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SOZIALES/045: Naturschutz mit der Hilfe der Religion - Ein Bündnis, das funktioniert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 18. März 2014

Umwelt: Naturschutz mit der Hilfe der Religion - Ein Bündnis, das funktioniert

von Bradnee Chambers (*)



Bonn, 18. März (IPS) - Angeblich gibt es Themen, die sich mit Religion nicht vertragen. Doch fest steht: Dieser Allgemeinplatz gilt gewiss nicht für den Umweltschutz. Überall auf der Welt lässt sich beobachten, wie sich Grünaktivisten mit Glaubensgruppen verbünden, um Umweltschutzprogramme voranzubringen oder aber um ihre Anhänger mit ökologischen Prinzipien vertraut zu machen.

Auf dem tibetischen Hochplateau, wo einige der letzten Schneeleoparden umherstreifen, schicken buddhistische Mönche regelmäßig Patrouillen aus, die verhindern sollen, dass die Großkatzen in die Fänge von Wilderern geraten. Was Naturschützer und Buddhisten verbindet, sind Liebe, Respekt und Mitgefühl, die sie allen Lebewesen entgegenbringen, wie George Schaller von der Umweltgruppe 'Panthera' sagt. Die 3.000 bis 4.000 vom Aussterben bedrohten Schneeleoparden können jede Hilfe gebrauchen.

In Indonesien, dem bevölkerungsreichsten muslimischen Land der Welt, arbeiten islamische Kleriker mit dem WWF zusammen und haben zum Schutz gefährdeter Tierarten eine Fatwa ausgegeben. Dieses islamische Rechtsgutachten, das ein Zuwiderhandeln verbietet, könnte eine wichtige Rolle beim Schutz von Tierarten wie dem Asiatischen Elefanten spielen, der wegen seines Elfenbeins gejagt wird. Auch Meeressäuger wie Seekühe, Delphine und Wale könnten profitieren.


"Gut auf die Schöpfung aufpassen"

Papst Franziskus, der sich nach dem Heiligen Franz von Assisi nennt, dem Schutzpatron der Tiere und der Umwelt, hat sich zu verschiedenen Anlässen klar zu Fragen des Klimawandels und Umweltschutzes positioniert. So soll er dem ecuadorianischen Präsidenten (Rafael Correa) den Rat gegeben haben, "gut auf die Schöpfung aufzupassen. Schon der Heilige Franz wollte das. Menschen mögen zwar bisweilen vergeben, die Natur tut dies jedoch nie. Wenn wir die Umwelt nicht schützen können, gibt es für uns keinen Ausweg."

Manche Umweltverbände argumentieren, dass noch viel mehr getan werden kann, zumal es Verbindungen zwischen dem Elfenbeinhandel und religiösen Artefakten wie Kreuzen und Rosenkränzen gibt. Die südafrikanische Shembe-Kirche, offiziell eine Baptistengruppe, die aber auf Zulu-Bräuche zurückgreift, hat kürzlich beschlossen, ihre Leoparden- und anderen Tierhäute, die Wohlstand und Ansehen symbolisieren, gegen Kunstfelle einzutauschen.

Umweltorganisationen erkennen zunehmend die Vorteile, die sich aus der Zusammenarbeit mit verschiedenen Glaubensrichtungen zum Schutz der gefährdeten Arten ergeben. Die meisten großen Religionen werben für ein Leben im Einklang mit der Natur.

Der christlichen Lehre zufolge sind die Menschen Verwalter der göttlichen Schöpfung und moralisch dazu verpflichtet, die Natur zu schützen. Hindus wiederum glauben, dass das Göttliche überall und der Mensch Teil der Natur ist. Muslime finden in ihren Glauben viele Elemente im Sinne des Umweltschutzes. Da mehr als 80 Prozent der Weltbevölkerung der einen oder anderen Religion folgen, sind die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, beträchtlich.

1995 hatte Prinz Philip, der Herzog von Edinburgh, in Anerkennung der gemeinsamen Ziele, die Religion und Naturschutz verbinden, die ARC, die Allianz der Religionen und des Umweltschutzes gegründet. Die Organisation mit Sitz in Großbritannien arbeitet mit Glaubensgruppen an der Entwicklung von Umweltprogrammen, die auf ihren eigenen Lehren, Glaubensgrundsätzen und Praktiken aufbauen. Die US-Organisation 'GreenFaith' agiert ähnlich. Sie setzt sich für soziale und ökologische Gerechtigkeit ein.

Das Bündnis zwischen Religion und Umweltschutz kommt zur rechten Zeit, denn die Gefahr für die wildlebenden Arten dieser Welt war nie größer als jetzt. Das Übereinkommen für den Schutz der wandernden Arten ist eines der wenigen vorhandenen globalen Abkommen zum Schutz wildlebender Arten. Allerdings sieht es sich in einer zunehmend schwierigen Lage, seinem Auftrag mit Blick auf die Tierikonen gerecht zu werden.

Großkatzen, Delfine, Wale, Haie, Gorillas, Elefanten, Fledermäuse, Raubvögel und sogar die Monarchfalter, die seit Tausenden von Jahren die Erde bevölkern, sind direkt durch Wilderei, illegalen Handel, Überfischung, Beifänge und den Verlust ihrer Habitate bedroht. Hinzu kommen die indirekten Gefahren, die sich aus dem Klimawandel ergeben und Einfluss auf ihre Fortpflanzungs- und Ernährungsmuster nehmen.

Angesichts dieser Bedrohungen, die in der Geschichte der Menschheit bisher ihresgleichen suchen, beschreiten Umweltschützer gerne neue Wege, um die Spezies zu schützen. Warum also nicht die Religion in den Kampf einbinden? Wildlife-Organisationen haben die daraus resultierenden Chancen bereits erkannt. Religion stellt für wildlebende Arten keine Gefahr dar, sondern könnte zu einer wichtigen Verbündeten im Kampf zum Schutz wildlebender Arten werden, gerade weil sie unsere Grundwerte verändern und beeinflussen kann.

Eine häufig gestellte Frage lautet: Warum sollten wir unsere wildlebenden Arten schützen? Entwicklung kann Leben verbessern, warum also darauf verzichten, nur weil einige Spezies draufgehen könnten? Mann könnte all die unterschiedlichen Argumente für das Überleben der Arten aufzählen - angefangen von ihrem wirtschaftlichen Wert über ihre Bedeutung für die nächsten Generationen bis hin zu ihrer Schönheit. Somit sind sie Teil unserer Kultur und damit unserer Überzeugungen und unserer eigenen Identität. Von daher sollte niemand mehr fragen, warum wir sie schützen sollten. (Ende/IPS/kb/2014)


(*) Bradnee Chambers ist Exekutivsekretär des Übereinkommens zur Erhaltung wandernder wild lebender Tierarten des UN-Umweltprogramms. Seiner Meinung nach ist der Schutz der wildlebenden Arten ein Ziel, dessen sich auch die Religionen annehmen sollten.


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/03/religion-conservation-mix/

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IPS-Tagesdienst vom 18. März 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. März 2014