Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

WALD/093: Regenwaldprojekte 2012 - Sie kämpfen um jeden Baum (Regenwald Report)


Regenwald Report Nr. 1/12 - www.regenwald.org

Regenwaldprojekte 2012: Sie kämpfen um jeden Baum

von Christiane Zander


Unsere Partner leben in den kostbarsten Regionen der Erde - und sie riskieren viel, um den Naturreichtum ihrer Heimat zu schützen. Für sich, für ihre Kinder und auch für uns. Wir müssen und wollen die Regenwaldkämpfer dabei unterstützen, die Abholzer aufzuhalten. Und zeigen Ihnen eine Auswahl von Projekten, die Hilfe brauchen.


*


Indonesien

Schutz für die Bergregenwälder

Die Menschen im Saal waren fassungslos, als Andika Ndika ihnen offenbarte, dass der australische Bergbaukonzern Victory West Molybdenum Ltd. fünf Konzessionen besitzt - mitten im geschützten Land ihrer Gemeinden. Die indigenen Völker der Laudje und Dondo leben in einem vielfältigen Bergregenwald, der sie seit Jahrhunderten mit Wasser und allem, was sie brauchen, versorgt. Als die Ureinwohner von den Plänen erfahren, sind sie entschlossen, gegen die Chromminen zu kämpfen.

Andika ist der Kampagnen-Chef unserer Partnerorganisation Jatam in Zentral-Sulawesi. Wie wichtig die Arbeit seiner Aktivisten ist, haben wir 2011 erlebt: Allein in dieser Provinz besitzen Minengesellschaften mehr als 250 Konzessionen. Wenn die Menschen in ihren abgelegenen Bergdörfern merken, dass ihr Wald zerstört wird, haben die Probebohrungen oft schon begonnen. Deshalb versuchen die Aktivisten, möglichst an allen Brennpunkten gleichzeitig zu sein - bevor es brennt. Aufklärung und Auflehnung können Bagger aufhalten - das haben sie oft erlebt. "Wenn alle verstehen, was passiert, und wenn sie wissen, dass das Recht auf ihrer Seite ist - dann können wir die Menschen hundertfach mobilisieren", sagt Andika. Für ihre Kampagne wollen wir Jatam mit 1.000 Euro im Monat unterstützen.

Auch die Palmölkonzerne nutzen die Weltabgeschiedenheit der Ureinwohner aus. Menschen, die nicht lesen können und kein Radio besitzen, sind ahnungslos, wenn die Konzerne anrücken, um ihren Regenwald in Plantagen zu verwandeln. Die versprechen Jobs, Schulen, Gesundheitsstationen. Deshalb sind unsere Partner von Walhi Kalbar in Westkalimantan auf Borneo zum Beispiel mit einer Roadshow unterwegs: Ihr Video zeigt den Waldbewohnern, dass sie nichts mehr haben, wenn der Wald erst gerodet ist. Und dass Versprechungen gelogen sind. Ihre Aufklärungs-Kampagne ist so erfolgreich, dass wir sie auch 2012 unterstützen wollen.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Schon die Probebohrungen erfordern schweres Gerät


*


Sumatra/Indonesien

Der Elefantenwald soll sicher sein

Der Beschluss steht fest: die Einwohner von Sepintun wollen ihren Urwald zum Schutzgebiet erklären. Damit er künftig sicher ist vor den Motorsägen der Holzfäller. Ein geschützter Lebensraum für Elefanten und Tiger, für die jahrhundertealten Meranti-Bäume. Und auch für sie selbst, Ureinwohner der Suku Anak Dalam. Seit Generationen nutzen sie die Pflanzen des Waldes, der ihnen nach traditionellem Recht gehört, und den sie bis heute bewahren konnten - Primärwald, wie es ihn in Indonesien kaum noch gibt.

"Dass in unserem Wald Elefanten leben, haben wir nicht gewusst", erzählt Ujok, als wir im Juni 2011 sein Dorf besuchen. "Bis eine Herde zum Dorfrand kam und unsere Felder und Hütten zertrampelte. Sie waren vor den Motorsägen der Holzfäller geflohen." Erst da haben die Bewohner von Sepintun erfahren, dass die staatliche Holzfirma ALN eine Konzession für 10.000 Hektar Regenwald besitzt. Und der 2.500 Hektar große Wald von Sepintun liegt mittendrin.

Der Dorfrat alarmierte Feri Irawan, unseren Partner auf Sumatra. Sie reisten nach Jakarta und informierten den Forstminister über die illegalen Rodungen. Zugleich zeigten auch wir im Juni das Verbrechen bei der Forstpolizei an. Seit Dezember 2011 wird nicht mehr gerodet. Diesen Erfolg wollen die Bewohner von Sepintun jetzt nutzen für einen außergewöhnlichen Plan: Ihr Dorfwald soll Schutzgebiet sein für Menschen und Tiere - von ihnen selbst betreut.

Ein ehrgeiziges Projekt. Denn alle, die in dieser Region leben und das Sagen haben, müssen einbezogen werden.

"Wir wollen in Sepintun ein Planungsbüro einrichten, wo alle Fäden zusammenlaufen", so Feri Irawan. "Wir müssen die Landrechte klären, brauchen Workshops für die Schulung der Bevölkerung, Rechtsberatung, Medien-Kampagnen, politische Überzeugungsarbeit in Jakarta. Und wir wollen mit Setzlingen wieder aufforsten. Auch ein geländetaugliches Fahrzeug wird dringend gebraucht."

Die Karten wurden grob erstellt, denn die Zeit drängt. Unsere Partner müssen verhindern, dass das Forstministerium die Abholzgenehmigung wieder aufnimmt, dehalb reisen sie sofort nach Jakarta. Das Schutzwald-Projekt wird etwa ein Jahr in Anspruch nehmen und mehrere Zehntausend Euro kosten. Das Geld ist gut angelegt - für einen Primärwald, in dem Sumatra-Elefanten und Tiger überleben können.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Dieser Urwaldriese wächst seit Jahrhunderten in einem intakten Primärwald - die Bewohner von Sepintun werden ihn schützen


*


Intag/Ecuador

Keine Kupfermine im Bergregenwald!

Wieder einmal läutet unsere Partnerorganisation DECOIN die Alarmglocken. Am 27. Januar hat die chilenische Kupferfirma Codelco in der Gemeinde El Paraiso unter Militärschutz mit Probebohrungen begonnen. Illegal - und gegen die traditionellen Rechte der Bevölkerung. Sollte die Mine in Betrieb gehen, wären die artenreichen Bergregenwälder des Intag im Nordwesten Ecuadors und die Lebensgrundlage der Bewohner erneut in Gefahr.

Seit 20 Jahren versuchen internationale Minengesellschaften, die Bodenschätze dieser Region auszubeuten. Oft lassen sie die Bevölkerung durch Paramilitärs einschüchtern. Doch durch ihren Mut, Zusammenhalt und Ausdauer ist es den Menschen immer wieder gelungen, dies zu verhindern - auch mit Unterstützung von Rettet den Regenwald. So konnten die Intag-Bewohner nicht nur ihren Wald schützen, sondern sich dort auch neue Einkommensquellen erschließen wie Ökotourismus und Öko-Kaffeeanbau.

Gegen die Bergbauaktivitäten starten DECOIN und die Gemeinden jetzt eine große Aufklärungskampagne mit Radiosendungen, Workshops zur Vernetzung, Rechtsberatung und Klageschriften. Dafür bitten sie um Unterstützung.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Im Intag leben viele bedrohte Tierarten wie Brillenbären, Fischotter und Puma


*


Palawan/Philippinen

Allianz gegen Palmölplantagen

Palawan Island gehört zu den artenreichsten Lebensräumen der Philippinen. Um sie zu bewahren, hat die Unesco die Inselgruppe 1990 zum Biosphären-Reservat erklärt. Dennoch treiben Landes- und Provinzregierung den Abbau von Nickel und Chrom massiv voran. Rettet den Regenwald unterstützt das lokale Netzwerk ALDAW seit knapp zwei Jahren bei seiner internationalen Kampagne gegen den Bergbau.

Jetzt schickt uns ALDAW einen neuen Hilferuf: Die Palmölplantagen für Agrosprit fressen sich weiter in die Wälder und in das Land der indigenen Bevölkerung hinein. So verlieren immer mehr Menschen ihre Lebensquelle; Böden und Gewässer werden verseucht.

Um die Katastrophe aufzuhalten, sammeln die ALDAW-Aktivisten Daten über die Ausbreitung der Plantagen, informieren, vernetzen und beraten die Bevölkerung, organisieren Demos und Radiosendungen. Videos und Beweise werden im Internet verbreitet, um über die Weltgemeinschaft Druck auf die philippinische Regierung auszuüben. Dafür braucht ALDAW unsere Unterstützung.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Die Familien leben mit dem Regenwald


http://www.regenwald.org/regenwaldreport/2012/348/regenwaldprojekte-2012-sie-kampfen-um-jeden-baum


Regenwald Report Ausgabe 1/2012 als PDF Download unter
http://www.regenwald.org/regenwaldreport/download/68/2012/rdr-report-112


*


Quelle:
Regenwald Report Nr. 1/12 - www.regenwald.org, Seite 8-11
Herausgeber: Reinhard Behrend (v.i.S.d.P.)
Redaktion: Andrea Hülsmeyer, Guadalupe Rodriguez,
Klaus Schenk, David Vollrath, Christiane Zander
Rettet den Regenwald e.V. / Rainforest Rescue
Jupiterweg 15, 22391 Hamburg
Telefon: 040 / 410 38 04, Fax: 040 / 450 01 44
E-Mail: info@regenwald.org
Internet: www.regenwald.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. März 2012