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WALD/172: Mindestens 40.000 Baumarten in den Tropenwäldern (idw)


Max-Planck-Institut für Chemie - 04.06.2015

Mindestens 40.000 Baumarten in den Tropenwäldern

Studie überrascht mit neuen Zahlen: Wälder der indopazifischen Region sind genauso reich an Baumarten wie die Tropen Amerikas


In einem Großprojekt haben Forscher aus 43 Ländern die Zahl der tropischen und subtropischen Baumarten ermittelt. Aufgrund von Kartierungen und Hochrechnungen schätzen sie, dass es weltweit 40.000 bis 53.000 Baumarten gibt.

An der nun veröffentlichten Studie war auch Florian Wittmann vom Max-Planck-Institut für Chemie beteiligt. Wittmann, der seit Jahren in Manaus in Brasilien forscht, sagt: "Allein in den Überschwemmungswäldern im Amazonasgebiet haben wir über 800 Baumarten bestimmen können. Viele von ihnen sind extrem selten und daher auch stark gefährdet."


Flussufer mit dichtem Baum- und Strauchbewuchs - Foto: © Michael Welling, Max-Planck-Institut für Chemie

Flussufer im brasilianischen Regenwald sind geprägt von vielen Baumarten. Einer neuen Studie zufolge sind die Wälder des Indopazifiks genauso reich an Baumarten sind wie die Tropen Amerikas.
Foto: © Michael Welling, Max-Planck-Institut für Chemie

Der Baumexperte ist jedoch besonders vom Artenreichtum der indopazifischen Region überrascht. Denn im Gegensatz zu bisherigen Annahmen stellten die Wissenschaftler nun fest, dass die indopazifische Region mit 19.000 bis 25.000 Arten ebenso artenreich ist wie die mittel- und südamerikanischen Wälder. In früheren Untersuchungen hatte Florian Wittmann mit einigen Kollegen bereits herausgefunden, dass allein im Amazonasgebiet etwa 16.000 Baumarten wachsen.

Die Tropen Afrikas verfügen der aktuellen Erhebung zufolge mit 5.000 ermittelten Baumarten hingegen nur über eine vergleichsweise geringe Diversität. Weltweit kommt die neue Studie auf eine Zahl von insgesamt 40.000 bis 53.000 tropischen Baumarten. Sehr wenige Arten kommen gleichzeitig in Afrika, Amerika und dem indopazifischen Raum vor. Im Vergleich dazu gibt es in Mitteleuropa gerade einmal 124 verschiedenen Baumarten.

Für ihre Studie haben die Forscher an insgesamt 207 Standorten von Mexiko über Afrika bis hin nach Australien bestimmt, welche Arten und wie viele Bäume dort wachsen. Da die Standorte einerseits typisch für Vegetation eines größeren Gebiets sind, andererseits aber unterschiedlich groß waren, musste das internationale Team die Zählungen an den verschiedenen Standorten normieren. Hierzu legten die Forscher ein Flächenraster mit der Größe eines Grads geografischer Länge und Breite über die Kontinente und rechneten die Standortzahlen auf die normierte Fläche hoch. Anschließend multiplizierten sie diesen Wert mit einem spezifischen Faktor, den so genannten Fisher‹s Alpha Faktor. Mit diesem Faktor lässt sich aus der Artendichte, die für eine normierte Fläche bestimmt wurde, die Zahl der Baumarten in einem Gebiet wie etwa den südamerikanischen Tropenwäldern ermitteln.

Obwohl diese Hochrechnungen immer noch einen Unsicherheitsfaktor aufweisen, sind es weltweit die ersten verlässlichen Zahlen für die Baumarten der Tropen. Bisherige Schätzungen basierten zumeist auf Pflanzensammlungen in Herbarien. Diese Abschätzungen sind ungenauer, da oftmals in einigen Regionen zu viel, in anderen hingegen zu wenig gesammelt wurde.

Sie wollen die Zahl der Baumarten in den Tropenwäldern der Erde möglichst genau kennen, weil die Artenvielfalt ein bedeutender ökologischer Faktor ist. "Bäume sind für intakte Ökosysteme extrem wichtig, da viele Tier- und Pflanzenarten von ihnen abhängig sind", sagt der Max-Planck-Forscher. "Zahlreiche Insektenarten leben beispielsweise auf nur einer einzigen Baumart." Florian Wittman vermutet zudem, dass aus zahlreichen der noch unbekannten Baumarten in Zukunft pharmakologisch interessante Stoffe gewonnen werden können. Er schätzt, dass die Ergebnisse dieser Studie in den nächsten Jahren als Grundlage für weitere Schutzprogramme von Nutzen sein könnten.

Originalveröffentlichung:
An estimate of the number of tropical tree species, J. W. Ferry Slik et al., Proceedings of the National Academy of Sciences, 2015, doi: 10.1073/pnas.1423147112.

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder unter:
http://idw-online.de/de/news632305
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution274

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Max-Planck-Institut für Chemie, Dr. Susanne Benner, 04.06.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juni 2015

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