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KLIMA/155: Karibik - Stürme und Klimawandel vernichten Strände, neues Umweltgesetz überfällig (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. März 2012

Karibik: Stürme und Klimawandel vernichten Strände - Neues Umweltgesetz überfällig

von Desmond Brown

Hotels und andere Gebäude stehen buchstäblich auf der Kippe - Bild: © Desmond Brown/IPS

Hotels und andere Gebäude stehen buchstäblich auf der Kippe
Bild: © Desmond Brown/IPS

The Valley, Anguilla, 22. März (IPS) - Als 'Luis', ein Hurrikan der Stärke Vier, am 4. September 1995 über die winzige Karibikinsel Anguilla hinwegfegte, spülten starke Wellen große Teile der Strände fort. Viele Küstengebiete waren danach mit totem Seegras und abgebrochenen Korallen übersät. Vier Jahre später hinterließ der Wirbelsturm 'Lenny' ebenfalls eine Schneise der Verwüstung. Die erodierten Küstenstreifen haben sich davon nicht mehr erholt.

Der Verlust der Küstengebiete sei mit Blick auf den Klimawandel, der auch Anguilla nicht verschone, ein besonders harter Schlag, meint Karim V. D. Hodge, Leiter der Umweltbehörde des britischen Überseegebiets. "Der Strand von Shoal Bay wurde in den vergangenen drei Jahren erheblich durch Grundströmungen geschädigt. Wir haben dadurch einen mehr als neun Meter breiten Sandstreifen verloren."

Gwens Reggae-Bar liegt inzwischen dicht am Wasser - Bild: © Desmond Brown/IPS

Gwens Reggae-Bar liegt inzwischen dicht am Wasser
Bild: © Desmond Brown/IPS

Hodge zeigt auf ein beliebtes Restaurant, das früher an einem breiten Strand lag. "Inzwischen schwappt das Wasser bis an die Schwelle, und die Kokospalmen fallen ins Wasser", meint er besorgt. Ein Schiffsanlegeplatz in der Cove-Bucht wurde bereits unterspült. Früher sei man über eine bis zwölf Meter breite Sanddüne zur Maunday-Bucht gekommen, erzählt Hodge. Dass es diese Düne nicht mehr gebe, zeige, wie sehr Stürme und Strömungen die Erosion vorangetrieben hätten.


Meer frisst Kapital

Der von der UN-Wissenschaftsorganisation UNESCO veröffentlichte Bericht 'Environment and Coastal Development in Coastal Regions and in Small Islands' kommt zu dem Schluss, dass die Strände in Anguilla und anderen Inseln des englischsprachigen Karibikraums eine wesentliche Bedeutung für den Wohlstand, den Umwelterhalt und das soziale Leben haben. Die Sandflächen schützen die Küstengebiete insbesondere in der Hurrikan-Saison vor der starken Brandung, bieten Touristen und Einheimischen Erholung. Für viele Tier- und Pflanzenarten sind die Strände ein wichtiger Lebensraum. Hier brüten Meeresschildkröten ihre Eier aus.

Die Insel Anguilla mit ihren knapp 15.000 Einwohnern versucht inzwischen mit konkreten Maßnahmen die Auswirkungen der Klimaveränderungen zu mildern. Im Zuge einer Reform der lokalen Umweltpolitik wurde nach inselweiten Konsultationen zwischen 2008 und 2010 ein neues Gesetz entworfen, das noch vom Kabinett angenommen werden muss. Fortbildungen im Bereich des Klimaschutzes wurden bereits angeboten.

"Wir haben uns auf den Kampf gegen den Klimawandel eingestellt und die notwendigen menschlichen Ressourcen geschaffen", erklärt Hodge. In der Umweltbehörde seien Mitarbeiter gezielt auf die neuen Herausforderungen vorbereitet worden. Nun suche man nach finanzieller Unterstützung, um Untersuchungen zum Klimawandel durchzuführen.

Hodge, der zu den Verfassern des Gesetzestextes gehört, wirft den Behörden vor, zu zögerlich auf die Gefahren reagiert und damit die Chancen geschmälert zu haben, finanzielle Mittel zur Anpassung an den Klimawandel zu akquirieren.

Dem Experten zufolge ist es wichtig, dass Anguilla über ein auf seine Bedürfnisse eigens zugeschnittenes Gesetz verfügt. Dass es noch nicht in Kraft ist, liege an Differenzen zwischen verschiedenen Behörden.


Mangelndes Umweltbewusstsein

Der Chef der Behörde für erneuerbare Energien, David Carty, wirft Anguillas Behörden vor, den Umweltschutz nie vehement genug betrieben zu haben. "Den meisten Menschen ist der Klimaschutz völlig egal", meint er. "Das Tückische am Klimawandel ist aber, dass wir ihn nicht rechtzeitig erkennen können. Deshalb müssen wir Warnsignale wie das Sterben der Korallenriffe ernst nehmen."

Auf Anguilla gibt es inzwischen eine neue Behörde, die für eine nachhaltige Entwicklung der Küstengebiete sorgen soll. Auch soll sie sicherstellen, dass Gebäude nur noch in größerem Abstand zum Wasser gebaut werden. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.unesco.org/csi/csiinf.htm
http://www.gov.ai/department.php?id=3&dept=21
http://www.anguillareo.org/
http://unfccc.int/2860.php
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=107066

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 22. März 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2012