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ÖKOSYSTEME/022: Bangladesch - Urbanisierung zerstört Dhakas Feuchtgebiete im Umland, Experten warnen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. Juni 2012

Bangladesch: Urbanisierung zerstört Dhakas Feuchtgebiete im Umland - Experten warnen

von Grit Porsch



Berlin, 20. Juni (IPS) - Im Umland von Dhaka fallen zunehmend lebenswichtige Feuchtgebiete einer planlosen Urbanisierung zum Opfer. Experten schlagen Alarm, denn in wenigen Jahren könnten die als Hochwasserschutz und Grundwasserfilter unentbehrlichen Flächen außerhalb der südasiatischen Megacity mit ihren knapp 13 Millionen Einwohnern verschwunden sein.

"Wir verlieren unsere Feuchtgebiete an das planlose Wachstum der Stadt und an skrupellose Landräuber", klagte Halima Begum von der Abteilung für städtische und regionale Planung der Jahangirnagar-Universität in Dhaka. Die Feuchtgebiete sind ein wesentlicher Bestandteil des Umweltschutzes. "Sie füllen unsere Grundwasservorräte auf und sorgen dafür, dass Regen und Hochwasser abfließen können", erklärte die Wissenschaftlerin.

Auch Mohammed Ataur Rahman, Direktor des 'Centre for Environmental Culture' (CGEC), betonte gegenüber dem UN-Informationsdienst IRIN: "Die Wetlands sind das Kanalsystem für unser Oberflächenwasser. Wenn sie verschwinden hat dies Überschwemmungen und Rückstau des Wassers zur Folge. Heutzutage sorgen in Dhaka ein paar Zentimeter Regen für Staunässe. Schwere Regenfluten können die gesamte Stadt unter Wasser setzen."

Bangladeschs weiterhin rasant wachsende Hauptstadt Dhaka liegt nur sechs Meter über dem Meeresspiegel in den so genannten Sundarbans, dem riesigen Deltasystem von Ganges, Brahmaputra und deren Nebenflüssen und ist alljährlich von tropischen Monsunregen und schweren Überschwemmungen betroffen.

Die Entwicklung der Infrastruktur hinkt der Urbanisierung hinterher, und das Bevölkerungswachstum ist zu einer erheblichen Belastung für die Umwelt geworden.

Eine neue vom 'Bangladesh Centre for Advanced Studies' (BCAS), einer unabhängigen Denkfabrik, veröffentlichte Studie über die Entwicklung Dhakas zwischen 1960 und 2008 bestätigt die Warnungen der Experten. Sie stellt fest, dass in diesem Zeitraum rund 52 Prozent der Niederungen und 33 Prozent der Wasserläufe im Umland von Dhaka durch Urbanisierung verloren gegangen sind. Allein in den sechs Jahren zwischen 2005 und 2011 verringerten sich die Feuchtgebiete im Umland von 5,85 auf 3,95 Quadratkilometer. Aus ihnen wurden neue Industriegebiete, Wohn- und Geschäftsviertel, heißt es in dem BCAS-Bericht.


Regierung kontrolliert die eigenen Vorschriften nicht

Aktivisten werfen der Regierung vor, sie setze ihre eigenen Vorschriften gegen die inzwischen zur üblichen Praxis gewordene illegale Besiedlung von Feuchtgebieten nicht nachdrücklich genug durch.

Das dabei typische Vorgehen ist ganz einfach. Irgendjemand schlägt Bambuspfähle in den Grund eines Kanals. Auf ihnen entstehen dann Hütten und Läden, und das neue Siedlungsgelände wird durch Aufschüttungen rasch erweitert.

Nach Angaben der städtischen Wasserbehörde pumpen rund 87 Prozent der Bevölkerung von Dhaka Grundwasser über tiefe Bohrlöcher an die Oberfläche. Die übrigen werden mit aufbereitetem Oberflächenwasser versorgt.

Die BCAS-Studie verweist auch auf die klimatischen Auswirkungen, die das Verschwinden der Feuchtgebiete für Dhaka zur Folge hat. Danach liegt die Durchschnittstemperatur im Stadtgebiet um zwei Grad Celsius höher als in der Umgebung und macht aus der Stadtmitte eine Hitzeinsel. Für die nächsten 50 Jahre wird mit einem weiteren Temperaturanstieg von 1,5 bis zwei Grad Celsius gerechnet.

Auf eine weitere Gefahr der besiedelten Wetlands verweist CGEC-Direktor Rahman. "Funktionierende Feuchtgebiete sammeln das Wasser und füllen die unterirdischen Wasserspeicher auf. Wenn dies nicht mehr geschieht, bilden sich unter der Stadt Hohlräume, die einstürzen und Erdbeben auslösen können", warnte er.

"Die oberste Schicht des Aquifers ist bereits ausgetrocknet. Jetzt graben wir uns zur nächsten Schicht durch. Wenn bei einem Erdbeben die oberste Bodenschicht einstürzt, kann die ganze Stadt mitgerissen werden", sagte Rahman. (Ende/IPS/mp/2012)


Links:

http://www.bcas.net
http://www.iubat.edu/centers/CGEC.html
http://www.strategicforesight.com/
http://www.irinnews.org/printreport.aspx?reportid=95671

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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Juni 2012