertenrats wird sein, die Auswirkungen politischer Vorhaben auf die Artenvielfalt und die natürlichen Habitate zu prüfen. Auch Entscheidungen der Welthandelsorganisation (WTO) sollen analysiert werden.

Hinter der Geburt von IPBES, der kleineren Schwester des Weltklimarats, steht die Erkenntnis, dass es vor allem die politischen Entscheidungsträger sind, die für den Artenschwund und die Zerstörung der weltweiten Ökosysteme verantwortlich sind. Um politischen Fehlentscheidungen vorzubeugen, sollen die Risiken nun von wissenschaftlicher Seite abgeschätzt werden.


Artenschutz lebenswichtig

"Generell müssen die Menschen die Bedeutung der Artenvielfalt und der Dienstleistungen, die ihnen die Ökosysteme kostenlos bereitstellen, erst noch schätzen lernen", meint Charles Perrings, Professor für ökologische Wirtschaftswissenschaften an der 'Arizona State University' in den USA: "Auch ist ihnen gar nicht bewusst, was der Artenschwund für sie selbst bedeutet."

Der Begriff 'Artenvielfalt' meint alle lebenden Organismen der Erde, die die biologische Infrastruktur schaffen, die für Gesundheit, Wohlstand, Nahrung, Wasser, Wärme und viele anderen Grundvoraussetzungen des menschlichen Lebens entscheidend sind. Etliche Untersuchungen einschließlich der dritte Globale Ausblick zur Lage der Artenvielfalt haben nachgewiesen, dass politische Entscheidungen und Versäumnisse, Artenschutzbestimmungen umzusetzen, die biologische Infrastruktur in große Gefahr gebracht haben.

"Entscheidungen, die die Biosphäre verändern, sind von tiefgreifender Bedeutung für das Wohlergehen der Menschheit", betonte Perrings. "Deshalb ist es wichtig, dass die politischen Entscheidungsträger von uns Wissenschaftlern beraten werden." Seiner Meinung nach müssen auch die potenziellen Auswirkungen von WTO-Vorhaben auf Habitate und Arten untersucht werden.

Dass der weltweite Handel zum Artenschwund beitragen kann, steht außer Frage. Auf seine Kappe geht die Invasion fremder Arten, die sich gegen einheimische Arten durchsetzen. Auch Agrarsubventionen, über die in der laufenden Doha-Runde gestritten wird, können sich negativ auf die Artenvielfalt auswirken. "Als erstes würden wir uns die Konsequenzen ansehen, die Veränderungen in der Agrarpolitik mit sich bringen", so Perrings.

IPBES soll aber nicht nur ein Bewusstsein für die wichtige Rolle schaffen, die die Biodiversität spielt, sondern den Entscheidungsträgern die möglichen Auswirkungen ihres Handelns durch anschauliche Projektionen vor Augen führen, wie Connie Martinez vom Weltnaturschutzbund (IUCN) in der Schweiz betont.

In der Vergangenheit seien Entscheidungen über einen Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben wurden, ohne die Folgen für die Ökosysteme wissenschaftlich zu erforschen, so Harold Mooney von der Universität Standford. Dabei sei Artenvielfalt so viel mehr als eine Frage des Umweltschutzes, schrieben Mooney und Perrings in einem gemeinsamen Artikel über IPBES.


Unbezahlbarer Dienst der Natur

Intakte Wälder und Feuchtgebiete sind ein natürlicher Wall gegen Überschwemmungen. Jeder einzelne Hektar Korallenriff erfüllt Aufgaben, die einen Wert von 130.000 US-Dollar im Jahr entsprechen. In einigen Weltregionen beträgt der Wert ihrer Leistungen sogar 1,2 Millionen Dollar pro Hektar und Jahr.

Investitionen in die Argenvielfalt amortisieren sich nicht nur, sie schütten reiche Dividenden aus. 1,1, Millionen Dollar in Mangroven zu investieren, heißt 7,3 Millionen Dollar an Investitionen für den Bau von Deichen einsparen.

Obwohl im Juni 2010 93 Staaten der Gründung von IPBES zugestimmt haben, verfügt das Panel bisher über keinen Etat, kein Personal und auch keine Adresse. Darüber soll nun auf einer ersten Plenarsitzung entschieden werden, Südkorea und Kenia haben sich bereits als Standort für den neuen Biodiversitätsrat angeboten. Mit ein bisschen Glück, so der Wissenschaftler Perrings, wird IPBES Anfang nächsten Jahres seine Arbeit aufnehmen. (Ende/IPS/kb/2010)


Links:
http://www.cbd.int/doc/publications/gbo/gbo3-final-en.pdf
http://www.sciencemag.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=54729

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 14. März 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2011