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LANDWIRTSCHAFT/042: Zivilgesellschaftliche Organisationen nehmen Einfluß auf EU-Agrarforschung (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 2/2013 Ziele(n) für nachhaltige Entwicklung - Wer hat noch Pfeile im Köcher?

EFARD - European Forum on Agricultural Research for Development
Zivilgesellschaftliche Organisationen engagieren sich in einer europäischen Plattform, um Einfluss auf die Agrarforschung zu nehmen

von Ann Waters-Bayer



Nur wenige NRO in Europa scheinen sich damit zu befassen, welche Richtung die Agrarforschung für den Süden und im Süden einschlägt. Das EFARD (European Forum on Agricultural Research for Development) bietet ein Forum, bei dem zivilgesellschaftliche Organisationen (civil society organisations - CSO) gemeinsame Initiativen ergreifen können, die Forschung für Kleinbauern nützlicher zu gestalten.


Das EFARD wurde 1997 als Multistakeholder-Plattform gegründet, mit der Intention, den Dialog in Europa voranzutreiben, um Partnerschaften im Bereich entwicklungsorientierte Agrarforschung für Entwicklung (agricultural research and development - ARD) im Süden zu fördern. Ziele sind Ernährungssicherheit, Armutsbekämpfung und eine nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen. Das EFARD ist eines von sechs regionalen Foren im Rahmen des Global Forum on Agricultural Research (GFAR). Gleichzeitig ist es das Forum mit der größten Vielfalt engagierter Stakeholder, mit Mitgliedern aus Forschungsinstituten, Universitäten, Geberländern, CSOs und dem Privatsektor. Es repräsentiert die europäische ARD-»Gemeinde« im Leitungskreis (Steering Committee - SC) des GFAR.

Im Jahr 1999 organisierte das EFARD in den Niederlanden eine Konferenz über ARD im Süden, die zur Vorbereitung der ersten GFAR-Konferenz diente, die im Jahr 2000 in Dresden stattfand. Das EFARD führte weitere Konferenzen durch: 2002 in Rom und 2005 in Zürich. Vor diesen Konferenzen versuchten einige Mitglieder zivilgesellschaftlicher Organisationen, andere CSOs in Europa zu mobilisieren, sich daran zu beteiligen und zu beratschlagen, wie CSOs gemeinsam Einfluss auf die ARD nehmen könnten.

Nach 2005 konnte das EFARD aufgrund fehlender finanzieller Mittel keine weiteren Konferenzen abhalten. Im Gegensatz zu den regionalen Foren im Süden gab es beim EFARD keine dauerhafte Finanzierung. Nur gelegentlich erhielt es Mittel von der Europäischen Kommission und Sachleistungen von Ländern, die Vertreter (zwangsläufig aus dem öffentlichen Sektor) zu den SC-Sitzungen schickten. Mehrere Länderforen, unter anderem auch das DFOR (Deutsches Forum für Agrarforschung), lösten sich auf, als es keine nationalen Fördermittel mehr gab.


Wiederbelebung des EFARD
Nach einer Evaluierung im Jahr 2007 überdachte das EFARD seine Rolle und beschloss, sich stärker auf den entwicklungspolitischen Kontext von Forschung zu konzentrieren. Es verwarf die Vorstellung, ein Spitzengremium für die nationalen Foren zu sein und legte den Schwerpunkt darauf, staatliche Stellen in Europa und NRO mit Partnern im Süden in Kontakt zu bringen. Die Mitgliedschaft im SC wurde erweitert und auf CSOs und den Privatsektor ausgedehnt. Das EFARD erlebte 2009 einen neuen Aufschwung als die Europäische Kommission Mittel für die PAEPARD (Platform for African-European Partnership in Agricultural Research for Development) bereitstellte, die vom FARA (Forum on Agricultural Research in Africa) und vom EFARD gemeinsam getragen wird. Diese Plattform zielt darauf ab, Partnerschaften zwischen ARD-Akteuren in Afrika und Europa zu vermitteln.

Das EFARD ist inzwischen ein informelles Netzwerk von Personen aus europäischen Ländern, die Geber und die Öffentlichkeit über vielversprechende Ansätze und institutionelle Neuerungen im ARD-Bereich in Bezug auf nachhaltige kleinbäuerliche Landwirtschaft informieren wollen. Die Mitglieder tragen ihre Kosten selbst. Der SC besteht aus 15 Mitgliedern aus verschiedenen Organisationen, die sich dafür engagieren, Mechanismen zu entwickeln, um eine Verbindung mit ihren Stakeholder-Gruppen herzustellen. Von 2011 bis 2013 hatte der Privatsektor (Gartenbaubereich) den Vorsitz. Seit Juni 2013 ist der Rektor des Wageningen University and Research Centre, Martin Kropff, neuer Vorsitzender. Jeder kann dem EFARD über das Offene Forum (www.efard.eu) beitreten, das eingerichtet wurde, um einen Dialog zwischen europäischen Stakeholdern im Bereich ARD zu ermöglichen.


CSOs im EFARD
Die zwei NRO-Mitglieder im SC kommen von der Organisation Action Contre La Faim aus Frankreich und von der Stichting ETC aus den Niederlanden. Es gibt kein direktes Mitglied aus einer Bauernorganisation (farmer organization, FO), allerdings nimmt AgriCord als »Agro-Agentur« - ein NRO-Netzwerk mit strukturellen Verbindungen zu FOs - an den Treffen des SC teil. Die Kommunikation mit anderen CSOs über ARD erfolgt vor allem über CSO-GARD (CSO Group on Agricultural Research for Development), eine Mailingliste, die nach der ersten Globalen Konferenz über Agrarforschung für Entwicklung (Global Conference on Agricultural Research for Development, GCARD) in Montpellier 2010 eingerichtet wurde. Derzeit sind 88 Personen aus europäischen CSOs in der globalen CSO-GARD-Mailingliste vertreten, unter anderem auch sieben aus Deutschland. Ansonsten gibt es keine CSO-»Gemeinde« in Europa, die sich mit ARD beschäftigt. Es wäre ideal, wenn CONCORD als europäisches Netzwerk für Katastrophen- und Entwicklungshilfe eine Arbeitsgruppe zu ARD einsetzen würde. Dies hat jedoch für die meisten CONCORD-Mitglieder keine hohe Priorität.

Die meisten europäischen NRO, die sich mit Ernährungssicherheit befassen, widmen dem Bereich ARD zur Verbesserung der Ernährungssicherheit wenig Aufmerksamkeit. Die meisten praxisorientierten NRO, die sich in der Forschung engagieren, arbeiten tendenziell als Akteure im Bereich Technologie-Transfer und stellen den Status quo nicht infrage. Politikorientierte NRO, die sich mit der künftigen Entwicklung im Bereich Forschung für die Landwirtschaft befassen, kritisieren die Machtstrukturen, die die Armen benachteiligen. Viele Wissenschaftler und politische Entscheidungsträger sehen diese NRO auf Konfrontationskurs. Diese NRO stehen mit breiteren sozialen Bewegungen in Verbindung, wie beispielsweise dem Civil Society Mechanism of the World Committee on Food Security (ein Mechanismus des Ausschusses für Welternährungssicherheit zur Beteiligung der Zivilgesellschaft), der inzwischen auch den Investitionen in ARD mehr Aufmerksamkeit schenkt.

Einige wenige NRO engagieren sich sowohl im Hinblick auf die Praxis als auch die Politik im Bereich ARD. Diese NRO aus Europa und dem Globalen Süden riefen im Rahmen des GFAR ein Multistakeholder Global Partnership Programme ins Leben: PROLINNOVA (PROmoting Local INNOVAtion in ecologically oriented agriculture and natural resource management), das bei der Stichting ETC angesiedelt ist, versucht, bei den Forschern ein Bewusstsein über die Kreativität von Kleinbauern zu schaffen und eine partizipative ARD zu institutionalisieren. PROLINNOVA-Partner versuchen, Verbindungen zur Forschung herzustellen, um von den Bauern initiierte Innovationsprozesse zu unterstützen. Sie stellen den konventionellen linearen Ansatz zur ARD infrage (www.prolinnova.net).

Die Umstrukturierung der CGIAR (Consultative Group on International Agricultural Research) hat zur Entwicklung von Forschungskonsortiums-Programmen (Consortium Research Programmes, CRPs) geführt, die Ergebnisse für die Entwicklung erarbeiten sollen, und angehalten sind, mit CSOs zusammenzuarbeiten. Insbesondere die systemorientierten CRPs wie beispielsweise Aquatic Agricultural Systems (aquatische landwirtschaftliche Systeme) untersuchen neue Ansätze für die landwirtschaftliche Forschung im Entwicklungsbereich (www.worldfishcenter.org/research-in-development). Dies eröffnet NRO im Süden und in Europa Chancen, sich im ARD-Bereich zu engagieren und eine endogene Entwicklung zu unterstützen. Dies soll bei den Treffen des CGIAR-Konsortiums mit Gebern und Stakeholdern Ende Juni 2013 in Montpellier weiterverfolgt werden.


Autorin Dr. Ann Waters-Bayer ist Vorsitzende von Agrecol e.V. mit Sitz in Göttingen und arbeitet für die ETC Foundation mit Sitz in Leusden, Niederlande.


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V.

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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 2/2013, S. 26-27
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
Marienstr. 19-20, 10117 Berlin
Telefon: 030/678 1775 93, Fax: 030/678 1775 80
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Internet: www.forumue.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. August 2013