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WIRTSCHAFT/069: Klimawandel - Weitermachen wie bisher für manche Unternehmen inakzeptabel (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. Mai 2015

Klimawandel: Weitermachen wie bisher für manche Unternehmen inakzeptabel

von A.D. McKenzie



Bild: © A.D. McKenzie/IPS

Protest gegen den 'Business-&-Climate'-Gipfel
am 20. Mai in Paris
Bild: © A.D. McKenzie/IPS

PARIS (IPS) - Wenn es um den Klimawandel geht, ist Handeln angesagt. Diese Meinung vertrat Eldar Saetre, Geschäftsführer des norwegischen Multis 'Statoil', auf dem 'Business & Climate-Gipfel' in Paris. Führende Vertreter internationaler Industrieunternehmen hatten sich in der französischen Hauptstadt getroffen, in der in einem halben Jahr der nächste Weltklimagipfel (COP21) eröffnet wird.

Unter dem Motto 'Zusammenarbeiten, um eine bessere Wirtschaft aufzubauen' diskutierten in Paris etwa 2.000 Manager der weltgrößten Einzelhandels- und Energiekonzerne. Darunter waren Firmen, die von unabhängigen Organisationen als die schlimmsten Umweltsünder gebrandmarkt werden. Zum Abschluss des Treffens am 21. Mai befürworteten die Teilnehmer die Verabschiedung eines globalen Klimaabkommens, das das Ziel verfolgt, die Nettoemissionen "auf null" zu bringen.

Unternehmen müssten sich verändern, nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern auch, um ihr eigenes Überleben zu sichern, war auf der Pariser Konferenz häufig zu hören. Maßnahmen gegen den Klimawandel seien aus unternehmerischer Sicht sinnvoll, doch ließen entsprechende Lösungen zu lange auf sich warten, erklärten Vertreter der Vereinigung 'Entreprises Pour l'Environnement' (Unternehmen für die Umwelt) mit etwa 40 Mitgliedern und der französischen Sektion des 'Global Compact' der Vereinten Nationen, die die Veranstaltung ausgerichtet hatten. Sie kündigten an, die Führungsrolle beim "globalen Übergang zu einer kohlenstoffarmen, klimaresistenten Wirtschaft" zu übernehmen.

Wie Saetre erläuterte, strebt sein Unternehmen eine kohlenstoffarme Öl- und Gasproduktion an. So wende man sich bereits den erneuerbaren Energien in Form von Offshore-Windkraft zu. Doch zunächst seien fossile Brennstoffe neben den unterschiedlichen alternativen Energieträgern unverzichtbar.

Bezugnehmend auf die verbreitete Skepsis, was die Ernsthaftigkeit der Konzerne angeht, ihre CO2-Emissionen zu verringern, forderten die Firmenchefs die Unterstützung von Regierungen und Verbrauchern.

Mike Barry, Leiter der Abteilung für nachhaltige Unternehmensführung bei der Kaufhauskette 'Marks & Spencer' erklärte gegenüber IPS, dass ein globales Engagement notwendig sei, um den Industriesektor zu umweltfreundlicheren Firmenmaßnahmen zu bewegen. "Kollektives Handeln kann wirkliche Veränderungen mit sich bringen", sagte er. "Wir glauben, dass der Klimawandel real ist und signifikante Auswirkungen auf unsere künftigen Geschäfte haben wird."


"Schulter an Schulter mit den Regierungen"

Marks & Spencer und andere Unternehmen, die im Netzwerk 'Consumer Goods Forum' organisiert seien, wollten "Schulter an Schulter mit den Regierungen" zusammenstehen und ihre Hilfe anbieten, so Barry.

Doch erweisen sich die Bemühungen der Staatengemeinschaft, einen Konsens im Kampf gegen den Klimawandel herzustellen, als schwierig. So räumte der französische Staatschef François Hollande bei der Eröffnung der Unternehmerkonferenz ein, dass eine Einigung auf dem Weltklimagipfel an ein Wunder grenzen würde. "Wir brauchen einen Konsens, doch ist es schon nicht einfach, ihn auf nationaler Ebene zu erreichen. In Anbetracht von 196 Staaten müsste ein Wunder geschehen."

Hollande und andere Regierungsvertreter halten die Einbeziehung von Unternehmen in die Planungen für essentiell. Frankreich dürfte mit seinen großen Erdöl- und Energieunternehmen diesbezüglich eine wichtige Rolle spielen.

Demonstranten, die sich außerhalb des Tagungsortes, dem Sitz der UN-Kultur- und Wissenschaftsorganisation UNESCO, versammelt hatten, erhoben jedoch massive Kritik gegen die Großindustrie. "Diese Multis und die Banken, die sie finanzieren, sind direkte Verursacher des Klimawandels", heißt es in einer Erklärung mehrerer Organisationen, darunter 'Les Amis de la Terre' und 'J.E.D.I for Climate'.

Es sei widersinnig, Produzenten fossiler Brennstoffe an den Beratungen zu beteiligen, weil dadurch der Bock zum Gärtner gemacht werde, erklärten die Aktivisten. "Kann sich irgendjemand etwa nur eine Sekunde lang vorstellen, dass sich die Tabakindustrie an Strategien gegen das Rauchen beteiligt, die auf die Einstellung der Zigarettenproduktion abzielen?"

Wollten Hollande und seine Minister die Ernsthaftigkeit ihres Engagements für die Umwelt unter Beweis stellen, sollten sie klarstellen, dass "Klima kein Geschäft ist". In einer gemeinsamen Erklärung der Gruppen war zu lesen, dass "der Kampf gegen den Klimawandel nicht Aufgabe der Erdölmultis ist. Die nämlich gehören zu unserer Vergangenheit."

Christiana Figueres, Exekutivsekretärin der UN-Klimarahmenkonvention, warnte auf dem Treffen in Paris vor einer Dämonisierung der Unternehmen. "Wir alle hinterlassen einen CO2-Fußabdruck", erklärte sie. "Hier geht es aber nicht um Konfrontation, sondern um Zusammenarbeit."


Kleine Inselstaaten machen Druck auf Klimasünder

Auf der Veranstaltung wurde auch die Anfälligkeit von Inselstaaten für die Folgen der Klimaveränderungen angesprochen. Tony Brown, Außenminister der Marshall-Inseln, erklärte, dass es im ureigenen Interesse der Inselstaaten im Pazifik und in anderen Regionen liege, weiterhin Druck auf die Verursacher von CO2-Emissionen auszuüben. Schließlich stehe das Überleben der Einwohner dieser Länder auf dem Spiel.

Angel Gurría, Generalsekretär der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), meinte dazu, dass sich für die gefährdeten Staaten nicht die Frage stelle, wie die Umwelt für kommende Generationen zu erhalten sei, sondern wie lange es noch dauere, bis sie im Meer versänken. Die CO2-Emissionen müssten noch stärker begrenzt werden als bisher verlangt, forderte er. Bis zur zweiten Hälfte des Jahrhunderts müssten die Länder weltweit den Weg zu einem Null-Emissions-Ziel eingeschlagen haben. (Ende/IPS/ck/21.05.2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/05/climate-change-some-companies-reject-business-as-usual/

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IPS-Tagesdienst vom 21. Mai 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Mai 2015

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