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RESSOURCEN/061: Kohle zerstört Australiens Zukunft (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. März 2015

Umwelt: Kohle zerstört Australiens Zukunft

von Suganthi Singarayar


Sydney, 12. März (IPS) - Acht Monate vor Beginn der nächsten UN-Klimakonferenz (COP 21) in Paris drängen Bürger und zivilgesellschaftliche Gruppen die Regierungen dazu, ihren Verpflichtungen zur Reduktion der nationalen Treibhausgasemissionen nachzukommen, um den gefährlich voranschreitenden Klimawandel zu verlangsamen.

Doch trotz der Sorge, dass ein Anstieg der Temperaturen um mehr als zwei Grad Celsius katastrophale Folgen für die Menschheit haben wird, pumpen die für die Erderwärmung hauptverantwortlichen Staaten Millionen US-Dollar in klimafeindliche Industrien. Australien, Kanada und die USA sind jeweils für einen jährlichen Pro-Kopf-CO2-Ausstoß von mehr als 20 Tonnen verantwortlich. Die Pro-Kopf-und-Jahr-Emissionen Chinas sind hingegen nur halb so hoch.

Das Festhalten am Kohlebergbau und an Kohle als Energieträger hat die australische Gesellschaft gespalten. Während Politiker die Kohleindustrie als wirksame Waffe zur Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit anpreisen, setzen sich Wissenschaftler und besorgte Bürger entschlossen für umweltfreundlichere Alternativen ein. Die gesundheitlichen Risiken durch den Abbau und die Verwendung von Kohle stoßen ebenso auf Kritik wie die Kosten, die schmutzige Energien der Volkswirtschaft verursachen.

Global betrachtet haben die Produktion und die Nutzung von Kohle als Energieträger einen Anteil von 44 Prozent an den jährlichen CO2-Emissionen, wie das Zentrum für Klima- und Energielösungen, eine US-Denkfabrik, berichtet. Die Tatsache, dass Kohle in Australien weiterhin als Exportware und Energiequelle wichtig ist, erklärt die zögerlichen Fortschritte des Landes bei der Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) berichtete im vergangenen Jahr, dass der CO2-Ausstoß Australiens 2010 mit 25 Tonnen pro Kopf höher war als in jedem anderen Mitgliedsstaat der Organisation.


Hohe Kollateralschäden

In diesem Jahr veröffentlichte Studien belegen, dass die fünf Kohlekraftwerke im australischen Hunter Valley in New South Wales, etwa 120 Kilometer nördlich von Sydney, dem staatlichen Gesundheitswesen jährlich Kosten von 600 Millionen australischen Dollar (umgerechnet 456 Millionen US-Dollar) verursachen.

Aus einem im Februar 2015 verbreiteten Bericht der australischen Klima- und Gesundheitsallianz CAHA geht hervor, dass "sich die geschätzten Kosten der Gesundheitsschäden, die mit Kohleverbrennung in Zusammenhang gebracht werden, landesweit auf 2,6 Milliarden australische Dollar (1,9 Milliarden US-Dollar) belaufen".

Die Vorsitzende des Bündnisses aus 28 Organisationen zum Schutz der menschlichen Gesundheit, Fiona Armstrong, kritisiert die starke Abhängigkeit Australiens von fossilen Brennstoffen. Die Hunter-Region, die aus einem der größten Flusstäler an der Küste von New South Wales besteht, gehört zu den Gebieten Australiens mit den größten Bergbauaktivitäten. "Zwei Drittel der CO2-Emissionen werden dort produziert", so Armstrong.

In dem Tal wurden im Jahr 2013 etwa 145 Millionen Tonnen Kohle gefördert. Davon ausgehend, dass pro Tonne geförderter Kohle 2,4 Tonnen Kohlendioxid anfallen, haben Experten berechnet, dass die 2013 im Hunter-Tal produzierte Kohle für CO2-Emissionen im Umfang von 348 Millionen Tonnen gesorgt haben.

Laut der für Bodenschätze zuständigen Behörde in New South Wales sind in der Hunter-Region mehr als 11.000 Personen in Vollzeit beschäftigt. Die Gehälter belaufen sich auf insgesamt 1,5 Milliarden australische Dollar. Der lokalen Wirtschaft fließen durch Ausgaben für Waren und Dienstleistungen rund 4,4 Milliarden australische Dollar zu.


Landwirtschaft und Viehzucht bedroht

Doch diese Entwicklung hat einen hohen Preis. Weinanbau, Pferdezucht und Landwirtschaft leiden unter dem extensiven Kohlebergbau. John Lamb, Vorsitzender der Bulga-Milbrodale-Vereinigung für Fortschritt, die gegen die Ausweitung der Minenaktivitäten angeht, sieht die Bewohner der Region als machtlos gegen das uferlose Wachstum der Industrie. Die Vereinigung hatte bereits die Ausweitung der Mount-Thorley-Warkworth-Kohlenmine gekämpft, die von dem Bergbaugiganten 'Rio Tinto' betrieben wird.

'Yancoal', Eigentümer der Ashton-Mine 14 Kilometer nordwestlich der Stadt Singleton, besitzt 87 Prozent aller Wohnhäuser in dem Gebiet. Wendy Bowman, eine der letzten Bewohnerinnen des Dorfes Camberwell, die seit 1957 in dem Tal eine Farm betreibt, ist zutiefst besorgt über das Ausmaß der Kohleförderung.

Bowman will nicht wegziehen, musste aber bereits einen Bauernhof aufgeben, nachdem die 'Ravensworth'-Mine für große Mengen Staub gesorgt und das Wasser verschmutzt hatte. In einem Video auf der CAHA-Website erzählt sie, dass sie unter Staublunge leide, was in ihrem Fall bedeutet, dass ihre Lungen nur noch zu 80 Prozent funktionieren. Noch größere Sorgen macht sie sich um die Gesundheit ihrer Kinder.

Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO werden beim Kohleabbau und bei der Kohleverbrennung zur Stromerzeugung große Mengen an Schwefelsäure und Stickstoffoxid freigesetzt, die zur Bildung von Feinstaub in der Luft führen. Solche Schadstoffe erhöhen die Risiken für chronische Lungen- und Atemwegerkrankungen. Kinder und schwangere Frauen sind besonders gefährdet. (Ende/IPS/ck/2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/03/coal-burning-up-australias-future/

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IPS-Tagesdienst vom 12. März 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2015

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