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FRAGEN/004: Zum Schutz der Antarktis beitragen - Polarforscher Robert Swan im Interview (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 13. September 2013

Umwelt: 'Südpol-Expedition als ultimativer Test für die erneuerbaren Energien' - Polarforscher Robert Swan im Interview

von Anna Shen


Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von Robert Swan

Robert Swan in der Antarktis

Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von Robert Swan

San Francisco, USA, 13. September (IPS) - Mehrere Jahrzehnte ist es her, dass Robert Swan dem inzwischen verstorbenen Ozeanforscher Jacques Cousteau versprochen hat, zum Schutz der letzten großen Wildnis, der Antarktis, beizutragen. "Wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir unseren Planeten künftig mit Energie versorgen wollen", sagte er im IPS-Gespräch. "Tun wir das nicht, wird es keine Welt mehr geben, die wir erforschen könnten."

2041 steht die Revision des Antarktis-Schutzprotokolls an. Sollte das Abkommen geändert werden, drohen einem der letzten unberührten Ökosysteme unumkehrbare Eingriffe. Um die Öffentlichkeit über die damit verbundenen Gefahren zu informieren, wird er im nächsten Jahr zu einer zweijährigen Expedition zum Südpol aufbrechen und ausschließlich erneuerbare Energien verwenden.

Swan ist Herausforderungen gewohnt. In den 1980er Jahren war er als erster zum Nord- und zum Südpol aufgebrochen. Er gehörte ebenso zu den ersten, die vor dem Abschmelzen der Polkappen infolge des Klimawandels gewarnt hatten.

Der Brite hält sich derzeit in den USA auf, um für sein Anliegen zu werben. Seinen ersten Zwischenstopp legte er in Colorado ein, wo er mit den Förderern erneuerbarer Energien, Ted Turner und T. Boone Pickens, zusammenkam. Am 16. September ist er Gastredner der 'TEDxUN Plaza', einer Initative zur Verbreitung innovativer Ideen.

Es folgt das Interview in Auszügen.

IPS: Was genau wollte Jacques Cousteau von Ihnen und wie werden Sie vorgehen, um Ihr Versprechen einzuhalten?

Robert Swan: Cousteau hat mich gebeten, für den Schutz der Antarktis zu sorgen. 50 Jahre lang hatte er sich dafür eingesetzt, diesen einzigartigen Ort zu schützen. Die Förderung erneuerbarer Energien kann dabei helfen, dieses Ziel zu erreichen. Wenn wir die Antarktis retten wollen, müssen wir dafür sorgen, dass es sich nicht mehr lohnt, in der Antarktis nach Rohstoffen zu suchen.

Ich war an beiden Polen und habe die Anzeichen des Klimawandels schon gesehen, bevor die Welt diesbezüglich aus ihrem Schlaf erwacht ist. Es geht um das Überleben der Erde.

Wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir unseren Planeten künftig mit Energie versorgen wollen. Tun wir das nicht, wird es keine Welt mehr geben, die man erforschen könnte.

Wir werden zu einer zweijährigen Expedition aufbrechen. Das wird eine echte Herausforderung werden, auch weil wir versuchen wollen, in der Antarktis ausschließlich mit erneuerbaren Energien auszukommen, was noch nie jemand versucht hat. Wir wollen die erneuerbaren Energien einem ultimativen Test unterziehen. Wir werden auf Erden nicht überleben können, wenn wir nicht langsam beginnen, auf erneuerbare Energien umzusteigen.

Diese besondere Geschichte, die wir schreiben werden, handelt davon, wie wir über schmelzende Eiskappen wandeln und unsere Gesichter wegen des vor 25 Jahren entstandenen Ozonlochs verbrennen werden.

IPS: Inwieweit hat Ihre Sensibilisierungsmission mit Entwicklungsländern zu tun?

Swan: Als ich vor 22 Jahren zu den Polen aufgebrochen bin, hatten die meisten Menschen das Thema Energie noch nicht auf ihrem Schirm. Auch in China und Indien war die Stromversorgung kein vordergründiges Thema.

Inzwischen arbeite ich mit Indien an erneuerbaren Energieprojekten. Wenn wir Indien und China mit deren jeweils eine Milliarde Menschen nicht dazu bringen können, auf saubere Energien umzusteigen, bekommen wir ein Problem.

Ich bemühe mich seit 15 Jahren um Indien und China. Es viel wichtiger, diese Länder als die USA auf Kurs zu bringen. Es gibt mehr Menschen in Bombay als in Kalifornien. Allein in dieser indischen Stadt leben 30 Millionen Menschen.

IPS: Über erneuerbare Energien zu reden, klingt recht gut, zumindest theoretisch. Doch wer soll diese Technologien bereitstellen?

Swan: Die USA sind in dem Bereich am weitesten fortgeschritten und verfügen über das meiste Geld. Sie sind brillant, was ihr technologisches Wissen angeht. Wenn jemand in den USA eine gute Idee hat, stehen die Chancen gut, dass sich etwas bewegt.

Steve Jobs hatte in einer Garage in Berkeley angefangen. Wenn man eine phantastische Idee hat, kann man dafür sorgen, dass sie funktioniert. Man muss die erforderlichen Finanzmittel auftreiben, um die Technologie ans Laufen zu bringen. Menschen sind zu Investitionen bereit. Mit Banken und Infrastrukturen im Rücken können die Technologien geschaffen werden.

IPS: Was kommt Ihrer Meinung nach in der internationalen Diskussion zu kurz?

Swan: Die Wissenschaft sagt uns genau, wie wir bestimmte Dinge handhaben könnten. Doch die Menschen weltweit halten sich nicht daran. Sie hören einfach nicht zu. Sie sind festgefahren.

Es gibt viele Schwellenländer, die wollen, was wir im Westen wollen. Ein Land wie Indien produziert eine bis 1,5 Tonnen CO2 pro Kopf. Die USA hingegen 22 Tonnen. Die Inder sagen: Wie soll es einen Wandel geben, wenn sie 22 Tonnen und wir eine Tonne produzieren. Warum dürfen wir nicht tun, was sie tun?

Die USA müssen Führungsstärke an den Tag legen, zeigen, dass sie selbst auch bereit sind, etwas zu ändern. Ansonsten machen sie sich unglaubwürdig. Das Gleiche gilt für Europa. (Ende/IPS/kb/2013)


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IPS-Tagesdienst vom 13. September 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. September 2013