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KLIMA/361: Zukunft des Kyoto-Protokolls ungewiss (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 5. Dezember 2014

Klima: Zukunft des Kyoto-Protokolls ungewiss - Afrikaner erbost Ratifizierungsunwilligkeit der Industriestaaten

von Wambi Michael


Bild: © Wambi Michael/IPS

Nagmeldin El Hassan, Vorsitzender der Afrika-Gruppe, in Lima
Bild: © Wambi Michael/IPS

Lima, 5. Dezember (IPS) - Auf der Klimakonferenz 2011 in Südafrika hatten afrikanische Staaten hart darum gekämpft, das Aus für das Kyoto-Protokoll auf afrikanischem Boden zu verhindern. Doch die Zukunft der Zusatzvereinbarung zur Klimarahmenkonvention (UNFCCC) ist ungewiss, weil die Industriestaaten die im Dezember 2012 in Doha beschlossene Verlängerung (Kyoto II) im Schneckentempo ratifizieren.

Auf der laufenden Klimakonferenz in Lima brachten die Afrikanische Gruppe und Unterhändler der weltärmsten Länder (LDCs) ihren Unmut über die schleichenden Fortschritte bei den Bemühungen zum Ausdruck, dem internationalen Abkommen zur Verringerung der Emissionen eine Rechtsgrundlage zu verschaffen.

"Wir geben zu bedenken, dass die langsame Ratifizierung von Kyoto II durch die Industriestaaten nicht vertrauensfördernd ist. Unserer Meinung nach verleugnen, verlassen und schwächen die Industrieländer das Kyoto-Abkommen", erklärte Nagmeldin El Hassan, der Vorsitzende der Afrikanischen Gruppe, bei der Eröffnung der Klimakonferenz in der peruanischen Hauptstadt.

Wie er weiter betonte, zwingt die fehlende Bereitschaft der Industriestaaten, die Doha-Verlängerung zügig zu ratifizieren, die LDCs zu einer verbindlichen Leistungsbereitschaft, während die rechtsverbindlichen Zugeständnisse der historischen Treibhausgasemittenten aufgeweicht würden. "Sollte das ein Spiel sein, das uns zugedacht ist, müssen wir deutlich machen, dass wir nicht mitspielen werden."

In Doha war vor zwei Jahren beschlossen worden, die Laufzeit des Kyoto-Protokolls, das von der Europäischen Union und deren 28 Mitgliedstaaten und anderen Industriestaaten ratifiziert worden war, vom 1. Januar 2013 bis Ende 2020 zu verlängern. Die UNFCCC, auf die sich das Kyoto-Protokoll bezieht, schreibt vor, dass Kyoto II von mindestens 144 Vertragsstaaten ratifiziert sein muss, um in Kraft treten zu können.


Ratifizierung in weiter Ferne

Doch bis Ende November 2014 hatten gerade einmal 20 Staaten die Abänderung des Kyoto-Protokolls zum zweiten Verpflichtungszeitraum ratifiziert. Wie El Hassan gegenüber IPS betonte, muss der Ratifizierungsprozess unbedingt beschleunigt werden. Es gelte in Lima klare Verpflichtungsregeln aufzustellen, damit Kyoto II auf der nächsten Klimakonferenz in Paris 2015 in Kraft treten kann.

Auch afrikanische Nichtregierungsorganisationen sind der Meinung, dass ihre Regierungen Druck machen sollten, damit die hart umkämpfte zweite Verpflichtungsphase für das Kyoto-Protokoll endlich in Kraft treten kann.

Mithika Mwenda, Generalsekretärin der Panafrikanischen Allianz für Klimagerechtigkeit (PACJA), einem Bündnis aus mehr als 30 in Afrika ansässigen NGOs, erklärte gegenüber IPS, dass die "Babyschritte" der Industriestaaten in Richtung Ratifizierung entmutigend seien.

"Afrikaner haben ihre Regierungen nach Lima geschickt, damit sie dort auf zügige und kreative Maßnahmen gegen die Klimakrise drängen, erläuterte Mwenda. "Doch die Reaktionen der Industriestaaten zeigen im Grunde, dass für sie kein Grund zur Eile besteht. Mit ihren diesjährigen Klimafinanzierungszusagen fallen sie hinter denen aus dem letzten Jahr zurück. Ebenso wenig haben sie ihre Abgasreduktionsziele erhöht noch Kyoto II ratifiziert."


Globale Interessen hintangestellt

Der Klimaaktivistin zufolge zögern die Industriestaaten die Ratifizierung bewusst hinaus. "Sie geben ihren eigenen nationalen Interessen den Vorrang - zu Lasten des gemeinsamen Wohls und multilateraler Optionen."

Anfang Dezember hatte die UNFCCC-Exekutivsekretärin Christiana Figueres erklärt, dass die Vertragsstaaten des Kyoto-Protokolls, sowohl die Industrie- als auch die Entwicklungsländer, dafür sorgen müssten, das Kyoto-Protokoll aus dem Zustand der Schwebe zu holen. "Ich wiederhole mich, wenn ich sage, dass Regierungen ihr Ratifizierungsverfahren beschleunigen müssen, damit der internationale Rechtsrahmen endlich Gültigkeit besitzt."

Die Afrikanische Gruppe drängt auf eine schnelle Ratifizierung der Doha-Änderung, weil dadurch die Anhang-I-Länder - Mitglieder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und einer Gruppe von Schwellenländern - dazu gezwungen sind, ihren Beitrag zu den globalen Bemühungen für eine Verringerung der Treibhausgase zu leisten.

Wie Ram Prasad Lamsal aus Nepal, der der Gruppe der LDC vorsitzt, unterstrich, ist die Ratifizierung deshalb so wichtig, weil das Kyoto-Protokoll als Eckpfeiler der im Rahmen der Klimarahmenkonvention multilateral vereinbarten Regeln dient und auch dem Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung verbunden ist.

Ein Vertreter der Europäischen Union, der sich Anonymität ausbat, brachte hingegen seine Verwunderung zum Ausdruck, dass die afrikanischen Länder und die LDC-Gruppe, die G77-Staaten und China von den Industriestaaten verlangten, was sie selbst nicht umsetzen würden.

Laut Paul Isabirye, dem Klimabeauftragten Ugandas beim UNFCCC, würden die afrikanischen Länder schnell nachziehen, übernähmen die Industriestaaten als Hauptverursacher die Führung im Kampf gegen den Klimawandel. "Doch selbst wenn alle afrikanischen Staaten Kyoto II ratifizieren würden, könnte es ohne unsere Kollegen [aus den reichen Staaten] nicht in Kraft treten. Das Problem besteht nicht darin, dass Afrika hinterher hinkt, sondern dass die großen Emittenten nicht voranschreiten." (Ende/IPS/kb/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/12/africa-laments-as-kyoto-protocol-hangs-in-limbo/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Dezember 2014