Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → INTERNATIONALES


KATASTROPHEN/120: Papua-Neuguinea - Fast zweieinhalb Millionen Menschen von extremer Dürre betroffen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. November 2015

Papua-Neuguinea: Fast zweieinhalb Millionen Menschen von extremer Dürre betroffen

von Catherine Wilson



Bild: © Catherine Wilson/IPS

Dorfbewohner in Avaninofi im Osten von Papua Neuguinea
Bild: © Catherine Wilson/IPS

GOROKA, PAPUA-NEUGUINA (IPS) - Ein Drittel der Einwohner Papua-Neuguineas leidet derzeit unter der schlimmsten Dürre dieses Jahrhunderts. Vorhersagen zufolge werden die Folgen des diesjährigen Klimaphänomens 'El Niño' nicht nur im bevölkerungsreichsten pazifischen Inselstaat bis März kommenden Jahres zu spüren sein.

Laut Dickson Guina, dem Vorsitzenden des nationalen Ausschusses für Katastrophenhilfe, mangelt es etwa 2,4 Millionen Menschen in den meisten der 22 Provinzen des Landes gravierend an Nahrungsmitteln und Trinkwasser. Viele Schulen und Krankenhäuser mussten aufgrund von Wassermangel schließen.

"Wasser ist unser größtes Problem. In unserer Nähe gibt es keinen Fluss, den wir nutzen könnten. Um Trinkwasser zu erhalten, müssen wir auf Regen warten", sagt Mangab Selau, der in einem der betroffenen Gebiete wohnt. "Für jeweils zehn Haushalte gibt es nur einen Wassertank. Das reicht nicht aus." Seine Nachbarin Hilda Jerome befürchtet, dass das aus Brunnen geschöpfte Wasser vor allem die Kinder gefährde.


Ernten durch lange Trockenperiode vernichtet

Mehr als 80 Prozent der 7,3 Millionen Einwohner des Pazifikstaates leben in ländlichen Regionen und decken ihren Nahrungsbedarf durch Subsistenzlandwirtschaft. In diesem Jahr hat die Trockenheit bereits im Mai begonnen. Flüsse und andere Wasserquellen sind daher längst ausgetrocknet. Die Dürre ließ Grundnahrungsmittel wie Süßkartoffeln und Taro nicht gedeihen. In zentral gelegenen Berggebieten, wo 40 Prozent der Bevölkerung leben, wurden Dorfgärten durch Frost vernichtet.

Für die Katastrophenhilfe stellte die Regierung zunächst etwa 8,3 Millionen US-Dollar bereit. Hinzu kommen nun weitere rund 700.000 Dollar für jeden von der Dürre betroffenen Distrikt. Insgesamt stehen den 89 Distrikten etwa 60 Millionen Dollar zur Verfügung, wie der Katastrophenhilfeausschuss bestätigte. Von der letzten extremen Trockenperiode In den Jahren 1997 und 1998 waren schätzungsweise eine Million Menschen - 20 Prozent der gesamten Bevölkerung - betroffen.

In Papua-Neuguinea drohen sich nun durch Wasser übertragene Krankheiten auszubreiten. "Viele kleine Flüsse sind ausgetrocknet, und an den größeren Strömen herrscht immer ein großer Andrang von Menschen. Die Wasserquellen sind stärker verschmutzt als früher. Dennoch trinken viele Leute das Wasser weiterhin unabgekocht und unbehandelt. Dadurch haben Magen-Darm-Erkrankungen zugenommen", sagte der Arzt Scott Dooley, der im Kudjip Nazarene Mission Hospital in Mount Hagen in der Westlichen Hochlandsprovinz arbeitet.

Etwa 40 Prozent der Einwohner von Papua-Neuguinea haben Zugang zu sicherem Trinkwasser. Laut der Weltgesundheitsorganisation ist Durchfall allerdings die Ursache von 13 Prozent der Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren.

In dem südlich des Äquators und nordwestlich der Fidschi-Inseln im südwestlichen Pazifik gelegenen Staat gehen zwischen November und März oder April in der Regel heftige Monsunregenfälle nieder. Mit jährlichen Niederschlagsmengen von durchschnittlich 3.142 Millimetern gilt Papua-Neuguinea als eines der nassesten Länder der Erde.


Gravierende Folgen von 'El Niño' auch für andere Pazifikstaaten

Die Trockenheit in den Monaten Mai bis Oktober kann sich durch 'El Niño' verschärfen. Das Klimaphänomen tritt auf, wenn ein Anstieg der Oberflächentemperatur des Meeres und Regenfälle im Ostpazifik zu einer strengen Dürre im Westen der Region führen. Diese Wetterlage ergibt sich etwa alle drei bis sieben Jahre. Auch Inselstaaten wie Fidschi, Tonga und die Salomonen leiden in diesem Jahr unter den Auswirkungen von 'El Niño'.

In dem in der nördlichen Provinz Madang gelegenen Küstendorf Siar ist Trinkwasser zurzeit knapp, und die etwa 6.700 Bewohner der Ortschaft Avaninofi im Östlichen Hochland haben nach Missernten bis Anfang nächsten Jahres nicht mehr genug zu essen. Die Frauen, die sich hauptsächlich um Anbau und Ernte kümmern, haben Mühe, auf anderen Wegen an Lebensmittel zu kommen. In Siar versuchen sie die Ernten dadurch zu steigern, dass sie Setzlinge während der Trockenzeit in Sumpfgebieten ansetzen und sie umpflanzen, bevor der Monsun beginnt.

"Der Boden ist sehr hart, und wir haben es nicht geschafft, die Felder mit Flusswasser zu bewässern. Jetzt können wir uns nur noch von Bananen ernähren", berichtet Lisa Ovifa aus Avaninofi. "Ich koche zwei bis drei Bananen für die Kinder, bevor sie zur Schule gehen. Nachmittags versuche ich etwas anderes zu kochen."

Der nächste Regen wird im Laufe des Novembers erwartet. "Die Gärten werden dann Zeit brauchen, um sich zu erholen. Ich weiß nicht, wie wir überleben sollen", sagt Ovifa. Maniok und Süßkartoffeln können erst nach drei Monaten, Taro nach fünf Monaten und afrikanischer Yams nach neun Monaten geerntet werden.

Luanne Losi von der nationalen Behörde für Klimawandel und Entwicklung rechnet damit, dass die Folgen von Wetterextremen für die Nahrungsproduktion durch die fortschreitenden Klimaveränderungen immer verheerender werden. Die Durchschnittstemperaturen in Papua-Neuguinea werden in den kommenden 80 Jahren schlimmstenfalls um bis zu 2,9 Grad Celsius steigen, wie das 'Pacific Climate Change Science Program' mitteilte.

Das UN-Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) geht davon aus, dass sich die Konsequenzen der Dürre bis zum ersten Quartal 2016 weiter verschärfen werden. In elf Pazifikstaaten sind demnach etwa 4,7 Millionen Menschen gefährdet. (Ende/IPS/ck/16.11.2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/11/one-third-of-papua-new-gineans-suffering-drought-crisis/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 16. November 2015
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. November 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang