Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

SOZIALES/008: Uganda - Holzsammler ohne Arbeit - Palmölindustrie bedroht Lebensgrundlagen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. Dezember 2011

Uganda: Holzsammler ohne Arbeit - Palmölindustrie bedroht Lebensgrundlagen

von Andrew Green

Holzfäller auf der Insel Bugala - Bild: © Will Boase/IPS

Holzfäller auf der Insel Bugala
Bild: © Will Boase/IPS

Ssese-Inseln, Uganda, 9. Dezember (IPS) - Aus der Ferne betrachtet ist die Insel Bugala im Victoriasee ein grün-brauner Flickenteppich. Immer mehr Naturwald muss kommerziell genutzten Palmenplantagen weichen, die die Lebensgrundlagen der Bewohner der Region bedrohen.

Auf der größten der ugandischen Ssese-Inseln wird seit einigen Jahren in großem Umfang Palmöl produziert - für Unternehmer eine lukrative Einkommensquelle, die jedoch zu Lasten der tropischen Wälder geht. Der einst so üppige Baumbestand hat sich bereits deutlich gelichtet.

Fünf Jahre nach Abschluss der ersten Projektphase sind die Auswirkungen des neuen Industriezweiges unübersehbar. Zwar haben einige Inselbewohner auf den Plantagen Arbeit gefunden, doch die allerärmsten sind hingegen leer ausgegangen. Vor allem die Frauen und Witwen von Fischern hat der kontinuierliche Waldschwund um ihre Einkommensquelle gebracht.

Sarah Namwanje lebte früher vom Verkauf von Holz und Holzkohle. Inzwischen weiß die 28-jährige Mutter von sieben Kindern nicht mehr, womit sie Geld verdienen soll. "Wir suchen zwar weiter nach Feuerholz, doch es gibt keins mehr", sagt sie.


Industrie ließ Inselbewohner im Unklaren

Bevor die Palmölproduktion auf Bugala begann, hatten Umweltschützer die Regierung vor den möglichen Negativfolgen gewarnt. Doch letztlich setzte sich der ugandische Branchenführer 'Bidco' mit der Zusicherung durch, die negativen Auswirkungen des Projekts gering zu halten, sich die ökologische Unbedenklichkeit des Vorhabens durch die Nationale Umweltbehörde (NEMA) bescheinigen zu lassen und Arbeitsplätze zu schaffen.

Die Ärmsten der Armen waren sich nicht bewusst, dass die Ölpalmplantagen ihre Existenzgrundlage und Gesundheit gefährden könnten. Unter den Betroffenen sind auch Frauen, deren Männer an AIDS gestorben sind oder beim Fischen ums Leben kamen. Andere müssen sich größtenteils allein durchschlagen, bis die Fischer von ihren Touren zwischen den 84 Inseln des Archipels mit den dringend benötigten Einnahmen zurückkehren.

Vielen bleibe nur noch die Prostitution, erklärte die Gesundheitsarbeiterin Mary Nampomwa. Vor dem Boom der Palmölindustrie konnten sich viele der auf sich allein gestellten Frauen mit dem Sammeln von Feuerholz ein Zubrot verdienen. Sie hatten relativ freien Zugang zu den Staatswäldern oder Bäumen auf weitgehend ungenutzten Privatgrundstücken, wie Richard Kimbowa von der Ugandischen Koalition für nachhaltige Entwicklung (UCSD) erklärte.

Die Aussicht auf gute Erlöse veranlasste zahlreiche Landbesitzer, ihre Parzellen an die Palmölproduzenten zu verkaufen oder selbst ins Geschäft einzusteigen. Der Boom der Palmölindustrie habe arme Frauen ausgegrenzt, kritisierte Kimbowa.

Namwanje versucht indes so viele Menschen wie möglich dazu zu überreden, Bäume zu pflanzen, die Brennholz hergeben. In nächster Zeit sind jedoch keine großen Veränderungen zu erwarten. Manche Frauen verdienen sich inzwischen durch das Trocknen von Fisch ein bescheidenes Einkommen.

Edisa Katusime, die sechs Kinder hat, ärgert sich darüber, dass die Behörden das Fällen von Bäumen jahrelang mit der Begründung verboten hatten, der Wald sichere das Überleben der Tiere auf der Insel. Doch kaum sei Bidco erschienen, spiele der Umweltschutz keine Rolle mehr.


Gefahr für Nahrungssicherheit

Kimbowa zufolge hat die Palmölindustrie die Flächen für den Nahrungsmittelanbau reduziert. Die Ernährungssicherheit der Inselbewohner sei somit bedroht, sagte er. Der dichte Wald war außerdem ein Schutzschild gegen die heftigen Winde, die manchmal über die Insel fegen. "Der Wind hört sich inzwischen so an, als könne er die Häuser zum Einsturz bringen", meinte Katusime. Der Staub, der durch die Böen aufgewirbelt wird, bringt die Kinder zum Husten, und insbesondere Asthmatiker haben gravierende Gesundheitsprobleme.

UCSD warnt zudem vor der Gefahr der Bodenerosion und einer Verunreinigung des Victoriasees durch die Agrochemikalien, die auf den Ölpalmplantagen verwendet werden. Dem Versprechen von Bidco, sich an die Auflagen der Umweltbehörde zu halten, will niemand mehr so recht glauben. Trotz der neuen Jobs in der Palmölindustrie leben die meisten Menschen auf Bugala nach wie vom Fischfang. Sollten die Fischbestände schrumpfen, wäre eine weitere wichtige Einnahmequelle zerstört. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.ugandacoalition.or.ug/
http://www.nemaug.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=106124

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 9. Dezember 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Dezember 2011