Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

KLIMA/333: UN-Klimagipfel New York - Jetzt ist die Zeit zu handeln (DGVN)


DGVN Webseite - Den Klimawandel bekämpfen

Vereinte Nationen & int. Organisationen - 25.09.2014

DiCaprio: "Jetzt ist die Zeit zu handeln"

von Frank Kürschner-Pelkmann



"Völker der Erde: Heute sind wir nicht zusammengekommen um zu reden, sondern um Geschichte zu schreiben." Dies erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon zur Eröffnung des UN-Klimagipfels in New York am 23. September 2014.

Auf seine Einladung hin nahmen mehr als 120 Staats- und Regierungschefs an dem hochrangigsten internationalen Treffen zum Klimawandel seit der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 teil. Ziel des eintägigen Treffens war es, den Bemühungen für ein internationales Klimaabkommen mehr Auftrieb zu geben.

Der UN-Generalsekretär nannte in seiner Eröffnungsansprache den Klimawandel die größte Gefahr in der Geschichte der Menschheit: "Die menschlichen, ökonomischen und ökologischen Kosten des Klimawandels werden bald untragbar sein." Er fügte hinzu: "Der Klimawandel bedroht den so hart errungenen Frieden, unseren Wohlstand und die Chancen für Milliarden Menschen. Er ist die prägende Aufgabe unserer Zeit. Unsere Antwort wird die Zukunft entscheiden."

"Handeln Sie mit Mut und Aufrichtigkeit"

Auch der Vorsitzende des Weltklimarats IPCC [1], Rajendra Pachauri, forderte ein entschiedenes Handeln für den Klimaschutz: "Unsere Zeit zum Handeln läuft ab." Der Hinweis auf Finanzierungsengpässe sei keine überzeugende Ausrede: "Uns wird gesagt, dass der Kampf gegen den Klimawandel zu teuer sein wird. Das stimmt nicht. Warten Sie ab, bis Sie die Rechnung für ein Nichtstun sehen."

"Sie können Geschichte schreiben, oder von der Geschichte verteufelt werden", mahnte Leonardo DiCaprio, bekannter Schauspieler und neuer UN-Friedensbotschafter [2]. Er verband seine Aufforderung zum Handeln mit konkreten Forderungen nach einem Preis für CO2-Emissionen und der Streichung der Subventionen für Öl und Kohle. DiCaprio erklärte, seine Arbeit als Schauspieler bestehe darin, anderen Leuten etwas vorzumachen. "Ich schauspielere für meinen Lebensunterhalt, Sie nicht. Jetzt sind Sie dran. Jetzt ist die Zeit zu handeln. Wir bitten Sie, handeln Sie mit Mut und Aufrichtigkeit."

USA und China wollen mehr für den Klimaschutz tun - aber ausreichend viel?

"Kein Land hat in den letzten Jahren seine Kohlenstoffverschmutzung so sehr reduziert wie die Vereinigten Staaten", verkündete US-Präsident Barack Obama beim Klimagipfel. Das ist eine Behauptung, die keineswegs von allen geteilt wird, zumal danach die Ankündigung folgte: "Die USA werden ihr Ziel erreichen, 17 Prozent weniger Treibhausgase als 2005 auszustoßen." Dass Obama 2005 und nicht wie international üblich 1990 zum Ausgangspunkt der Berechnungen machte, hat den Effekt, die sehr bescheidenen US-Klimaziele "hochzurechnen", denn 2005 waren die Emissionen weit höher als 1990, und so muss nur wenig getan werden, um das Klimaziel von 17 Prozent zu erreichen.

Die Ankündigung eigener Klimaschutzinitiativen verband Präsident Obama mit einer Aufforderung an andere Länder: "Wir werden unseren Teil beitragen, aber das geht nur gemeinsam." Die USA beanspruchen in der Klimapolitik zusammen mit China eine Führungsrolle: "Wir, die USA und China, haben eine spezielle Verantwortung, zu führen. Das ist es, was große Staaten tun müssen."

China ist inzwischen vor den USA das Land mit den höchsten klimaschädlichen Emissionen. Der chinesische Vizepremier Zhang Gaoli nutzte die jedem Regierungsvertreter zustehenden vier Minuten Redezeit beim Gipfeltreffen, um hervorzuheben, dass China schon viel geleistet habe und sich verpflichte, noch mehr zu tun. Die chinesischen Klimaschutzziele für das für 2015 geplante internationale Klimaabkommen werde man "so schnell wie möglich" vorlegen.

EU kündigt mittelfristig höhere Klimaziele an

Für die Europäische Union machte Kommissionspräsident José Manuel Barroso in New York die Zusage, den Treibhausgasausstoß bis 2030 auf 40 Prozent unter den Stand von 1990 zu senken. Bisher hatte die EU nur ihr Klimaziel bis 2020 formuliert, 20 Prozent Reduktion, weil sich die Mitgliedsstaaten auf kein ambitionierteres Ziel einigen konnten. Außerdem will die EU in den nächsten sieben Jahren insgesamt drei Milliarden Euro an Entwicklungsländer zahlen, damit diese ihre Industrie nachhaltiger gestalten können. Barroso verband seine Ankündigungen mit dem Lob für die bisherigen Klimaschutzanstrengungen in der EU. Seit 1990 sind die klimaschädlichen Emissionen um 19 Prozent gesenkt worden, während gleichzeitig die Wirtschaft um 45 Prozent wuchs: "Wachstum und Klimaschutz gehen Hand in Hand."

Dass Bundeskanzlerin Merkel nicht zum Gipfeltreffen reiste, sondern sich von Umweltministerin Barbara Hendricks und Entwicklungsminister Gerd Müller vertreten ließ, hatte schon vorab für Kritik von politischer Opposition und Umweltverbänden in Deutschland ausgelöst. Vor Ort war eine Folge, dass die deutsche Umweltministerin erst spätabends nach allen Regierungschefs und Staatspräsidenten ihre Ansprache halten konnte.

Sie bekräftigte das Ziel, die deutschen Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent zu vermindern und in nächster Zeit bis zu 750 Millionen in den Grünen Klimafonds einzuzahlen. Deutschland strebt ein Klimaabkommen an, "das alle Staaten an feste Reduktionsverpflichtungen bindet". Ministerin Hendricks warb dafür, die globale Energieversorgung zu dekarbonisieren und kündigte an, in der klima- und entwicklungspolitischen Zusammenarbeit keine neuen Kohlekraftwerke mehr zu finanzieren.

Der Süden der Welt

Viele Staats- und Regierungschefs aus Entwicklungsländern erinnerten in New York daran, dass sie kaum zu den Ursachen des Klimawandels beigetragen haben, aber als Erste die Folgen globaler Klimaveränderungen zu spüren bekommen. Um mit steigendem Meeresspiegel und mehr Extremwetterereignissen fertig zu werden, benötigen sie dringend umfangreiche finanzielle und technische Unterstützung.

Große Betroffenheit löste die Ansprache von Kathy Jetnil-Kijiner von den Marshallinseln als Vertreterin der Zivilgesellschaft aus, die einen eindringlichen Appell zum Handeln und ein zorniges Gedicht vortrug.

Die Umweltschützerin, Lehrerin und Dichterin richtete ihr Gedicht an ihre sieben Monate alte Tochter und forderte leidenschaftlich dazu auf, sich verblendeten Bürokraten und geldgierigen Geschäftsleuten entgegenzustellen, die ihre pazifische Heimat dem Untergang weihten. Die in New York versammelten Politiker dankten der 26-jährigen Frau mit stehenden Ovationen für ihre mutigen Worte, auch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon war sichtlich berührt.

Viele neue Initiativen

Das konkrete Ergebnis des Gipfeltreffens waren zahlreiche Vereinbarungen von Regierungen, Unternehmen und Zivilgesellschaft für gemeinsame Klimainitiativen. So kündigte eine Koalition von institutionellen Investoren, Industrieunternehmen, Entwicklungsbanken und Finanzeinrichtungen an, Entwicklungs- und Schwellenländer dabei zu unterstützen, den Übergang zur Produktion energieeffizienter Produkte zu beschleunigen. Nach Angaben des UN-Umweltprogramms UNEP, das diese Initiative ins Leben gerufen hat, könnte der Übergang zu energiesparenden Kühlschränken, Klimaanlagen etc. zu einer Reduzierung des weltweiten Elektrizitätsverbrauchs um mehr als 10 Prozent führen, jährlich Kosteneinsparungen von 350 Milliarden Dollar ermöglichen und die CO2-Emissionen signifikant vermindern.

Eine weitere UNEP-Initiative, die in New York gestartet wurde, ist ein Bündnis führender institutioneller Finanzanleger, die 200 Milliarden Dollar für Vorhaben zur Reduzierung klimaschädlicher Emissionen aufbringen wollen. Dazu soll gezielt Kapital an Unternehmen fließen, die sich aktiv für den Klimaschutz engagieren und zur Reduzierung von Emissionen beitragen.

In einer "New York Declaration on Forests"[4] haben sich zahlreiche Staaten (darunter Deutschland), Unternehmen, indigene Gruppen und Organisationen der Zivilgesellschaft das Ziel gesetzt, die Zerstörung von Wäldern, vor allem tropischen Regenwäldern, bis 2030 zu stoppen. Bisher werden weltweit jährlich etwa 13 Millionen Hektar Wald vernichtet, was 20 Prozent der globalen CO2-Emissionen verursacht. Die beteiligten Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer wollen in den nächsten Jahren außerdem mehr als 350 Millionen Hektar Wald wieder aufforsten, eine Fläche größer als Indien.

Ein historischer Tag für den Klimaschutz

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sprach in seiner Schlussansprache in New York von einem "historischen Tag". Niemals zuvor hätten sich so viele politische Führer versammelt, um sich zu einem gemeinsamen Handeln gegen den Klimawandel zu verpflichten. "Wir müssen nun all die Zusagen und Initiativen verwirklichen und ausweiten, die heute eingebracht worden sind", betonte Ban Ki-moon. Er forderte die Politikerinnen und Politiker aus aller Welt auf: "Lassen Sie uns später einmal auf den heutigen Tag zurückblicken als auf den Tag, an dem wir als Familie der Menschheit unser Haus in Ordnung gebracht haben, um es lebenswert für zukünftige Generationen zu machen."

Weitere Informationen zum Gipfeltreffen finden Sie auf einer speziell für dieses Ereignis eingerichteten Website der Vereinten Nationen.[5]


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

  • Der Schauspieler Leonardo DiCaprio forderte beim UN-Klimagipfel von den Regierungen ein entschlossenes Handeln für den Klimaschutz. Foto: UN Photo/Cia Pak
  • US-Präsident Barack Obama forderte die Regierungen der Welt zu einem stärkeren Klimaengagement auf. Seine Ankündigungen für das US-Engagement waren allerdings bescheiden. Foto: UN Photo/Cia Pak
  • Zwei Tage vor dem UN-Klimagipfel demonstrieren am 21. September 2014 weltweit Hunderttausende für einen besseren Klimaschutz. Die Veranstalter sprachen von der "größten Klimademonstration aller Zeiten". Allein in New York gingen mehr als 310.000 Menschen auf die Straße. An dem rund drei Kilometer langer Demonstrationszug nahmen auch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon (rechts, mit blauer Kappe) und die Tier- und Umweltschützerin Jane Goodall (in der Mitte) teil. Foto: UN Photo/Mark Garten
  • Durch Anklicken des Bildes haben Sie die Möglichkeit, sich die beeindruckende Ansprache von Kathy Jetnil-Kijiner anzusehen.[6]


[1] http://www.ipcc.ch/
[2] http://www.un.org/climatechange/summit/2014/09/secretary-general-designates-leonardo-di-caprio-un-messenger-peace/
[3] http://www.unep.org/newscentre/
[4] http://www.un.org/climatechange/summit/wp-content/uploads/sites/2/2014/07/Climate-Summit-Action-Areas_Forests.pdf
[5] http://www.un.org/climatechange/summit/
[6] http://klimawandel-bekaempfen.dgvn.de/meldung/dicaprio-jetzt-ist-die-zeit-zu-handeln/

*

Quelle:
DGVN Webseite - Den Klimawandel bekämpfen
Vereinte Nationen & int. Organisationen - 25.09.2014
Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.
Zimmerstraße 26 / 27, 10969 Berlin
Telefon: (030) 25 93 75 - 0, Telefax: (030) 25 93 75 - 29
E-Mail: info@dgvn.de
Internet: http://www.klimawandel-bekaempfen.dgvn.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2014