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LATEINAMERIKA/078: Mexiko - Dörfer brauchen Hilfe beim Katastrophenschutz (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. September 2012

Mexiko: 'Die Hurrikans zerstören alles' - Dörfer brauchen Hilfe beim Katastrophenschutz

von Emilio Godoy



Mexiko-Stadt, 24. September (IPS) - Hurrikans machen der reichen Flora und Fauna in der kleinen Gemeinde La Ventanilla im Süden des mexikanischen Bundesstaates Oaxaca immer wieder zu schaffen. Doch die Bevölkerung will sich von den Naturgewalten nicht unterkriegen lassen. Sie setzt auf den Schutz der Mangroven.

"Wir haben hier eine reiche Artenvielfalt, aber die Hurrikans zerstören einfach alles", beklagt Atanasio Martínez, Mitglied der Kooperative Gesellschaft für Ökotourismus in La Ventanilla. Die Ortschaft im Bezirk San Pedro Pochutla besteht gerade einmal aus 100 Menschen, die sich mit dem Anbau von Mais, Sesam und Kürbissen und ein bisschen Ökotourismus über Wasser halten. Die Kooperative wurde 1997 gegründet, nachdem die Wirbelstürme Paulina und Rick die Gegend verwüstet hatten. Im Juni dieses Jahres zog der Hurrikan Carlotta über die Region.

"In ländlichen Gebieten sind die Lebensverhältnisse oft prekär. Den Menschen fehlt der Zugang zu sozialem, humanem, natürlichem, physischem und finanziellem Kapital", meint Sophie Ávila, Wissenschaftlerin am Institut für Wirtschaftsforschung der staatlichen Autonomen Universität von Mexiko. Insgesamt leben in den 19 Gemeinden des Bundesstaates Oaxaca knapp 200.000 Menschen.

Natürliches Kapital ist das, was die Felder an Erträgen abwerfen. Als physikalisches Kapital wären beispielsweise Infrastrukturen zu nennen. Mit finanziellem beziehungsweise sozialem Kapital sind Einkommen und Kreditmöglichkeiten respektive Vernetzung und gesellschaftliche Teilhabe gemeint. Humankapital werde durch formelle Bildung aufgebaut, erläutert die Forscherin.

Oaxaca ist ein beliebtes Untersuchungsgebiet für diese Art der Forschung, weil es hier einerseits ein großes Vorkommen natürlicher Ressourcen gibt, andererseits eine starke Zivilgesellschaft. Mexiko hat 112 Millionen Einwohner, die in 19 Millionen Haushalten leben - 39 Prozent von ihnen in den ländlichen Gebieten. Oaxaca, einer der ärmsten Bundesstaaten des Landes, zählt 3,8 Millionen Einwohner, die in 570 Gemeinden zu Hause sind.


Wenig Hilfe vom Staat

Am anderen Ende Mexikos, an der Karibikküste, ist die Situation ähnlich. Hier hat die Forscherin Denise Soares vom Mexikanischen Wasserinstitut IMTA vor einem Jahr mit einer Untersuchung im südlichen Bundesstaat Yucatán begonnen. "Die Menschen werden nicht beraten, wie sie sich gegen Hurrikans und Überschwemmungen schützen können. Es gibt kaum Unterstützer-Netzwerke, die Wirtschaft ist schwach, weil sie sich lediglich auf Fischerei und Gemüseanbau konzentriert", sagt Soares.

Die Wissenschaftlerin untersucht die Ortschaften San Felipe, Celestún, Ixil und Sisal an der Küste von Yucatán, wo 14.090 Menschen leben. San Felipe ist am weitesten fortgeschritten beim Schutz der natürlichen Ressourcen und bei der Prävention von Katastrophen. Die Gemeinde nutzt ein Frühwarnsystem. Außerdem hat sie die Mülltrennung eingeführt.

Dennoch steht es auch dort eher schlecht um die Umwelt: Soares zufolge sind die Mangroven vom Kahlschlag bedroht, immer mehr Fläche wird genutzt, um dort Vieh weiden zu lassen, und schließlich wird die Ausbeutung der Salzreserven vorangetrieben.

"Weil die Naturkatastrophen zunehmen und die Natur immer stärker ausgebeutet wird, haben sich die Lebensumstände insgesamt leicht verschlechtert", sagt Hilary Warburton gegenüber IPS. Die Britin ist Beraterin der Organisation 'Practical Action' mit Sitz in Großbritannien und Büros in Peru, Bolivien, Bangladesh, Nepal, Sri Lanka, Kenia, dem Sudan und Zimbabwe. Practical Action will der lokalen Bevölkerung helfen, ihre Anfälligkeit gegenüber Naturgewalten zu verringern sowie ihnen den Zugang zu Märkten, Infrastrukturen und neuen Technologien verschaffen.

In La Ventanilla arbeiten die Mitglieder der Kooperative daran, die Schäden, die Carlotta im Juni angerichtet hat, zu beseitigen. Doch viel Geld steht ihnen dafür nicht zur Verfügung. "Wir haben zwar Vieh von der Regierung bekommen, aber kaum Geld für Futter", berichtet Atanasio Martínez. Der Tourismus bringe nicht genug ein. "Besucher kommen nur von März bis August."


Wildtierschutz

Immerhin hat die Kooperative 1.383 Krokodile aufgezogen. Sie kümmert sich auch um den Erhalt der Oliv-Bastardschildkröten. Jedes Jahr entlässt sie 18.000 bis 25.000 von ihnen ins Meer. Darüber hinaus sorgt sie sich um den Fortbestand der Weißwedelhirsche.

Wichtig sei es nun, "das soziale Kapital mit Hilfe von Netzwerken zu stärken und die Produkte zu verbessern", so Soares. Außerdem müssten die Behörden ihre Politik zum Umgang mit Naturkatastrophen ändern. Nicht die Reaktion, sondern die Prävention müsse im Vordergrund stehen. (Ende/IPS/jt/2012)


Links:

http://www.facebook.com/pages/Sociedad-Cooperativa-Servicios- Ecoturisticos-de-la-Ventanilla/313946351115
http://practicalaction.org
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=101591

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 24. September 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. September 2012