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WASSER/076: Indonesien - Ausbeutung von Wasserressourcen bedroht Reisanbau in der Region Sukabumi (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Mai 2012

Indonesien: Reisanbaugebiet soll Jakarta Wasser liefern - Gravierende Folgen für die Bauern

von Kafil Yamin


Freiwillige säubern den Cisadane-Fluss - Bild: © Kafil Yamin/IPS

Freiwillige säubern den Cisadane-Fluss
Bild: © Kafil Yamin/IPS

Sukabumi, Indonesien, 22. Mai (IPS) - Der Wasserbedarf der indonesischen Hauptstadt Jakartas wird aller Voraussicht nach von derzeit 18.000 auf 26.000 Liter pro Sekunde 2015 steigen. Durch die zusätzliche Ausbeutung der Wasserressourcen der ländlichen Hügelregion Sukabumi sollen Versorgungsengpässe verhindert werden. Doch der geplante Bau einer 54 Kilometer langen Mautstraße, über die Unternehmen zu den Gewässern vordringen wollen, bedroht den Reisanbau in Sukabumi.

Die Stadtverwaltung von Jakarta will die Hauptstadt zu einem Schaufenster für ihre Bemühungen zur Umsetzung der UN-Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) machen. Die MDGs sehen unter anderem den verbesserten Zugang der Menschen zu sauberem Trinkwasser und Sanitärversorgung bis 2015 vor.

Um das Wasserproblem zu lösen, setzt die indonesische Regierung auf öffentlich-private Partnerschaften (PPP). Versorgungsunternehmen wie 'PT PAM Jaya', das in Jakarta einen 44-prozentigen Anstieg der Wassernachfrage bis 2015 vorhersagt, fordern bereits eine Lockerung der Vorschriften für Wasserprojekte.

Zwischen den Wasserunternehmen, die Jakarta von Sukabumi aus beliefern wollen, und den Bewohnern der Region bahnt sich jedoch ein Konflikt an. Während die Firmen in erster Linie daran denken, den Durst der rund zehn Millionen Hauptstadtbewohner zu stillen, gerät die Landwirtschaft in Sukabumi ins Hintertreffen. Wegen des Projekts müsste dort der Reisanbau auf einer Fläche von etwa 2.700 Quadratkilometern aufgegeben werden. Damit wäre die Zukunft der Region mit rund 2,7 Millionen Einwohnern gefährdet.

Sukabumi liegt auf einer Höhe von 600 Metern über dem Meeresspiegel. Die Temperaturen sind bisher mit durchschnittlich 25 Grad Celsius gemäßigt. Bereits die niederländischen Kolonialherren siedelten dort einst wichtige Institutionen an. Heute ist Sukabumi vor allem bei naturliebenden Touristen beliebt, die auf den Flüssen Rafting-Touren unternehmen und wildlebende Tiere beobachten.


Temperaturanstieg bedroht Vegetation

Resit Rozer, der Leiter des 'Chikananga Animal Rescue Centre' in Sukabumi, warnt bereits davor, dass das Verkehrsaufkommen auf der geplanten Autostraße die Temperaturen auf 36 bis 38 Grad Celsius erhöhen könnten. Dies werde negative Folgen für die Vegetation haben.

Die Landwirtschaft sichert seit Jahrhunderten vor allen den Frauen in der Region ein Auskommen. Sie sind verantwortlich für 80 Prozent des Reisanbaus und verkaufen auf Märkten Obst und Gemüse.

Ijay, ein Bewohner der Region, berichtet, dass es in seinem Dorf inzwischen nicht nur wärmer geworden ist, sondern auch die Umweltverschmutzung zugenommen hat. In den Küstengebieten von Sukabumi klagen Fischzüchter darüber, dass ihre Fische wegen des zunehmenden Zuflusses von Meereswasser in die Zuchtbecken eingingen.

Wie der Weltklimarat (IPCC) in seinem vierten Bericht feststellt, können eine Verzögerung der Regenzeit in Indonesien und ein Temperaturanstieg von mehr als 2,5 Grad zu einem deutlichen Rückgang der Reiserträge führen. Den Fischern wiederum drohen durch den erwarteten Anstieg des Meeresspiegels Fangeinbußen. "Für Indonesien, das 240 Millionen Einwohner, etwa 80.000 Kilometer Küste und 17.000 Inseln hat, sind die Folgen des Anstiegs des Meeresspiegels höchst besorgniserregend", heißt es in dem UN-Bericht.

Resit geht davon aus, dass eine weitere Temperaturerhöhung in Sukabumi die auf dem Agrarsektor basierende Wirtschaft sicherlich zerstören wird. Unternehmen, die nur darauf warteten, die Rohstoffe der Region abzubauen, hätten dann freie Bahn.

Die Tatsache, dass die Mautstraße ausgerechnet von dem Gaskonzern 'Bakrie' geplant wird, sorgt in Sukabumi für Beunruhigung. Durch Bohrungen des Unternehmens in Sidoarjo im Osten Javas wurde eine Schlammlawine ausgelöst, die im vergangenen Jahr Tausende Bauernfamilien obdach- und arbeitslos machte.

'Bakrie' stellt sich unterdessen in der Öffentlichkeit als umweltbewusst dar. "Wir halten uns immer an unser grünes Konzept", sagt Harya Mitra Hidayat, der das Straßenprojekt leitet. Harya betont zugleich, dass das Unternehmen eine Geschäftsinfrastruktur schaffe, die einen Mehrwert habe.


Quellen in Naturpark angezapft

Die Wassergewinnung in Sukabumi ist inzwischen in vollem Gang. Beteiligt ist auch der staatliche Versorger PDAM, der auch in dem angrenzenden Gunung-Halimum-Salak-Nationalpark in großem Stil tätig ist. "PDAM versorgt bereits zwei Städte, Sukabumi und Bogor, deren Bevölkerung ständig wächst", sagt Agus Mulyana, einer der Leiter der Freiwilligengruppe 'Indonesian Young Foresters' (RMI).

RMI motiviert Jugendliche dazu, sich an Flussbefestigungsaktionen wie dem Anpflanzen schnellwachsender Hartholzbaumarten zu beteiligen. "Solche Initiativen sprechen die Unternehmen aber nicht an", meint der RMI-Aktivist Ila Mardhatillah, der sich in der Kampagne 'Unsere Flüsse, unser Leben' engagiert. Daran sind auch Myanmar, Thailand, die Philippinen, Kambodscha und Laos beteiligt.

Mindestens 200 Firmen, von denen die meisten nicht registriert sind, zapfen in dem mehr als 100.000 Hektar großen Nationalpark in Sukabumi Wasser. Das Gebiet, in dem Gold- und Galenitvorkommen lagern, ist auch ein großer Holzlieferant.

Da es privaten Firmen aufgrund neuer Regelungen gestattet ist, Wasserressourcen auszubeuten, hat sich der Zustand des Naturparks erheblich verschlechtert. Davon ist auch das Umland betroffen, in dem sich Jakarta befindet.

Laut RMI hat sich die Strömungsgeschwindigkeit des Cisadane-Flusses in den vergangenen 15 Jahren bereits von 70 Kubikmetern auf 35 Kubikmeter pro Sekunde halbiert. Mehrere Fisch- und Schalentierarten kommen inzwischen nur noch selten vor oder sind ganz verschwunden. "Die Ernährung der Familien hat darunter stark gelitten", sagt Ratna Sari aus dem Dorf Wates Jaya.

"Die Großunternehmen dringen aber mit Unterstützung der Regierung in die Gebiete vor, um die lokalen Wasserressourcen auszubeuten, die Mineralien abzubauen und am Tourismus zu verdienen", kritisiert Nani Saptistani, die ebenfalls der Freiwilligenvereinigung angehört.

Auch wirft sie der Regierung vor, Bauern zur Aussaat von Hybridreis zu drängen. Ziel sei es, die Produktion bis 2014 so weit anzukurbeln, dass ein Überschuss von zehn Millionen Tonnen entsteht. Die neuen Saaten sind zwar tatsächlich ertragreicher, müssen aber von den Farmern gekauft werden. Außerdem sind für den Anbau größere Mengen an Dünger und Pestiziden notwendig, die die Gewässer und Böden in Sukabumi vergiften. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.un-kampagne.de/index.php?id=90
http://www.cikanangawildlifecenter.com/id/?page_id=12
http://www.ipcc.ch/
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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 22. Mai 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Mai 2012